The Blacklist: Hauptdarsteller James Spader im Interview
Was hat Sie an der Rolle des Raymond "Red" Reddington angesprochen?

James Spader: Am Anfang, als ich das Drehbuch für den Pilotfilm gelesen habe, war ich neugierig, am Ende dann noch neugieriger. Nichts war fertig, ich wusste weniger als zuvor. Ein Fernsehsender wünscht sich immer, dass die Episoden eigenständig sind und nicht aufeinander aufbauen wie in einem Kabelnetz. Bei dieser Sendung sind die Episoden eigenständig, sie kommen aber zusammen und bilden etwas Größeres.
Sie scheinen sich ja ziemlich gut in die Rolle von Red hineinzuversetzen
James Spader: Nach Boston Legal hatte ich eine schwere Zeit. David Kelley hat in dieser Serie Komödie und Drama sehr effektiv miteinander verknüpft. Er ist auf dem sehr schmalen Grat zwischen beidem balanciert. Deswegen war es schwer für mich, als ich nach einer neuen Sendung Ausschau hielt, weil sie alle so abgegrenzt erschienen. "Boston Legal" war in diesem Sinne einzigartig. Ich liebe Thriller, auch wenn sie bei der Arbeit nicht immer besonders viel Spaß machen. Sie neigen sehr stark zu einer Plot-Orientierung, und am Ende gewinnt der Plot. Man arbeitet an einer Szene, und das Wichtigste, was Sie sehen, ist ein Messer oder dass jemandem ein Brief in die Tasche gesteckt wird.
Als ich dann The Blacklist gelesen habe, war mir gleich klar, dass hier die Figur das Wichtigste ist. Es gibt definitiv jede Menge Action und spannende Plots. Die Sendung hat ihre Drehungen und Wendungen und ist wegen ihrer Charaktere international attraktiv, letztendlich ist die Sendung Charaktere-orientiert. Es geht darin um Beziehungen. Da ist die Kern-Beziehung zwischen meiner Figur Raymond "Red" Reddington und der FBI-Profilerin Elizabeth Keen, gespielt von Megan Boone. Ihr Verhältnis ist sehr komplex und rätselhaft. Wenn man Informationen in kleinsten Stückchen preisgibt, könnte man das meiner Meinung während der ganzen Dauer einer Serie aufrechterhalten.
Erzählen Sie uns doch noch etwas mehr über Ihre Figur und warum Sie sie mögen
James Spader: Der Typ hat es Bezwingendes und Charmantes an sich. Ich kenne seine Persönlichkeit, aber die Fakten und Zahlen aus seinem Leben sind ein großes Rätsel. Eine Sache, die mir an der Sendung gefällt, ist das, was man über den Typen erfährt. Er ist seltsam: Er kann sehr direkt sein, aber die Antwort, die er gibt, wirft eigentlich eine weitere Frage auf.
Wie haben Sie sich auf die Rolle vorbereitet? Ist die Figur ein Psychopath, haben Sie Psychopathen studiert? Haben Sie auch böse Genies studiert?
James Spader: Nein, eigentlich nicht. Ich bin nicht überzeugt, dass die Figur ein Psychopath ist. Sie ist wahrscheinlich nichts davon. Letztendlich ist die Antwort, dass das abzuwarten bleibt. Für mich als Schauspieler heißt es, ein Drehbuch zu lesen, das sich über sechs Jahre erstreckt. Eine Fernsehsendung ist spannend und mitreißend, weil sie offen ist und man vielleicht lange Zeit warten muss, bis man zum Ende seiner Geschichte kommt. Und eine Geschichte wie diese hat zweifellos etwas Eigenständiges, denn im Laufe der Zeit gibt es auf jeden Fall eine noch tollere Geschichte zu entdecken. Aber darüber darf ich natürlich nicht reden, und zum Teil kenne ich sie auch gar nicht.
Meinen Sie, Red ist auf der Suche nach Erlösung, was sein englischer Name ja bedeutet?
