Powerwolf über ihr neues Album, Mythen und Konkurrenz

„Wir sehen uns als große Heavy-Metal-Familie”

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Die Band Powerwolf aus dem Saarland meldet sich mit dem neuen Album „Wake Up The Wicked” zurück.
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von Denise Kylla

Gold und Platin!
Beides ziert die Regale von Powerwolf. Mittlerweile zählt die Band aus dem Saarland zu den erfolgreichsten Heavy-Metal-Acts weltweit. Ende August geht’s auf große Nordamerika-Tour, danach rocken sie Euopas Arenen. Am 26. Juli erscheint das neue Album „Wake Up The Wicked”. Im Interview mit RTL verriet Organist und Keyboarder Falk Maria Schlegel, was ihn an rumänischer Mythologie fasziniert, was es bedeutet lange auf Tour zu sein und wie lange es dauert, sich für die Bühne in Schale zu schmeißen.

Vergangenes Jahr wurde in den saarländischen Wäldern ein Wolf gesichtet – im Bliesgau hat eine Wildkamera ausgelöst und das Raubtier geknipst. Wobei hat man den „Powerwolf” da wohl auf frischer Tat ertappt?
Das war in der Tat eine Sensation, bis dato hatte man mit dem Saarland immer das Wolfsgehege in Merzig in Verbindung gebracht, wenn es um dieses Rudeltier ging. Aber insgesamt hat das wenig mit der Geschichte von Powerwolf zu tun und wir streunen eher selten durch die Wälder außer bei Videodrehs. Aber die Faszination an diesen mächtigen Tieren ist ungebrochen. Und ob der Wolf sich nun bis ins Saarland wieder angesiedelt hat, kann natürlich an unseren Lockrufen liegen - ha, ha!

Hat der Vorfall vielleicht auch etwas mit Eurem Video zum Song „1589“ von Eurem aktuellen Album zu tun?
Nein, die Geschichte von Peter Stump hat einen völlig anderen Ansatz und ist eine Kombination aus wahren Begebenheiten und einem Stück weit Folklore und Mythologie. Mit unserem Song „1589“ haben wir den wohl bekanntesten deutschen Werwolfprozess thematisiert. Im Rheinland schien der Name „Stüpp“ ein Synonym für den Werwolf zu sein. Seinen Namen erhielt er anscheinend von dem Bauern Peter Stump oder auch Peter Stübbe, dem im Oktober 1589 der Prozess gemacht und der dann blutig hingerichtet wurde. Uns faszinieren seit jeher Geschichten, die sich im Kontext von Mythologien oder Legendenbildungen bewegen. In unserem Fall ist die Mythologie über den Wolf oder den Werwolf hoch interessant. Dabei gilt es immer auch historische Belege zu finden, ob eine Geschichte wahr ist oder auch nur Teile davon und der Rest sich im Bereich von falscher Überlieferung oder Aberglauben bewegt.

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Falk und seine Bandkollegen interessieren sich für mystische Gestalten.
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Was hat euch an der Werwolf-Geschichte von Peter Stump so sehr fasziniert, dass ihr ein Lied darüber geschrieben habt?
Uns begeistern vor allem die Legenden, wie eben die von Peter Stump, dem „Werwolf von Bedburg“ bei der sich Aberglauben, Wut und Furcht zu einer undurchsichtigen Geschichte verwoben haben und bis heute nicht klar ist, was erfunden ist oder eine reale Schilderung war. Es war für uns als Band sehr spannend, dazu einen ganz eigenen Song zu schreiben, der natürlich auch alle musikalischen Powerwolf Trademarks enthält. Das dazu entstandene Musikvideo greift die Stimmungen und Atmosphäre der damaligen Zeit auch cineastisch auf.

