Inzidenzen steigen schneller als 2020
Streit in der Regierung wegen Pandemie-Notlage?
Das Robert-Koch-Institut (RKI) sieht einen schnelleren Anstieg der Coronazahlen als im vergangenen Sommer – obwohl viele Menschen mittlerweile geimpft sind. Vor allem junge Menschen sind betroffen. Aber was bedeutet das für eine mögliche vierte Welle im Herbst?
+++ Alle aktuellen Informationen zum Coronavirus Sars-Cov-2 finden Sie auch in unserem Live-Ticker auf RTL.de und rund um die Uhr im Stream auf n-tv +++
Spahn überlegt nationale Notlage zu beenden
In der Regierung bahnt sich jedenfalls ein Konflikt wegen der Frage an, ob die Pandemie-Notlage ab Herbst fortgesetzt werden soll. Die epidemische Lage von nationaler Tragweite räumt der Bundesregierung besondere Befugnisse nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) ein und ist seit März alle drei Monate verlängert worden.
Gesundheitsminister Jens Spahn überlegt jetzt, sie ab Ende September zu beenden. Bei einer Sondersitzung des Bundestags-Gesundheitsausschusses sagte er nach Teilnehmerangaben, aus seiner Sicht seien die wichtigsten Regelungen in der Pandemie inzwischen erfolgt. Weitere Maßnahmen könnten über die Länder beschlossen werden. Auch CSU-Landengruppenchef Alexander Dobrindt stimmt mit ein: „Es gibt keinen Automatismus auf eine Verlängerung der epidemischen Lage“, sagte er der „dpa“. Anders sieht das Vizekanzler Olaf Scholz.
Vizekanzler Scholz widerspricht
Er will eine Verlängerung. „Das wird sein müssen, wenn man mich fragt“, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Nötig seien weiterhin bestimmte Regeln zum Schutz vor Corona. „Und dafür brauchen wir einen rechtlichen Rahmen", betonte der Vizekanzler. Die aktuelle Entwicklung der Inzidenz in Deutschland könnte Scholz Recht geben.

Inzidenz steigt vor allem bei Jüngeren
Nach RKI-Angaben liegt die Sieben-Tage-Inzidenz am Freitagmorgen (06.08) bei 20,4 – am Vortag lag sie noch bei 19,4. Der Anstieg führt auch zu der Frage, wie stark politische Maßnahmen künftig noch an Inzidenzwerte gekoppelt werden sollten. „Entscheidend ist am Ende, ob die Kapazitäten in den Krankenhäusern immer ausreichend sind, sodass wir sicherlich über höhere Inzidenzwertschwellen in Zukunft nachdenken und reden werden“, sagt zum Beispiel Robert Habeck im RTL-Interview.
Auch Daniel Günther, Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, betont bei RTL: „Die Inzidenz ist gerade jetzt in der Phase, in der viele Menschen geimpft sind, nicht mehr die entscheidende Größe ist.“ Viel entscheidender sei die Frage, wie die Situation bei den schweren Verläufen ist. „Da sehen wir, dass die Zahlen in den Krankenhäusern im Gegensatz zu den steigenden Inzidenzen relativ stabil sind.“ Dennoch wolle er den Inzidenzwert nicht völlig außen vor lassen. Man wolle in Schleswig-Holstein den „konsequenten Weg weiter gehen, den wir bisher gegangen sind.“