Überraschende Lesart der Corona-VerordnungLockdown-Ausnahme in Bremen: Friseure dürfen Hausbesuche machen

Die Friseurläden sind zu, die Haare lang und die Farbe rausgewachsen. In Bremen müssten aber zumindest die beiden letzten Punkte gar nicht sein, denn in der Verordnung des Landes steht zwar, dass die Geschäfte während des Lockdowns schließen müssen, aber nicht, dass Friseure nicht zu den Kunden nach Hause fahren dürfen. Das Ordnungsamt habe diese Lesart der Corona-Verordnung bestätigt, teilte die örtliche Handwerkskammer am Mittwoch mit. Sie nannte diese Information überraschend. Klingt wie eine gute Nachricht, ist es aber für viele Friseure nicht.
Friseur: "Unverschämtheit"
Der Bremer Friseur Detlef Gehlhaar freut sich gar nicht über diese neue Nachricht, die er durch Zufall auf sein Handy bekommen hat. Wie der Weser-Kurier zuerst berichtet, teilte die Friseur-Innung am Dienstag (26. Januar 2021) seinen Mitgliedern mit, dass Hausbesuche erlaubt sind, unter Einhaltung der geltenden Hygienemaßnahmen. Dies habe die Innung, so schreibt es der Weser-Kurier, erst auf Nachfrage beim Ordnungsamt erfahren. Doch das ist nicht das, worüber sich Detlef Gehlhaar ärgert.
Hausbesuche sind gefährlich
Sein Salon in Bremen ist 160 Quadratmeter groß, er habe eine Schleuse und seit dem ersten Lockdown im Frühjahr habe er nur noch maximal sechs Kunden gleichzeitig im Laden gehabt, erzählt Detlef Gehlhaar im RTL-Interview. „Wir sind gerüstet, mit Corona umzugehen“, erzählt der 56-Jährige. Ganz anders sei das Zuhause bei den Kunden: „Verantwortungslos“, nennt Detlev Gehlhaar es, auf möglicherweise kleinstem Raum Haare zu frisieren.
Formulierung führt zu Sonderregelung
Detlef Gehlhaar fühlt sich als Bürger, aber auch Unternehmer schlecht informiert. Kein Wunder, schließlich ist die Sonderregelung nur aufgefallen, weil von der Innung explizit nachgefragt wurde. Ob die Erlaubnis für Hausbesuche Absicht war oder nur eine Nachlässigkeit in der Formulierung, bleibt offen. Die Bremer Verordnung verfügt an einer Stelle die Schließung aller Betriebe der nichtmedizinischen Körperpflege. Es geht um „Friseure, Kosmetikstudios, Massagepraxen, Tattoostudios und Nagelstudios". An anderer Stelle werden allgemein Handwerks- und Dienstleistungen für zulässig erklärt, selbst wenn der Mindestabstand von 1,5 Metern nicht eingehalten werden kann. Voraussetzung seien geeignete Hygienemaßnahmen.
In anderen Ländern wie Niedersachsen oder Bayern ist mobiles Arbeiten für Friseure untersagt.
Machen die Bremer Friseure nun Hausbesuche?
Detlef Gehlhaar wird nicht bei seinen Kunden auf der Matte stehen, um deren Matten zu kürzen, weil ihm die Ansteckungsgefahr zu hoch ist. Von anderen Friseuren hört er ähnliches. Allerdings: Viele wollen ihren Kunden auch gerecht werden. „Wir bekommen ständig Anfragen von Kunden“, so Gehlhaar. Und manche greifen in dieser Zeit auch selber zu Schere und Farbe: „Wir müssen die katastrophalen Selbstversuche wieder ausbaden.“ Für Detlef Gehlhaar ist eine Öffnung der Friseursalons nicht nur deshalb die richtige Lösung. Das Sicherheitskonzept, so sagt er, ist im Laden im Gegensatz zu Privatwohnungen vorhanden.
Senat will Ausnahmeregelung kippen
Die Handwerkskammer sagt, man sei seit Erlass der Verordnung am 16. Dezember „davon ausgegangen, dass sämtliche Dienstleistungen im Bereich der nichtmedizinischen Körperpflege untersagt sind". Und so will es nun offenbar auch der Bremer Senat und Besuche eines mobilen Friseurs verbieten: „Das soll jetzt geändert werden“, sagt der Sprecher des Gesundheitsressorts, Lukas Fuhrmann.
Quelle: DPA / RTL.de


