Nach Skandal um Video von Manuel NeuerAus Versehen rechts: Nutzen Sie diese „Nazi-Ausdrücke“ im Alltag?
Eine Frage beschäftigt gerade viele: Weiß Manuel Neuer, was er in diesem Video singt? Ein Urlaubsvideo des Bayern-Kapitäns kursiert im Netz: Manuel Neuer gröhlt im Grüppchen ein Lied der umstrittenen Band "Thompson" und eckt damit an. Denn der Gruppe wird eine Verherrlichung des kroatischen Faschismus vorgeworfen.
Auch wenn Manuel Neuer nicht wissen sollte, was er da trällert, ist das Video ein echter Skandal. Aber kann Ihnen vielleicht auch etwas Ähnliches passieren? Denn selbst in unserer alltäglichen Sprache kann man schnell ins vermeintliche Nazi-Fettnäpfchen treten.
„Jedem das Seine“
Haben Sie den Spruch „Jedem das Seine“ schon mal benutzt? Sicherlich haben Sie damit gar nichts Böses gemeint – und wollten vermutlich sogar im Gegenteil ausdrücken, dass jeder Mensch so leben oder lieben sollte, wie er es möchte. Der Ausdruck ist jedoch eindeutig negativ behaftet, da er über dem Tor des KZ Buchenwald prangte.
Während einige Begriffe klar einer Nazi-Gesinnung zuzuordnen sind (wie z. B. „Lügenpresse“ oder „Mischvolk“), ist es bei anderen gar nicht mal so deutlich. Viele Wörter gab es schon vor der Zeit des Nationalsozialismus, doch kann man sie heute noch (oder wieder) ohne Bedenken nutzen?
"Eintopf", "Mädels" und "entrümpeln" haben wir zurückerobert
Am Wochenende Sekt trinken mit den Mädels? Das ist in unserem alltäglichen Sprachgebrauch genauso normal wie ein leckerer Eintopf oder der Plan, den Keller zu entrümpeln. Doch im Buch „Verbrannte Wörter: Wo wir noch reden wie die Nazis – und wo nicht“ führt Matthias Heine sie als mit der Sprache in der NS-Zeit verbunden auf.
Lange Zeit wurde mit dem Begriff „Mädel“ vor allem die NS-Jugendorganisation „Bund Deutscher Mädel“ assoziiert. „Inzwischen ist diese Verbindung allerdings nicht mehr sehr stark in den Köpfen der Menschen vorhanden und der Begriff ist nun eher ein Ausdruck für Vertrautheit“, erklärt Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch gegenüber „Bento“.
Den Eintopf gab es natürlich auch vor der NS-Zeit bereits und noch immer essen wir ihn gerne – und nennen ihn nach wie vor bei seinem Namen. Doch die Nationalsozialisten verliehen dem Alltagsgericht eine symbolisch-überhöhte Bedeutung als Mahlzeit der „Volksgemeinschaft“.
Diese Ausdrücke sind noch immer fragwürdig
Haben Sie sich auch schon mal darüber aufgeregt, dass jemand eine Sonderbehandlung bekommt? Mit diesem Wort sollte man eher vorsichtig sein. Den Vorsatz „Sonder-“ nutzte die SS früher, um ihre schlimmen Taten zu beschönigen. Wer eine Sonderbehandlung erfuhr, wurde demnach also meist umgebracht.
Auch der Begriff „Endlösung“ ist als Beschönigung mit dem Genozid der NS-Zeit verbunden und sollte heute nicht mehr verwendet werden.
Vorsicht ist auch bei den Begriffen „asozial“, „abartig“ oder „Untermensch“ geboten. „Entwicklungen, in denen bestimmte Bevölkerungsgruppen entrechtet, vertrieben und vernichtet wurden, haben immer mit einer entmenschlichenden Sprache begonnen“, erklärt Anatol Stefanowitsch.
Sensibler Umgang ist wichtig
Sprache befindet sich in einem stetigen Fluss, entwickelt sich weiter und Begriffe können über die Zeit völlig neue Bedeutungen erlangen. Dennoch sollte man sich mit einigen Ausdrücken aus der Nazi-Vergangenheit kritisch auseinandersetzen und sie für einen sensibleren Umgang mit unserer Sprache aus dem Wortgebrauch streichen – allen voran die Wörter, die einzelne Menschen oder Gruppen entmenschlichen.