James Spader: So etwas davon ist sicherlich in ihm. Er will ganz eindeutig sein Leben ändern. Das Rätselhafte an Red hat mich angezogen. Das hat mir keine Ruhe gelassen.
Spielen Sie gerne die Bösewichte?

James Spader: Früher habe ich gerne mal dies und mal das gemacht. Für meine Agenten war das die Hölle, weil Hollywood ein sehr kurzes Gedächtnis hat. Man braucht bloß mal den bösen Jungen in seinem letzten Film zu geben, und schon bleibt man nur als solcher in Erinnerung. Wenn man sich dann um eine Rolle als guter Junge bewirbt, denkt Hollywood nur als Bösewicht an einen.
Aus Berechnung habe ich gerade mit The Blacklist das Gefühl, dass ich den Guten und den Bösen miteinander vereinen kann. Red ist zweifellos ein Anti-Held. Er ist ein guter Junge, der ein paar ganz böse Sachen macht.
Ihre Filmfigur hat einen rasierten Kopf. Stand das so im Drehbuch?
James Spader: Das war meine Idee. Ich dachte, das sei wesentlich für Red, der wirklich schnell durchs Leben gehen muss. Ich glaube nicht, dass er auch nur eine Stunde Zeit hat, um sich die Haare schneiden zu lassen. Außerdem fand ich, das wäre lustig für die Sendung. Vor der Pilotsendung waren meine Haare sehr lang. Ich dachte, es wäre toll, Red mit langen Haaren zu sehen, wenn er zu Anfang der Pilotsendung auf der FBI-Liste der meistgesuchten Personen auftaucht.
Wie viel wussten Sie über Red? Und wie viel hat man Ihnen über seine Zukunft gesagt?
James Spader: Mir wurde von Möglichkeiten für die Zukunft erzählt. So viel wusste ich, als wir den Pilotfilm gedreht haben. Ich habe aber auch keinen Druck gemacht. Ich habe lediglich darum gebeten, so viel von mir in der Rolle zu lassen, dass ich das spielen kann, was ich spielen muss. Es macht Spaß, jede Woche das Drehbuch zu bekommen und all die verschiedenen Richtungen zu sehen, die die Story nehmen kann.
Fernsehen ist etwas Seltsames: So wie sich die Geschichte im Laufe der Zeit entwickelt, gewinnt sie tatsächlich ein Eigenleben. Diese Serie könnte ein Jahr lang, drei Monate oder zehn Jahre laufen. Eines der faszinierenden Dinge ist, dass wir die Form der Schwarzen Liste gar nicht kennen oder wer da alles drauf steht. Führt uns das alles zu einer einzigen großen Sache? Oder geht es um viel mehr? Da die Sendung ein Eigenleben entwickelt, will ich, dass sie Spielraum hat. Für mich ist es absolut in Ordnung, dass sich Dinge im Laufe der Zeit verändern. Das hängt natürlich davon ab, wie lange wir leben.
Was denken Sie über die Ähnlichkeiten zwischen dieser Sendung und Schweigen der Lämmer?
James Spader: Die Beziehungen zwischen den beiden beruht auf der Bildsymbolik. Im Pilotfilm. Ich denke, die beiden Elemente, die das herbeigeführt haben, ist das Bild von jemandem in einer Zelle. Das ist eine Funktion eines hochgradig Kriminellen und was man mit ihm anstellt, um die Gefahr einzudämmen. Das andere ist die Beziehung zu der jüngeren Frau. In diesem Fall ist es aber wirklich eine reale Beziehung, die auf zu diesem Zeitpunkt noch unbekanntem, aber sehr spezifischem und intimem Wissen über sie beruht, das auf die Vergangenheit anspielt. Das unterscheidet sich ganz offensichtlich von Schweigen der Lämmer, wo es mehr um psychopatische Besessenheit geht.
Würden Sie nicht auch mal gerne Regie führen?
James Spader: Ich denke schon. Da ist aber nur ein Problem... ich hasse Meetings. Sobald man hinter der Kamera steht, vervierfachen sich die Meetings. Das kann ich nicht aushalten. Ich mag es, einfach weggehen zu können.