Wird gesundes Essen jetzt Luxus?Darum kostet Obst jetzt so viel
Hier gibt’s nichts zu ernten!
Obstbauer Sylvio Lienert muss seine Kunden vertrösten, denn seine Bäume tragen keine Früchte. Damit ist er nicht allein, die Ernte ist knapp. Was bedeutet das für Verbraucher?
Obstbauer rechnet mit „Null Euro“
Auf dem Selbstpflückerhof von Sylvio Lienert ist derzeit nichts zu holen. Keine Pflaumen, keine Kirschen, keine Aprikosen. An den Apfel- und Birnenbäumen hängen zwar ein paar Früchte, die sind aber zu klein. „Es ist keine Handelsware mehr“, sagt er mit einem Blick auf die Zweige. Die kalten Nächte im Mai haben die Obstblüten erfroren. Für die Kunden ist das ärgerlich – für Sylvia Lienert finanziell ein Problem: „Es ist sicher, dass in diesem Jahr von dieser Anlage Null Euro kommen werden“, sagt der Obstbauer. Hätte Sylvia Lienert kein zweites Standbein, sähe es für ihn düster aus.
Die Lage auf dem Selbstpflückerhof ist kein Einzelfall. Die Apfelernte in Deutschland wird in diesem Jahr so gering ausfallen wie seit sieben Jahren nicht mehr, berichtet das Statistische Bundesamt. Die Obstbetriebe rechnen mit rund 22 Prozent weniger Ernte als im Vorjahr. Auch andere Obstsorten sind in diesem Jahr rar. Schuld daran: der kalte Frühling, Hagel, Regen. Je nach Standort betragen die Ernteausfälle bis zu 90 Prozent. In Nordrhein-Westfalen halbierte sich die Apfelernte im Vergleich zum Vorjahr.
Hier gibt es noch Äpfel
Im Vergleich gut läuft es in den großen Anbaugebieten in Baden-Württemberg (Bodensee) und Niedersachsen (Altes Land). „Das Alte Land hat mit seinem gemäßigten Klima einen echten Standortvorteil“, sagt Claus Schliecker vom Landvolk Niedersachsen. „Trotz aller Wetterextreme erwarten wir reichlich Äpfel mit einer super Qualität.“
Im nahen Ausland sieht es im Vergleich zu Deutschland etwas besser aus: Die diesjährige Apfelproduktion in Europa ist nur elf Prozent geringer als im Vorjahr. Das geht aus einer Prognose der Agrar-Informations-Gesellschaft AMI hervor. Die Apfelernte begann im August. Wegen der Schätzung weiß die Branche nach eigenen Angaben vorher ziemlich genau, wie viel Obst auf den Markt kommt. Auch bei vielen anderen Früchten wie Kirschen, Birnen, Zwetschgen und Mirabellen sind demnach unterdurchschnittliche Ernten zu erwarten.
Wird Obst jetzt knapp – und teurer?
Äpfel sind laut AMI-Marktexperte Helwig Schwartau die beliebteste Obstsorte in Deutschland. Für Verbraucher werde zwar ein ausreichendes Angebot zur Verfügung stehen, es müssen jedoch etwa 100.000 Tonnen mehr importiert werden als bisher. Das wirkt sich auch auf den Preis aus: Der dürfte um rund zehn Prozent zulegen und in der Regel die Marke von zwei Euro pro Kilo überschreiten, schätzt Schwartau. Wegen der schlechten Ernten ist davon auszugehen, dass auch andere Obstsorten teurer werden. Der Trend geht also weiter: Schon im Juli war Obst 9,4 Prozent teurer als im Vorjahresmonat, bei Gemüse waren es sogar 15,7 Prozent, wie das Statistische Bundesamt berichtet. (iga mit dpa)