"Was würde Novak tun?"

Russischer Turnierfavorit trollt das australische Tennis-Publikum gekonnt

Tertius Pickard
Daniil Medwedew.
deutsche presse agentur

Diese Pointe hat gesessen wie ein Ass beim Aufschlag. Der russische Turnierfavorit Daniil Medwedew hat nach seinem erfolgreichen Tennis-Krimi und Halbfinal-Einzug bei den Australian Open das Publikum in Melbourne gefoppt. Dazu muss man in diesen nicht ganz normalen Zeiten einfach nur den Namen des Mannes nennen, der nicht mehr in Australien sein darf. Genau, Novak Djokovic.

Medwedew denkt in den schwersten Tennis-Momenten an Djokovic

Aber der Reihe nach. Daniil Medwedew, seines Zeichens die Nummer zwei der Tennis-Welt, hat in einer Nervenschlacht das drohende Aus bei den Australian Open abgewendet und das Halbfinale erreicht. Der Russe drehte beim 6:7 (4:7), 3:6, 7:6 (7:2), 7:5, 6:4-Sieg gegen den furios aufspielenden Kanadier Felix Auger-Aliassime eine schon fast verloren geglaubte Partie, wehrte auch noch einen Matchball ab und kämpfte sich mit viel Einsatz ins Halbfinale.

Dann der große Auftritt inklusive Weltklasse-Stichelei. "Ich weiß nicht, wie ich es noch geschafft habe, und wusste nicht richtig, was ich machen sollte. Ich habe mich dann gefragt, was Novak jetzt tun würde", sagte der 25-Jährige nach dem 4:42 Stunden langen Tennis-Epos in Anspielung auf Novak Djokovic. Die Folge: Raunen und Erstaunen bei den anwesenden Zuschauern. Auch vereinzelt Pfiffe und Missfallen. Medwedew konnte sich ein Lachen nicht verkneifen.

Der Weltranglistenerste musste nach dem historisch spektakulären Visum-Zoff das Land verlassen, kann daher nicht mehr am Grand-Slam-Turnier teilnehmen. Djokovic funktioniert also als Reizwort. Das hätten vor wenigen Wochen wohl auch die wenigsten Sportfans gedacht.

Djokovic on tour, Medwedew gegen Tsitsipas

Der Serbe genießt unterdessen in seiner Heimat wieder das Leben. Nach ein paar Tagen Erholung in seiner Luxus-Bude in Belgrad ging er fröhlich auf Tour durchs Land, wie Fotos und Videos belegen. Unter anderem besuchte er ein Kloster, ein Restaurant und schließlich eine Geburtstagsfeier der Tennishoffnung Olga Danilovic. Was stutzig macht: Der "Djoker" war allein unterwegs, zumindest ohne seine Ehefrau Jelena.

Medwedew hingegen ist nach dem frühen Djokovic-K.o. durch den australischen Einwanderungsminister Alex Hawke der neue Turnierfavorit. Er spielt nun wie im Vorjahr gegen den Griechen Stefanos Tsitsipas um den Finaleinzug. Wenn er seinen „Was würde Novak tun“-Ansatz weiter erfolgreich durchzieht, winkt am Sonntag der Grand-Slam-Sieg. Zumindest Djokovic gewann an dieser Stelle vor einem Jahr das Prestige-Turnier. (msc)