Umstrittene Methode zur Verhaltenstherapie
US-Gericht entscheidet: Schule darf behinderte Kinder mit Elektroschocks behandeln
Ärztliche Notwendigkeit oder Misshandlung? Darüber wird in Canton im US-Bundesstaat Massachusetts heftig gestritten. Eine Schule für behinderte und verhaltensauffällige Kinder wendet Elektroschocks in der Verhaltenstherapie an. Kritiker werfen den Schulbetreibern Folter vor und haben die Einrichtung verklagt.
Schule darf psychisch kranke Kinder weiter mit Elektroschocks behandeln
Es waren Bilder wie die im Video, die die Kritik an den Therapiemaßnahmen am Judge Rotenberg Zentrum immer lauter werden ließ. Lehrer und Betreuer der Schule versetzen einem schreienden Kind Elektroschocks, um einen Anfall zu lindern. Die US-Arzneimittelbehörde (FDA) hatte die Anwendung der Elektrokrampftherapie bei Kindern verboten. Jetzt kippte ein Berufungsgericht dieses Verbot wieder. In der Urteilsbegründung heißt es, dass die Verwendung von Elektroschocks als zulässige, medizinische Behandlung betrachtet werden könne.
Elektrische Krampftherapie wird auch in Deutschland angewandt
Die Schulleitung zeigte sich in einer öffentlichen Erklärung erleichtert über das Urteil: "Mit der Behandlung können diese Bewohner weiterhin an bereichernden Erlebnissen teilnehmen, Besuche mit ihren Familien genießen und vor allem in Sicherheit und Freiheit von selbstverletzenden und aggressiven Verhaltensweisen leben."
Auch in Deutschland ist die elektrische Krampftherapie gängige Praxis. Patienten, die unter Schizophrenie und Depressionen leiden, werden mit Elektroschocks behandelt, weil alle Alternativmethoden gesundheitsschädlicher und nicht so wirkungsvoll sind. Allerdings dürfen Patienten ausschließlich in Krankenhäusern und auch nur nach strengen rechtlichen Bestimmungen behandelt werden.
UN-Menschenrechtskommission bezeichnet die Therapie als Folter
Diesmal ist der Richterspruch zugunsten der Schule ausgefallen. Das letzte Wort ist aber längst noch nicht gesprochen. Seit den 1980er Jahren muss sich das Richter Rotenberg Zentrum mit Klagen auseinandersetzen. Mehrmals, zuletzt 1997, stand das Institut vor der Schließung. Sogar die UN-Menschenrechtskommission bezeichnete die Praktiken als Folter. Zwischen den Eltern der betroffenen Kinder verläuft ein tiefer Riss. Die Unterstützter des Richter Rotenberg Zentrums sehen die umstrittene Therapie als letzte Rettung in einer ausweglosen Situation. Die Gegner wollen weiter für die Schließung der Schule kämpfen. (rra)