Der Clip hat schon mehr als 1,5 Millionen Aufrufe bei YouTube. Wie lange hat der Dreh für das aufwändige Werwolf-Video gedauert?
Das sehr aufwendige Musikvideo wurde im Süden Englands im November gedreht, unter anderem in bemerkenswerten Freilichtmuseen, in welchem die Dörfer der damaligen Zeit nachgebildet wurden. Das Video hat einen sehr deutlichen cineastischen Ansatz, was auch im großen Cast und den verschiedenen Settings wiederzuerkennen ist. Insgesamt haben wir mit Vorbereitung, Drehtagen und Schnitt gute acht Monate daran gearbeitet. Das Ergebnis ist beeindruckend, was man auch an den Reaktionen der Fans und den stetig steigenden Klickzahlen sieht.

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„Wake Up The Wicked” - Powerwolf wecken mit ihrem neuen Album das Böse auf.
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Ihr kommt aus dem Saarland, schlüpft bei Powerwolf aber in Rollen, die zum Teil sehr eng mit der Geschichte Rumäniens verwoben sind. Gibt es Parallelen zwischen dem Saarland und Transsilvanien?
Rumänische Mythologien haben wir zu Anfang unserer Karriere mehr behandelt. Heute sind diese Themen deutlich in den Hintergrund geraten. Wir sind aber weiterhin fasziniert von Geschichten, die sich vor allem im Zusammenspiel im Kontext von religionsgeschichtlichen Hintergründen bewegen und dabei immer im Kontrast zu Mythen, Folklore und einer gewissen „Beklemmung“ stehen. Man kann nicht immer alles auf der Welt erklären und das ist auch gut so. Darin liegt doch auch der Reiz, dass das Unerklärliche aus den damaligen Zeitepochen auch unerklärlich bleibt, beziehungsweise in unserer Vorstellung auch bleiben soll. Man muss nicht alles entmystifizieren.
Unser Song Joan of Arc wäre ein solches Beispiel. Johanna von Orléans wird bis heute als Heldin in Frankreich und weltweit verehrt. Ein großer Teil ihres Schaffens beruht auf wahren Begebenheiten. Ob sie nun tatsächlich Visionen oder besondere „Kräfte“ hatte, wird sich nie beweisen lassen. Am Ende wurde sie zu Unrecht wegen Ketzerei zum Tode verurteilt. Der Verdacht liegt nahe, dass sie vermutlich den Obrigkeiten zu mächtig wurde und beim Volk zu beliebt war und daher in einem falschen Licht dargestellt werden sollte.

Woher kommt Eure Faszination für spirituelle Themen und Horrorgeschichten?
Wir haben über die Jahre uns so stark mit diesen bereits erwähnten Themen beschäftigt, so dass wir wie in einen Sog geraten sind. Geschichten um Werwölfe, Mythen und religionsgeschichtliche Themen findet man wirklich weltweit und wir thematisieren dies in unseren Songs. Das beschränkt sich wirklich nicht nur auf Osteuropa, was man wohl meinen könnte. Auch unsere Fans haben immer gute Hinweise für neue, spannende Themen weltweit.

Nach dem Album „Call Of The Wild“ kam das Zwischenspiel „Interludium“, Ende Juli macht ihr das Päckchen dann mit „Wake up the Wicked“ komplett. Warum habt ihr euch für diesen Titel entschieden? Gibt es eine übergreifende Geschichte zwischen den Alben?
Als wir mit der Arbeit für dieses Album begannen und die ersten Songideen entstanden, fühlte sich das für uns tatsächlich so an, als würden wir da gerade ein böses, mächtiges Monster zum Leben erwecken. Einer der ersten Songs war „Bless em with the blade“. Der hat uns mit seiner unbändigen Energie und Wut absolut umgehauen und den Wahnsinn in uns geweckt, alles für dieses Album zu geben. Dieses Gefühl hat sich über die ganze Produktionsphase aufrechterhalten und wir haben wirklich das Gefühl, ein Monster von der Kette gelassen zu haben, dies natürlich im positiven Sinne.
Eine übergreifende Geschichte zwischen beiden Alben gibt es aber nicht. Bei „Wake up the wicked“ konnten wir nach unseren langen Live-Tourneen allerdings wesentlich mehr von unserer aufgezogenen Energie auf dem Album freisetzen. Das ist schon ein anderes Gefühl, als wenn du während einer Pandemie ein Album schreibst. Thematisch sind wir uns auf beiden Alben treu geblieben. Aber es geht weniger darum, diese zu verbinden. Es ist eher wie ein Familienfoto zu einer bestimmten Zeit, es verändert sich immer etwas aber das Grundgerüst bleibt bestehen. „Wake Up The Wicked“ klingt frisch und voller Energie, dass es uns selbst regelrecht umhaut.

