Schnellcheck zum deutschen WM-Aus

Was zum gerupften Adler ist da nur passiert?!

Schon wieder raus! Nach 2018 muss die deutsche Fußball-Nationalmannschaft erneut nach der WM-Vorrunde die Koffer packen. Was ist da nur passiert? Und was folgt aus dieser bitteren Katastrophe? Unser Schnellcheck zum Spiel gegen Costa Rica.

Was ist im Al-Bayt-Stadion passiert?

Costa Rica spielt bis zu diesem Donnerstagabend, 21.35 Uhr deutscher Zeit, 215 fürchterliche WM-Minuten (die aberwitzigen Nachspielzeiten nicht eingerechnet), dann gelingt die erstaunlichste Transformation der jüngeren Fußballgeschichte. Eine Mannschaft, für dessen unfassbare Harmlosigkeit es einfach kein passendes Wort gibt, das gegen den wuchernden Riesen Deutschland wie das Kaninchen vor der Schlange erstarrt, zwingt den Top-Favoriten plötzlich in einen offenen Schlagabtausch. Ein Missverständnis von David Raum und Antonio Rüdiger reicht, um den Mittelamerikaner aus ihrem Wüstenschlaf zu wecken - am Ende gewinnt Deutschland das Spiel zwar doch noch irgendwie mit 4:2 - muss aber tatenlos mit ansehen, wie sich Spanien im Parallelspiel gegen Japan blamiert (1:2). Bedeutet: Raus, raus, raus. Wie schon vor vier Jahren scheitert Deutschland in der Vorrunde!

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Hach, was waren das für aufgeregte Tage! Fußball-Gigant Deutschland zitterte von Fußball-Zwerg Costa Rica, der hatte schließlich Japan geschlagen. Mit einer Chance, mit einem Tor! Verrückt. Und dann waren da noch die Spanier, auch vor denen hatte der Fußball-Gigant gezittert, weil aus dem Land der einstigen Tiki-Taka-Helden Verschwörungstheorien herüberwaberten, dass Tabellenplatz zwei für den weiteren Verlauf des Turniers der bessere sein könnte. Ja, und nun? Deutschlands Fußball weint, Deutschlands Fußballer weinen. Deutschlands Fußball liegt in Trümmern. Feuer frei. Es werden unruhige Zeiten.

Was bedeutet das nun?

Im deutschen Fußball könnten große Karrieren mit diesem Abend zu Ende gehen. Was ist mit Manuel Neuer? Was ist mit İlkay Gündoğan, der schon einmal überredet werden musste, weiterzumachen. Und was ist mit Thomas Müller? In der ARD vermied er zwar einen Rücktritt, aber in einer emotionalen Rede an die Nation bedankte er sich für den gemeinsamen Weg. Noch wolle er überlegen, aber das klang nach Abschiedsrede!

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Wie hat sich das deutsche Team geschlagen?

In der 10. Minute eines wirren Spiels sieht es noch so aus, als würde Deutschland, das nach dem 1:1 gegen Spanien schon einen gefühlten vorzeitigen Achtelfinal-Einzug gefeiert hatte, die Sache aus eigener Kraft zu lösen versuchen. 3:0 hätte es stehen können, 1:0 stand es durch Serge Gnabrys ersten Treffer bei dieser WM. Der Profi des FC Bayern, der bisher so glücklos agierte, köpfte ein, holte sich den Ball mit wild entschlossenem Blick aus dem Netz und machte klar: Wir brauchen Tore und wir werden sie schießen. Auf Spanien wollte man sich nicht verlassen.

Das DFB-Team spielte gut, Spanien ging im Parallelspiel ebenso in Führung, es lief alles nach Plan. Deutschland startete Angriff auf Angriff aufs Tor eines völlig überforderten Costa Rica, doch es fiel kein weiteres Tor. Weil der Pfosten im Weg stand, weil das Tor falsch stand, weil immer ein Bein eines Costa Ricaners den Weg ins Glück versperrte. Eben weil dem deutschen Team wieder, wie schon im ersten Spiel, die Effizienz fehlte.

Und dann war da diese 35. Minute, als man einem völlig chancenlosen Gegner, der in den ersten beiden Spielen einen (!) Torschuss zustande brachte, der das deutsche Tor nur aus der Ferne gesehen hatte, neuen Glauben in die Herzen tölpelte: David Raum und Antonio Rüdiger luden Keysher Fuller zum zweiten Torschuss des Turniers ein, Manuel Neuer rettete sensationell. In der Folge setzte die Fahrigkeit ein, mit der die deutsche Mannschaft schon gegen Japan trotz 78 Prozent Ballbesitz das Spiel aus der Hand gegeben hatte. Die Konsequenz: Auf einmal führte der krasse Außenseiter, der deutsche Elan war völlig dahin. Am Ende drehte das Team das Spiel, wenigstens das. Es war aber zu wenig, schon wieder. Thomas Müller, der während seiner Stunde Spielzeit wenig Konkretes zum Spiel beitragen konnte, sagte nach dem Desaster, man habe es "nicht schlecht gemacht". Nicht schlecht aber ist zu wenig bei einer Weltmeisterschaft. (tno)

VIDEO: Müller deutet Rücktritt an

Teams & Tore

Tore: 0:1 Gnabry (10.), 1:1 Y. Tejeda (58.), 2:1 C. Borges (70.), 2:2 Havertz (73.), 2:3 Havertz (85.), 2:4 Füllkrug (89., nach Videobeweis)

Costa Rica: K. Navas/Paris Saint-Germain (35 Jahre/109 Länderspiele/0 Tore) - K. Fuller/CS Herediano (25/32/3) ab 74. Bennette/AFC Sunderland (18/10/2), O. Duarte/Al-Wehda (33/73/4), K. Waston/Deportivo Saprissa (34/65/9), J. Vargas/Millonarios FC (27/13/1), C. Borges/LD Alajuelense (34/155/25) - Y. Tejeda/CS Herediano (30/74/1) ab 90.+3 R. Wilson/AD Municipal Grecia (20/4/0), B. Oviedo/Real Salt Lake (32/78/2) ab 90.+3 Contreras/CS Herediano (22/11/2) - B. Aguilera/AD Guanacasteca (19/8/0), ab. 46. Y. Salas/Deportivo Saprissa (26/6/0), J. Campbell/Club Leon (30/112/23) - Johan Venegas/LD Alajuelense (34/81/11) ab 74. Matarrita/FC Cincinnatti (28/53/3). - Trainer: Suarez.

Deutschland: Neuer/Bayern München (36 Jahre/117 Länderspiele/0 Tore) - Kimmich/Bayern München (27/74/5), Süle/Borussia Dortmund (27/45/1) ab 90.+4 Ginter/SC Freiburg (28/48/2), Rüdiger/Real Madrid (29/57/2), Raum/RB Leipzig (24/15/0) ab 67. Minute Götze (Eintracht Frankfurt/30/65/17) - Gündogan/Manchester City (32/66/17) ab 55. Füllkrug/Werder Bremen (29/4/2) - Sane/Bayern München (26/50/11), Goretzka/Bayern München (27/48/14) ab. 46. Klostermann/RB Leipzig (26/21/0), Musiala/Bayern München (19/20/1), Gnabry/Bayern München (27/39/21) - Müller/Bayern München (33/121/44) ab 66. Minute Havertz/FC Chelsea (23/33/10). - Trainer: Flick.

Schiedsrichterin: Stephanie Frappart (Frankreich)
Zuschauer: 67.054 (in Al-Khor)