Blick zurück auf die WM-BlamageDiesen Makel wird unsere "goldene Generation" nicht mehr los
Das kann ja nicht gut gehen. Rund um das Stadion in der Wüste riecht es bereits vor dem WM-Kollaps der DFB-Elf unangenehm. Danach ringt Joshua Kimmich mit den Tränen - und alle anderen nach Erklärungen. Bundestrainer Hansi Flick hat eine, aber muss sich noch mit Bastian Schweinsteiger auseinandersetzen.
Flick braungebrannt, aber schwer angeschlagen
Bei der Ankunft am Al-Bayt Stadion stinkt es nach Kuhmist. Oder ist das Kamelmist? Egal, das böse Omen ist deutlich. Denn Mist ist am Ende Mist. Deutschland setzt den Karren bei der Fußball-WM in Katar so tief in den Wüstensand, dass deutlich wird: Es fault an allen Ecken und Enden. Auch Hansi Flick kann die Peinlichkeit nicht schönreden oder mit irgendwelchen Einfach-weiter-so-Schleifchen versehen.
Lese-Tipp: Deutschlands Fußball in Trümmern
Versucht er aber. Zumindest ein Stück weiter. Braungebrannt, aber schwer angeschlagen, sitzt er nach Abpfiff auf der internationalen Pressekonferenz. Vorher schon schleift ihn Bastian Schweinsteiger am Nasenring durch das Beduinenzelt. Die Mannschaft brennt nicht, sagt der Weltmeister. "Das ist Quatsch", sagt der Bundestrainer. In den Katakomben des Stadions schildert er seine Enttäuschung (riesengroß!) und will nicht nach Ausreden suchen. Obwohl die Vorbereitung so kurz war, obwohl das Aus schon mit den schlimmen 20 Minuten gegen Japan besiegelt war.
Fehlende Effizienz und nachlässig ohne Ende
Seine Mannschaft, sagt Flick, habe es nicht geschafft, konstant auf hohem Niveau zu spielen. Er spricht es nicht direkt aus, er lobt die Qualität des Teams und klagt über fehlende Neuner, spielstarke Außenverteidiger und die Ausbildung der Jugendspieler in Deutschland. Der lange Weg hinab hat gerade erst begonnen.
Lese-Tipp: DFB-Boss setzt Flick und Bierhoff unter Druck
"Es gibt gute Spieler für die Zukunft", sagt er und später: "Was uns immer ausgezeichnet hat: dass wir verteidigen können." Nicht mehr der Fall. Vier Gegentore gegen Japan und Costa Rica sind die Realität. Dann noch die fehlende Effizienz. Die Nachlässigkeiten. Ein Klagegesang. Alles ist Mist. Zurücktreten will er nicht. Denn die gute Nachricht ist: "Die Stimmung in Deutschland war vorher auch nicht dolle." Das sagt Flick, als er auf die Auswirkungen des Scheiterns für die Euro 2024 angesprochen wird. Das Heimturnier. In das Deutschland nicht mehr als Favorit gehen wird.
- 01:18
Balljunge sorgt für furioses DFB-Tor
- 02:06
Füllkrug-Schuss brach ihm die Hand!
- 00:48
Emre Can vertut sich beim Geburtstag seiner Frau
- 00:44
Benny Henrichs prophezeite Wirtz-Tor zum EM-Auftakt
- 01:19
So feiern die Kaulitzs die DFB-Party
- 00:51
St. Brown zuversichtlich für Heim-EM
- 02:18
SO tippen unsere Promis!
- 01:50
Siebert verrät: Ich bin der Schiri-DJ!
- 02:15
Wirtz und Musiala witzeln über ihr besonderes Verhältnis
- 02:09
Nagelsmann nominiert BVB-Star nach
- 00:38
Nationalspieler stolz über eigenen EM-Song
- 02:15
Weltmeister Littbarski verteidigt Neuer
- 02:09
Alonso warnt vor spielstarken Römern
- 03:40
Kloppo hört auf - Was seine Frau Ulla jetzt von ihm will!