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Die Weltpremiere des Powerwolf-Albums wird Ende August in Los Angeles stattfinden.
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Ihr seid Ende August bis Ende Oktober auf Tour – erst in den USA, dann in Europa. Wie ist es für euch, so lange unterwegs und nicht daheim zu sein?
Erst einmal freuen wir uns wahnsinnig wieder auf Tour zu gehen, das ist das Größte überhaupt für einen Musiker. Die Weltpremiere zu „Wake Up The Wicked“ wird am 29. August 2024 in Los Angeles im renommierten Laden „Hollywood Palladium” stattfinden. Es kribbelt schon jetzt.
Natürlich ist es nicht immer leicht, so lange von zu Hause weg zu sein. Da gibt es auch Tage, die etwas schwerer zu meistern sind. Aber wir haben eine Mission, wir wollen die Menschen für den Heavy Metal begeistern, mit ihnen die heilige Heavy Metal Messe feiern und sie manchmal sogar bekehren, da sind die Pilgerreisen auch schon mal etwas länger.

Was ist für euch das Schönste auf Tour, was das Nervigste?
Das Schönste ist einfach mit der Band unterwegs zu sein, verschiedene Städte und Länder zu bereisen aber vor allen Dingen, unsere Metal-Messe mit unseren Fans feiern zu können. Das ist immer der Wahnsinn, was bei unseren Shows da abgeht. Einfach pure Ekstase und jeden Abend in glückliche Gesichter zu schauen ist wunderbar!
Wir sind überglücklich in dieser Symbiose Tourneen spielen zu können, bei denen man sagen kann, dass die nicht nur die Band das Publikum unterhält, sondern auch das Publikum die Band. Etwas Besseres gibt es nicht und wir haben unfassbar kreative Fans.

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Üowerwolf feiern mit ihren Fans heilige Heavy-Metal-Messen.
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Wie lange braucht Ihr, um Euch für die Bühne in Schale zu werfen?
Wir ziehen uns circa zweieinhalb vor der Show zurück, um uns auf der einen Seite zu fokussieren aber auf der anderen Seite auch unsere Rituale zu zelebrieren: Auftragen des Make-ups, unseren Backstage Sampler Musik anzuschmeißen und um einfach nur bei uns zu sein. Ein Tag auf Tour hat viele Facetten und Herausforderungen, es sind viele Interviews zu geben, ein Soundcheck muss gemacht werden und es liegt immer etwas an. In diesem Moment aber sind wir ganz bei uns. Das ist wichtig, damit wir anschließend auf der Bühne regelrecht explodieren können.

Ihr habt Powerwolf vor etwas mehr als 20 Jahren gegründet. Jetzt seid ihr im Olymp des Heavy Metal angekommen, habt sogar mehr monatliche Spotify-Hörer als die „Kings of Metal“ Manowar. Wie fühlt sich das an?
Für uns fühlt sich das an, als wären wir gestern erst gestartet. Die Zeit fliegt - und niemand von uns hätte vor 20 Jahren erwartet, dass wir Festivals wie das Wacken headlinen und großen Arenen füllen. Wir sind darüber einfach nur glücklich und vor allen Dingen dankbar. Dankbar bei unseren Fans, die teilweise extrem lange Reisen auf sich nehmen, dankbar bei allen, die dies möglich gemacht haben. Wir wollen mit unserer Kunst und Musik einfach so viel wie möglich zurückgeben. Mit Vergleichen zu anderen Bands hadere ich immer. Wir sehen uns in der Szene nicht als Konkurrenz, sondern als große Heavy-Metal-Familie.