Zwangsadoption: Wurden Eltern in der DDR systematisch die Kinder gestohlen?

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Andreas L. hat jahrelang nach seinem Sohn gesucht, denn er wurde gegen den Willen des Vaters zur Adoption freigegeben.

Es ist ein Stück DDR-Geschichte, dass man nicht in Geschichtsbüchern findet. Zwangsadoption, Kindesdiebstahl und Menschenhandel! Aber niemand will darüber sprechen. Wenn Eltern politisch unbequem waren, wurden ihnen die Kinder weggenommen. Andere Kinder wurden für tot erklärt und parteitreuen Adoptiveltern zugespielt. Noch heute suchen Eltern verzweifelt nach ihren Töchtern und Söhnen.

Durch Zufall hat Nancy H. (28) erfahren, dass sie eine Zwillingsschwester hat. Denn gleich nach der Geburt wurde ihrer Mutter ihre Schwester weggenommen. Auch Andreas L. (52) wurde ein Opfer der Staatsmacht DDR und der Zwangsadoption, sein Sohn Marko wurde zur Adoption freigegeben gegen den Willen der Eltern.

Wenn sich Andreas L. Fotos von seinem Sohn ansieht ist er den Tränen nahe. Als er 1984 aus der DDR fliehen wollte, wurde er inhaftiert. Sein Sohn Marko wurde dann gegen den Willen des Vaters zur Adoption frei gegeben. 29 Jahre hat es gedauert, bis Andreas L. seinen Sohn Marko wiedergefunden hat. Marko hat seinen Vater im Oktober 2013 im Fernsehen entdeckt und sich bei ihm gemeldet.

Das Unglaubliche: Kindesdiebstahl und Menschenhandel soll es in vielen Krankenhäusern der DDR gegeben haben, neben tausenden Zwangsadoptionen. Und die Menschen, die dafür verantwortlich sind, arbeiten immer noch in ihren Jobs in Krankenhäusern oder Behörden!

Hat Nancy einen Zwilling?

Während der Recherche zu dieser skandalösen Geschichte wurde unsere RTL-Reporterin am Telefon bedroht. Solche Einschüchterungstechniken machen Angst! Auch Andreas L. kennt solches Vorgehen nur zu gut. Nach der Wende wollte er über das Jugendamt den Kontakt zu seinem Sohn einfordern. Aber beim Jugendamt biss er auf Granit. Daraufhin drohte er sogar mit Hungerstreik und ging an die Öffentlichkeit.

Im Jugendamt darf man dem verzweifelten Vater aus Datenschutzgründen aber keine Information zu seinem Sohn geben. Als der 52-Jährige das persönliche Gespräch sucht, sitzt er plötzlich der Sachbearbeiterin gegenüber, die für die Zwangsadoption verantwortlich war. Noch immer ist die Sachbearbeiterin, die ihm sogar Drohbriefe in die Hafteinrichtung geschickt hat, in der Behörde tätig.

Unsere Reporterin ist fassungslos, dass Sachbearbeiter, die Menschen so etwas antun noch immer im Amt sind. Längst kein Einzelfall. Auch Nancy H. ist der festen Überzeugung, dass in ihrem Geburtskrankenhaus noch Mitarbeiter sind, die ihre Familie zerstört haben. Bei einer Blutuntersuchung vor zehn Jahren kommt heraus: Nancy muss noch einen Zwilling haben, jemanden der so aussieht wie sie. Nancy glaubt Ärzte haben den Zwilling ihrer Mutter einfach weggenommen.

Aber findet Nancy Beweise? Im Krankenhaus besorgt sich die junge Frau die Akte zu ihrer Geburt und stößt schnell auf Unstimmigkeiten. Einmal sei das Kind zuerst mit dem Kopf, und ein anderes Mal zuerst mit den Beinen zur Welt gekommen, steht in der Akte und auch der Vermerk "Großmutter selbst Zwilling" lässt Spielraum für Vermutungen. Es gibt zwei verschiedene Entlassungsdaten fürs Kind. Sehr verwirrend und doch könnte es ein Indiz dafür sein, dass Nancy H. vielleicht einen Zwilling hat. Eine Ärztin bestätigt ihr sogar, dass in Krankenhäusern Kinder systematisch für interessierte Adoptiveltern gestohlen wurden.

Die Suche geht weiter: Beim Standesamt erfährt Nancy wer am gleichen Tag im selben Krankenhaus geboren wurde und findet über Facebook eine junge Frau, die vermutlich ihre Zwillingsschwester ist. Die beiden warten nun noch einen DNA-Test ab um den endgültigen Beweis in der Hand zu halten.

Es klingt alles wie ein Krimi. Aber es ist Realität. Und es ist ein riesen Skandal gegen den niemand so richtig etwas unternehmen will. Aber sollten wir bald den DNA-Beweis in Nancys Fall in der Hand halten werden wir weiterforschen – und weiter nach Verantwortlichen suchen die uns erklären wieso sie Kinder einfach gestohlen haben.