Öffentliche Hetze trieb ihn in die Verzweiflung Thilo Mischke dachte nach ARD-Skandal an Suizid

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Nach seinem Shitstorm hatte Thilo Mischke Suizidgedanken.
picture alliance / Geisler-Fotopress | Peter Lüdemann/Geisler-Fotopres

„Ich wollte sterben, um dieser Situation zu entfliehen.”
Journalist Thilo Mischke (44) hat im Podcast „Hotel Matze” offen über die dramatischen Folgen des Shitstorms gesprochen, der ihn nach seiner angekündigten „ttt”-Moderation traf. Heute fordert er mehr journalistische Sorgfalt in der Berichterstattung.

Auch sein Umfeld litt unter den Anfeindungen

Die öffentliche Hetze und der Druck hatten ihn in die Verzweiflung getrieben. „Ich muss diese drastischen Worte wählen, damit man versteht”, sagt Mischke im Gespräch. „Das Leben ist vorbei in diesem Moment.” Auch sein Umfeld hätte unter den Anfeindungen gegen ihn gelitten. „Meine Mutter ist kaputt. Immer noch”, berichtet der 44-jährige Autor und Journalist. „Keine Mutter kann ertragen, wenn ihr geliebtes Kind so leidet.”

Mischke betont in dem Gespräch auch seinen Wertekompass und dass er es kaum ertragen habe, wie die Öffentlichkeit ihn wahrnahm – als „homophoben, ableistischen, frauenfeindlichen, gewaltverherrlichenden Mann”. Eine Chance, dieses Bild zu korrigieren, sah er lange nicht: „Ich war psychisch gar nicht dazu in der Lage.” Am 26. Dezember habe er versucht, sich umzubringen, erzählt er. „Ich wollte sterben, um dieser Situation zu entfliehen.”

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ARD trennt sich von Moderator Thilo Mischke noch vor seiner ersten Sendung

Nachdem die ARD seine Verpflichtung für das Kulturmagazin bekannt gegeben hatte, war im Netz eine Welle der Empörung entbrannt. Auslöser waren Textstellen aus seinem Buch „In 80 Frauen um die Welt”, das Jahre zuvor erschienen war sowie Aussagen von Mischke in einem Podcast zum Thema Vergewaltigungen. Zunächst stellte sich der Sender noch hinter ihn, doch kurze Zeit später zog die ARD das Angebot wieder zurück. Die Moderation, die für Mischke ein beruflicher Höhepunkt hätte werden sollen, wurde ihm entzogen – und der Absturz begann.

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„Beschissenes” Buch und selbstkritische Reflexion

Mischke sagt in dem aktuellen Gespräch nun auch, er hätte viel gelernt durch die Debatten um sein Buch. Dieses beschreibt er heute als „beschissen” und „Produkt seiner Zeit”. Er werde sich gerne für immer dafür entschuldigen „und ich werde erzählen: sowas war früher möglich und ich bin froh, dass es heute nicht mehr möglich ist.” Auch über die Aussagen, die er in dem älteren Podcast getroffen hatte, sagt er heute: „Hätte ich den gehört, hätte ich mich auch richtig eklig gefunden.”

Zudem fordert Thilo Mischke nach seiner eigenen Erfahrung die Medien zu mehr journalistischer Sorgfalt auf – er sei bei der Berichterstattung kaum von Journalisten direkt konfrontiert worden, stattdessen seien Meinungs- und Behauptungsstücke veröffentlicht worden. „Irgendwann bringt sich jemand um”, warnt er im Gespräch.
Inzwischen hat Mischke sich wieder stabilisiert und arbeitet weiterhin als Reporter für ProSieben. (abl/spot on)

Hier findest du Hilfe in schwierigen Situationen

Solltest du selbst Depressionen haben, suchtkrank oder von Suizidgedanken betroffen sein, suche dir bitte umgehend Hilfe. Versuche, mit anderen Menschen darüber zu sprechen! Das können Freunde oder Verwandte sein. Es gibt aber auch die Möglichkeit, anonym mit anderen Menschen über Ihre Gedanken zu sprechen. Das geht telefonisch, im Chat, per Mail oder persönlich.

Wenn du schnell Hilfe brauchst, dann findest du unter der kostenlosen Telefon-Hotline 0800-1110111 oder 0800-1110222 Menschen, die dir Auswege aus schwierigen Situationen aufzeigen können.

Verwendete Quellen: Spot on News