Zwanzig Jahre wie ausgelöscht
Frau verliert nach Erkältung ihr Gedächtnis

Eine Frau steckt sich mit einer eigentlich harmlosen Erkältung bei ihrem Sohn an. Plötzlich ist sie nicht mehr ansprechbar, liegt 16 Tage im Koma. Und als sie aufwacht, kann sie sich an die letzten 20 Jahre ihres Lebens nicht mehr erinnern.
Alle Erinnerungen einfach ausgelöscht
Claire Muffett-Reece aus Essex in England ist eine unbeschwerte und lebensfrohe Frau, bis sie sich letztes Jahr bei ihrem Sohn Max (9) mit einer vermeintlich harmlosen Erkältung ansteckt. Doch Claire geht es immer schlechter. „Am Abend vor Vatertag ging sie ins Bett, und am nächsten Morgen konnte ich sie nicht mehr aufwecken“, erinnert sich Claires Ehemann Scott (44).
Die 43-Jährige kommt sofort ins Krankenhaus und fängt dort plötzlich an sich zu verkrampfen, wird bewusstlos und an ein Beatmungsgerät angeschlossen. Nach mehreren Untersuchungen dann die Diagnose: Claire leidet an einer Enzephalitis, einer Entzündung des gesamten oder Teilen des Gehirn-Gewebes. Verursacht durch Viren. Wird dies nicht rechtzeitig erkannt, ist das lebensbedrohlich.
"Ich habe jedem erzählt, dass Phil Collins mein Cousin ist"
Sechzehn Tage lang liegt Claire im Koma und wird medizinisch behandelt. Als sie endlich aufwacht, der Schock: Claire kann sich an nichts mehr erinnern. Alles aus den vergangen letzten zwanzig Jahren wie ausgelöscht. Die zweifache Mama kann sich weder an ihren Heiratsantrag erinnern noch an die Geburt ihrer Kinder oder an gemeinsame Urlaube. Lediglich an Personen erinnert sie sich.
Aber wie kann das sein? Mediziner Dr. Christoph Specht erklärt uns im Interview: „Der Gedächtnisverlust ist wahrscheinlich eine Folge der Enzephalitis. Auch dass Claire so lange in der Langzeitnarkose, sprich im künstlichen Koma, lag, kann dies zur Folge haben, da die Hirnfunktionen chemisch verändert werden.“
Während die Erinnerungen verschwunden sind, erfindet Claire dafür unmittelbar nach dem Aufwachen Geschichten.
„Ich war wirklich nicht in bester Verfassung, ich hatte Halluzinationen, habe jedem erzählt, dass Phil Collins mein Cousin ist, was er offensichtlich nicht ist“, scherzt Claire in der Fernsehsendung ‘Steph’s Packed Lunch’ im Englischen Fernsehen.
„Ich dachte, es wären Wespen an der Decke, oder Fliegen würden mir in die Ohren kommen“, so Claire weiter.
Dass solche Wahnvorstellungen nicht unüblich sind, bestätigt uns auch Specht: „Da die Viren funktionale Bereiche des Gehirns angreifen und diese dadurch gestört werden, kann es zu unterschiedlichen Ausfällen kommen. Das bedeutet jedoch nicht, dass jeder Enzephalitis Halluzinationen folgen.“

Trotz Gedächtnisverlust hat Claire ihren Humor behalten
Nach fünfwöchigem Krankenhausaufenthalt darf Claire endlich wieder nach Hause zu ihrer Familie. Und auch wenn sich die zweifache Mama an vieles nicht erinnern kann, gibt es eine Sache, die Claire nicht bedauert: „Scott musste mir alles über den Corona-Lockdown erzählen – zum Glück habe ich alles, was das Homeschooling angeht, vergessen, denn ich glaube, das war nicht spaßig.“
Ob ihre Erinnerungen je wieder zurückkehren werden ist noch ungewiss. Allerdings, so Specht: „Je länger der Gedächtnisverlust, je geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Erinnerungen wieder komplett zurückkehren.“
Claire hadert nicht mit ihrem Schicksal und hat sogar wieder angefangen, als Journalistin zu arbeiten. Und auch wenn sie viele ihrer Erinnerungen verloren hat, ihren Humor hat sie sich immer beibehalten.