"Das ist meine Art, etwas zurückzugeben"
Vom Tod fasziniert! Frau besucht 200 fremde Beerdigungen

Dass man gerne an Geburtstagsfeiern, Hochzeiten und Taufen teilnimmt, können wohl die meisten von uns nachvollziehen. Jeane Trend-Hill (55) aus Islington, London, bevorzugt allerdings etwas anderes: Sie geht am liebsten auf Beerdigungen – und zwar von Fremden. Rund 200 Stück hat sie mittlerweile besucht, ein Ende ist aber nicht in Sicht. Warum die 55-Jährige so gerne auf Beerdigungen geht? Sie fühlt sich auf Friedhöfen „zu Hause“.
Jeane fühlt sich auf Friedhöfen heimisch
Angefangen hat Jeane Trend-Hills Faszination, als sie ihren Vater im Alter von 14 Jahren und ihre Mutter im Alter von 20 Jahren verlor, wie sie der „Daily Mail“ erzählt. Schon damals fühlte sie sich auf Friedhöfen und in Krematorien heimisch und verbrachte Stunden damit, die ausgedehnten viktorianischen Friedhöfe Londons zu skizzieren und zu fotografieren.
Dass sie Beerdigungen von fremden Menschen besucht, begann erst später – und zwar durch einen Zufall. Eigentlich wollte die britische Fotografin, Schauspielerin und Künstlerin nur eine Kirche angucken, wusste aber nicht, dass dort gerade eine Trauerfeier stattfand. Als gute Katholikin, wie sie sagt, wollte sie die Kirche nicht einfach wieder verlassen – also blieb sie. Sie setzte sich nach hinten und obwohl sie die Trauergäste nicht kannte, war sie zutiefst gerührt.

Jeder sollte jemanden haben, "der sich an ihn erinnert, wenn er stirbt"
„Kurz darauf sprach mich ein Friedhofsmitarbeiter an und fragte, ob ich an der Beerdigung eines Veteranen teilnehmen würde, der sonst niemanden hatte, der ihm die letzte Ehre erweisen konnte, also sagte ich zu und ging mit“, erzählt Jeane bei „Daily Mail“. „Mir wurde klar, dass jeder Mensch eine Geschichte zu erzählen hat, dass jeder ein Leben gelebt hat und jemanden haben sollte, der sich an ihn erinnert, wenn er stirbt.“
Die Britin schätzt, dass sie mittlerweile an fast 200 Beerdigungen von Menschen teilgenommen, die sie gar nicht kannte. Meist weil diese keine Angehörigen mehr hatten. Neben ihren Beerdigungsbesuchen verbringt Jeane auch Zeit damit, Gräber zu reinigen und in Ordnung zu bringen. Zudem hat sie Gräber in der ganzen Welt besucht, beispielsweise in Paris und Venedig, und einen Doktortitel in Bestattungswissenschaften erworben, um Friedhofshistorikerin zu werden. „Wenn ich irgendwo ankomme, schaue ich als Erstes, wo das nächste Krematorium ist“, sagt sie.

"Ich hoffe, dass ich den Menschen das Gefühl geben kann, dass der Tod weniger beängstigend ist"
Ihre ungewöhnliche Leidenschaft hat sich mittlerweile herumgesprochen: Auch Fremde kontaktieren sie inzwischen über Facebook und bitten sie, an Beerdigungen teilzunehmen. „Niemand sollte jemals allein eingeäschert oder beerdigt werden“, ist Jeane überzeugt. „Wenn ich gefragt werde und mitgehen kann, mache ich es.“
Geld nimmt Jeane für ihre Begleitung bei Trauerfeiern übrigens nicht. Ihre Motivation ist eine ganz andere: „Der Tod hat mich nie beunruhigt, ich hoffe nur, dass ich den Menschen das Gefühl geben kann, dass der Tod weniger beängstigend ist. Das ist meine Art, etwas zurückzugeben.“ (akr)