Horrorpunk-Band mit neuem Album „Alienated”„The Other” über den Weltraum, Wahnsinn und Vincent Price

An Halloween wandeln die Geister auf Erden.
Passend dazu meldet sich Europas erfolgreichste Horrorpunk-Band „The Other” an dem Tag mit ihrem Album „Alienated” zurück. Warum das Werk, das auch auf Schallplatte erscheint, für die Band mit Punk-Energie, Gothic-Atmosphäre, Herzblut und ein bisschen Wahnsinn zu tun hat, erzählte Frontmann Rod Usher im Interview mit RTL.
Am 31. Oktober kommt euer neues Studioalbum „Alienated“ heraus. Was hat es mit dem Namen auf sich?
„Alienated“ steht für dieses Gefühl, nicht mehr dazuzugehören – weder zu dieser Welt noch zu dem, was aus ihr geworden ist. In den letzten Jahren ist so viel passiert, dass man manchmal einfach weg will, auf einen anderen Planeten. Wenn ich sehe, was Leute im Internet posten, bei denen ich dachte, sie hätten Verstand und Anstand, verliere ich das letzte Stück Vertrauen in die Menschheit. „Alienated” beschreibt also diesen Mix aus Entfremdung, Überdruss und Sehnsucht nach etwas Echtem. Und ja, vielleicht ist es auch eine Art Weltraum-Metapher – die Flucht ins All als letzter Ausweg, obwohl jeder weiß, dass das in Horrorfilmen nie gut ausgeht.
In eurer zweiten Single „A Ghost from the ’80s“ geht es um einen Geist, auf einer VHS-Kassette. Welche Horrorfilme haben euch dazu inspiriert?
Definitiv die Klassiker der 80er – von Teenie-Horror wie „Ghostbusters”, „Beetlejuice” und „Gremlins” bis hin zu „The Fog” oder „Poltergeist” oder „Fright Night”. Diese Mischung aus handgemachtem Effekt, Atmosphäre und „campy”-Gefühl. Aber auch Filme wie „The Ring”, die mit dem Medium selbst spielen. Die Idee eines Geistes, der in einer alten VHS-Kassette spukt, war einfach zu schön, um sie nicht zu vertonen. Und natürlich steckt da auch eine Portion Nostalgie drin – das Glitzern der Röhrenfernseher, das Rattern des Videorekorders, das Gefühl, etwas Verbotenes zu schauen.
Ist euch auch schon mal etwas derart Gruseliges passiert?
Ich persönlich lasse mich sehr leicht erschrecken. Durch meine rege Fantasie und meiner Vorliebe für Horror sehe ich im dunklen Wald überall Monster und fahre zusammen, wenn mir plötzlich nachts im Keller ein Nachbar unerwartet gegenübersteht. Zugegeben: Ich bin der Typ, der im Kino kreischt. Einmal war ich bei einer Geisterbeschwörung im Verlies einer Burg in Oxford in England. Durch die Stimmung beim Ritual in den alten Mauern und bei Kerzenschein habe ich wirklich einen kalten Luftzug gespürt und hatte das Gefühl, eine Präsenz in meiner Nähe zu haben – auch wenn ich nicht daran glaube. Ganz schön gruselig war das.
Auf der limitierten Version der Album LP ist auch ein Song namens „Vincent Price – Master of Menace“. Der Song wird auch in der Dokumentation „The Vincent Price Legacy“ zu sehen sein. Wie sehr freut ihr euch auf die deutsche Premiere des Films am 29. November in Gelsenkirchen?
Enorm! Vincent Price war ein Idol für uns alle, und es ist eine große Ehre, Teil dieser Doku zu sein. Dass der Song sogar im direkt im Intro läuft, ist ein echter Ritterschlag und auch, dass ich selbst für die Dokumentation interviewt wurde. Wir freuen uns riesig auf die Premiere in Gelsenkirchen – vor allem, weil wir den Song dort live spielen werden und Vincents Tochter Victoria Price exklusiv bei diese Deutschlandpremiere dabei ist.
Wie sehr hat Vincent Price eure Musik inspiriert?
Sehr. Price war mehr als nur ein Schauspieler – er war eine ganze Ästhetik. Dieses elegante Grauen, der charmante Schrecken, die Stimme und vor allem das Spiel zwischen Humor und Horror. Das findet sich bei The Other in vielen Songs. Er konnte Menschen das Fürchten lehren, ohne laut zu sein. Diese Mischung aus Stil, Intelligenz und Morbidität ist das, was wir auch in unserer Musik suchen. Und: Vincent Price und seine Filme spielten auch bereits vorher eine Rolle in unseren Songs, beispielsweise „Murder in the House of Wax“ oder „The Ghosts of Hollywood“.