"Stimmung in Deutschland vorher auch nicht dolle"
In den Katakomben warten die Journalistinnen und Journalisten lange auf die Spieler. İlkay Gündoğan, Antonio Rüdiger oder David Raum schlurfen nur mit gesenktem Haupt vorbei. Ein paar andere stellen sich mit bedröppelten Gesichtern den Fragen. Da ist Joshua Kimmich, den Tränen nah, der sagt, die sei "der schwierigste Tag meiner Karriere", das Aus "für mich persönlich nicht einfach zu verkraften" und er habe "Angst davor, echt in ein Loch zu fallen". In der ARD hält Thomas Müller eine Abschiedsrede. Er habe es "aus Liebe" getan. 121 Länderspiele, 44 Tore. Aber seit dem 7:1 gegen Brasilien im Juli 2014 kein Tor mehr bei einem Turnier. Später kassiert er die Rede halb wieder ein.
DFB-Neuling Niclas Füllkrug erklärt, er sei "noch fassungslos, dass es heißt: Koffer packen". Jamal Musiala ist einfach "traurig und enttäuscht", Serge Gnabry spürt sogar "sehr viel Wut". Manager Oliver Bierhoff gibt zu: "Der Anspruch ist ein anderer. Wir sind nicht da, wo wir sein wollen."
Aufbruch ins Ungewisse
Draußen vor und im abfahrbereiten Teambus spielen sich ähnliche Szenen des kollektiven Frusts ab. Kai Havertz, der zum Man of the Match gewählt wird, steht mit gesenktem Haupt telefonierend neben dem Bus. Gnabry steigt kurz ein, aber hält wohl die Stille nicht aus, steigt direkt wieder aus und vertritt sich kurz die Beine. Die anderen sitzen schweigend drinnen, warten auf die restlichen Teamkollegen aus der Mixed Zone. Starren auf ihre Handys. Tief ins Gesicht gezogene Schirmmützen. Keine Unterhaltungen. Nach außen keine Emotionen.
Auf einmal aber Bewegung. Gündoğan, er sitzt in der Mitte der Rückbank, zückt sein Handy und mehrere Spieler umringen ihn und schauen zusammen auf das Gerät. Vielleicht beobachten sie das Tor Japans zum 2:1, das Millimeter am Aus vorbeischrammt. Was wäre gewesen, wenn? Kurze Diskussionen. Wieder Stille.
Lese-Tipp: Von Spanien „verraten“ – blutleere Iberer am Pranger
Der Tiefschlag schockiert die Mannschaft und die Verantwortlichen. Zurecht. Thomas Müller ist bald wohl kein Nationalspieler mehr, Hansi Flick will Bundestrainer bleiben. Die unmittelbaren Konsequenzen nach dem peinlichen Auftritt der DFB-Elf in Katar halten sich in Grenzen, doch das zweite Vorrunden-Aus bei einer WM in Folge wird den deutschen Fußball gravierend verändern. Das kolossale Versagen der Nationalmannschaft rüttelt an der Identität einer ehemals großen Fußballnation.
Die so hochgelobte Generation der Mit- bis Endzwanziger um Joshua Kimmich, Leon Goretzka, Serge Gnabry, Leroy Sané und Niklas Süle verabschiedet sich bei drei aufeinanderfolgenden Turnieren viel zu früh und mit immer neuen Peinlichkeiten. Sie sind kein Versprechen mehr auf eine große DFB-Zukunft. Sie schleppen für immer den Makel von zwei verpatzten Weltmeisterschaften mit durch ihre Karriere. Als der Bus das Al-Bayt-Stadion verlässt, liegt Nebel über der Wüste. Was hinter dem Nebel kommt, kann in dieser Nacht noch niemand absehen. Aufbruch ins Ungewisse.
Quelle: ntv.de