Miserable Bedingungen für ArbeiterWM in Katar: Menschenrechtsorganisationen schlagen Alarm

In einem Monat startet die Fußball-WM in Katar. Vorfreude kommt bei vielen Fans aber keine auf. In einem aktuellen Bericht prangern Menschenrechtler den Umgang mit den für die WM eingesetzten Gastarbeitern an. Auch die FIFA erntet Kritik. Worum geht es genau?
Es gibt weiterhin "legale Schlupflöcher"
Schon seit Jahren verweisen Organisationen wie Amnesty International auf die Missstände im Emirat. Auch einen Monat vor dem Anpfiff der WM ist die Situation demnach schlecht. Die Arbeitsrechtsreformen aus dem Jahr 2017 sorgten zwar für merkliche Verbesserungen, seien aber noch immer nicht ausreichend umgesetzt, teilte Amnesty International in dem aktuellen Bericht mit. Arbeiter würden deshalb weiterhin ausgebeutet und missbraucht.
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So gebe es weiterhin „legale Schlupflöcher“. Tausende Arbeiter warteten etwa auf bislang nicht gezahlte Löhne oder würden am Jobwechsel gehindert. Zudem arbeiteten Hausangestellte etwa oft bis zu 18 Stunden täglich und ohne Ruhetag zwischendurch.
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Hunderte Arbeiter sind wohl gestorben
Amnesty forderte den WM-Gastgeber auf, Missstände anzugehen und auch den Tod Tausender Gastarbeiter im Land aufzuklären. Amnesty schätzt, dass Hunderte Menschen während der Arbeit in sengender Hitze - etwa auf WM-Baustellen - ums Leben kamen. Entschädigungszahlungen an die Angehörigen der Verstorbenen stünden weiter aus. Nach den Regeln der Vereinten Nationen müssten „FIFA, die Regierung und die Bauunternehmen diejenigen Familien entschädigen, deren Angehörige auf den Baustellen gestorben oder verletzt worden sind. Aber bislang haben die Verantwortlichen noch nicht mal mit der Wimper gezuckt“, monierte auch Wenzel Michalski, Direktor von Human Rights Watch Deutschland.
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Das reiche Emirat wird immer wieder wegen systematischen Menschenrechtsverstößen und der Ausbeutung von Migranten kritisiert. Die Regierung weist die Vorwürfe zurück und führt Reformen zu Gunsten der Arbeiter an. Nach Angaben von Amnesty leben und arbeiten rund zwei Millionen Gastarbeiter in Katar, Hunderttausende von ihnen sind an WM-Projekten beteiligt. Die Fußball-Weltmeisterschaft startet am 20. November und geht bis zum 18. Dezember.
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Expertin nimmt auch die FIFA in die Pflicht
Auch Nahost-Expertin Katja Müller-Fahlbusch bemängelte in der Mitteilung zu dem Bericht, dass trotz der „wichtigen Schritte“ der Fortschritt der letzten Jahre „bei Weitem nicht ausreicht“. Wegen der gesetzlichen Schlupflöcher befänden sich viele Arbeiter in einer „allzu bekannten Spirale von Ausbeutung und Missbrauch“, so Müller-Fahlbusch. Sie forderte: „Die katarischen Behörden müssen jetzt dringend Arbeitsschutzmaßnahmen verbessern und effizient durchsetzen, die Rechte von Arbeitsmigranten stärken und den Zugang zu Justiz und zu Entschädigungen ermöglichen.“
Der Fußball-Weltverband FIFA wird in dem Statement ebenfalls in die Pflicht genommen. Die FIFA habe sich trotz wachsender öffentlicher Unterstützung der Arbeiter genau wie die Regierung Katars nicht „dazu geäußert, geschweige denn sich dazu bekannt“. Die FIFA müsse „endlich unmissverständlich zu ihrer Verantwortung für Menschenrechte stehen“.
In einen Punkt scheint unterdessen endlich Bewegung zu kommen: Entschädigungsfonds für getötete oder verletzte Gastarbeiter. Es sei „wichtig zu versuchen, dass jeder, der durch seine Teilnahme an der Weltmeisterschaft eine Verletzung erlitten hat, in irgendeiner Weise entschädigt wird“, sagte der stellvertretende FIFA-Generalsekretär Alasdair Bell. Es sei „definitiv etwas“, was die FIFA vorantreiben wolle. (msc/jlu/dpa/sid)