Welcher Horrorfilm aus den 80s ist der beste und warum?
Meine Lieblingsfilme – von „Tarantula” bis „Exorzist” – sind schon etwas älter, aber aus den 80ern finde ich „The Thing” von John Carpenter unerreicht. Diese klaustrophobische Stimmung, die Paranoia, das Creature-Design – einfach perfekt. Und thematisch passt’s zu „Alienated”: Isolation, Misstrauen, das Gefühl, dass niemand mehr ist, wer er zu sein scheint. Genau das macht den Film und hoffentlich auch unser Album so zeitlos.
Auf welchen Song vom neuen Album freut ihr euch am meisten, wenn es ums live Spielen geht?
Wahrscheinlich wird das „I give you the Creeps“ sein, da er anfangs zum Pogen einlädt und dann mit einem großen Mitsingrefrain daher kommt. Es wird spannend sein zu sehen, wie die Fans reagieren, ich hoffe auf Stadionchöre! Ohnehin ist es immer besonders aufregend, neue Songs zu performen. Auch bin ich gespannt, wie sich unsere Interpretation von Ultravox‘ „Dancing with Tears in my Eyes“ macht.
Wie seht ihr „Alienated“ im Kontext all eurer Alben?
„Alienated” fühlt sich an wie ein Kreis, der sich schließt und gleichzeitig wieder öffnet. Wir haben mit den Jahren viele Facetten ausprobiert: mehr Metal, mehr Rock, mehr Melodie. Dieses Mal wollten wir zurück zu dem Gefühl, das The Other überhaupt erst erschaffen hat – Punk-Energie, Gothic-Atmosphäre, Herzblut und ein bisschen Wahnsinn. Es ist kompromissloser, direkter, ehrlicher. Wenn man unsere Diskografie als Horrorfilmreihe sieht, dann ist „Alienated” so etwas wie „The Other – The Return“. Kein Remake, sondern eine Rückkehr mit Erfahrung und Narben.
Worauf seid ihr in eurer Bandgeschichte besonders stolz?
Darauf, dass wir nie aufgehört haben. Und immer einen weiteren Schritt gegangen sind. So konnten wir mit Acts wie Alice Cooper, Danzig, Bela B., Misfits, The Cult und vielen weiteren großen Namen spielen, standen dreimal auf der Wacken-Bühne, spielten im legendären Whiskey-A-Go-Go in Hollywood und haben sogar Comics und ein Hörspiel veröffentlicht. 20 Jahre nach Gründung stehen wir immer noch auf der Bühne, mit treuen Fans auf der ganzen Welt. Das ist das Schönste: dass unsere kleine, dunkle Idee überlebt hat, gewachsen ist und Menschen verbindet, die sich sonst vielleicht auch ein bisschen „alienated“ fühlen.
Ihr geht dieses Jahr wieder auf Hell Nights Tour. Was macht das jährliche Event so besonders für euch?
Hell Nights ist für uns wie ein großes Familientreffen unserer Szene. Wir laden uns dafür in jedem Jahr rund um Halloween befreundete Bands ein und spielen eine kurze Tour, zu der Fans aus der ganzen Welt kommen – oft verkleidet. Dazu gibt es Show Acts und Fotokulissen. In diesem Jahr haben wir uns einen kleinen Wunsch erfüllt und ein Line-Up der größten vier Bands im Horror Punk Genre – also einer Mischung aus Punk-Rock, Metal, Gothic und gruselige Texten – zusammengestellt. Wednesday 13, Blitzkid und Calabrese kennen wir seit 20 Jahren, aber erstmals stehen wir alle am selben Abend auf der Bühne. Das wird der Wahnsinn, ich kann es kaum erwarten.
Was steht außer dem Album Release bei The Other in diesem und kommenden Jahr noch an?
Nach der Hell Nights Tour, die uns in große Hallen führen wird, lassen wir es mit kleinen Shows wieder intimer angehen, haben aber bereits Zusagen für zwei der ganz großen Festivals. Aber noch wichtiger: Wir werden noch eine EP veröffentlichen – mit neuen Songs und raren Tracks. So zumindest unser schauriger Plan.