30 Jahre Wiedervereinigung

Viele Familien würde es gar nicht geben

 EinheitsEXPO 30. Jahrestag Deutsche Einheit Potsdam, 10.09.2020: EinheitsEXPO zum 30. Jahrestag der Deutschen Einheit. Schwarz-rot-goldene Stoffbahnen fuehren zu einem Herz in den Farben Deutschlands mit Schriftzug: 30 Jahre. Begehbare Stadt-Kulisse zeigt 30 Tage lang Ausstellungen zum 30. Jubilaeum. Aufgrund der Corona-Pandemie verteilt sich die EXPO ueber das ganze Stadtgebiet. Potsdam Brandenburg Deutschland Zentrum *** Unity EXPO 30th Anniversary of German Unity Potsdam, 10 09 2020 Unity EXPO on the 30th Anniversary of German Unity Black red golden fabric panels lead to a heart in the colours of Germany with lettering 30 years Walk-in city Backdrop shows 30 days of exhibitions on the 30th anniversary Due to the Corona Pandemic the EXPO
EinheitsEXPO 30. Jahrestag Deutsche Einheit Potsdam, 10.09.2020: EinheitsEXPO zum 30. Jahrestag der Deutschen Einheit.
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28 Jahre lang war es nicht möglich das sich Ost-, und Westdeutsche lieben können. Die Wiedervereinigung 1990 machte es zum Glück wieder möglich das Menschen, egal aus welchem Bundesland sie kommen, sich nah sein können.

Ohne Wiedervereinigung wäre ich nicht auf der Welt

Hinweisschild auf Westberliner Seite - Brandenburger Tor in Berlin; Aufnahmedatum geschätzt

Sign on West Berlin Side Brandenburg goal in Berlin date geschätzt
Hinweisschild auf Westberliner Seite Brandenburger Tor in Berlin
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Ich bin 24 und in der Nähe von Leipzig geboren, also in der ehemaligen DDR. Meine Eltern sind beide in der DDR geboren und groß geworden. Und obwohl ich viel mit ihnen über ihre Kindheit und das Leben in der DDR gesprochen habe, ist es für mich immer noch unvorstellbar, dass mein Heimatland so viele Jahre geteilt war. Hätte es nicht die Wiedervereinigung gegeben, wäre auch ich nicht auf dieser Welt.

Denn auch meine Eltern hätten sich sonst nie getroffen, da mein Papa die DDR 1989 verlassen hat. Und so wie mir geht es ganz vielen Kindern in Deutschland. Ohne die Wiedervereinigung hätten sich ihre Eltern nie kennen und lieben gelernt. Meine Eltern sind im selben System aufgewachsen, aber wie ist das eigentlich für ein Paar im selben Land aber in zwei unterschiedlichen Staatssystemen aufgewachsen zu sein? Diese Frage habe ich Dirk und Annett aus Leipzig gestellt.

„Dank der Wiedervereinigung gibt es meine Familie“

2003 heiraten Dirk und Annett Fischer-Stephan
2003 heiraten Dirk und Annett Fischer-Stephan
Fam. Fischer-Stephan

Annett ist 1970 im sächsischen Leipzig geboren ihr Mann Dirk 1969 in der Nähe von Holzminden in Niedersachsen. 2001 lernten sie sich auf der Arbeit kennen und lieben. Dirk war bereits 1990 beruflich nach Leipzig gezogen, die ersten Eindrücke waren ein Kulturschock, erzählt er mir im RTL-Interview.

„Die Straßen waren abenteuerlich, auf den Autos lag morgens eine Rußschicht und überall an den Straßenrändern waren schwarze Haufen, weil im Osten noch mit Kohle geheizt wurde“ schildert er seine Erinnerungen an 1990. Als er 11 Jahre später seine zukünftige Frau kennenlernt, hatte sich äußerlich in Leipzig schon viel verändert, aber einige Unterschiede merkten sie dennoch in ihrer Beziehung.

„Mein Mann war viel weltoffener, er war schon so viel gereist, da hatte ich noch gar nicht das Bedürfnis danach“ erzählt Annett. Vor allem in ihrer Schulbildung merken die beiden einen großen Unterschied. „Wir haben immer wieder die Geschichte der Arbeiterklasse, der SED und der DDR in Geschichte gelernt, viel mehr war da nicht.“ erzählt Annett. Ihr Mann Dirk hat durch seine Schulbildung ein viel breiteres Allgemeinwissen, stellt sie häufig fest.

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„Was willst du denn beim Russen?“

Dirk, Annett und ihre Kinder Katharina und Johannes sind glücklich
Dirk, Annett und ihre Kinder Katharina und Johannes sind glücklich
Fam. Fischer-Stephan

Als Dirk sich entschließt in die „neuen“ Bundesländer zu ziehen, kann sein Vater das zunächst gar nicht nachvollziehen. Als er dann seine Frau Annett kennenlernt und klar wird das er in Leipzig bleiben würde hat sein Vater geschluckt und gefragt was er denn beim Russen will, erzählt Dirk.

Bei einem ersten Treffen mit der neuen Familie waren seine Eltern neugierig aber dennoch verhalten, denn den „Ossis“ gegenüber waren sie erstmal vorsichtig. Bei Annetts Eltern war das anders, sie waren offen, zu Zeiten der DDR auch eher Regimekritisch, sie haben die „Wessis“ nicht als den Klassenfeind angesehen.

Als Dirks Mutter 2006 nach Leipzig zieht, schließt sie endgültig die ehemalige DDR ins Herz. Annett erzählt das ihre Schwiegermutter von der Freundlichkeit und Offenheit der Menschen ganz begeistert war. Dirk bestätigt dieses Gefühl „Ich habe hier so nachhaltige Freundschaften, das habe ich vorher nie gehabt, in der alten BRD waren die Menschen viel egoistischer.“ Die unterschiedliche Herkunft wird immer ein Teil der Ehe von Annett und Dirk Fischer-Stephan sein, aber sie und ihre zwei Kinder sind glücklich so wie es ist. Vor allem sind sie dankbar das es zur Wiedervereinigung kam.

Gibt es solche Unterschiede auch bei jungen Ost-West Paaren?

Florian und Marie
Florian und Marie haben sich "klassisch" übers Internet kennen gelernt
Florian

Nachdem ich mit Dirk und Annett ein tolles Gespräch über ihre Beziehung als „Ost/West“ Paar hatte, habe ich mich gefragt: wie ist das eigentlich bei jungen Menschen? Existieren auch da noch Unterschiede? Obwohl sie nach der Wende geboren sind? Florian und seine Freundin Marie leben ebenfalls in Leipzig, ursprünglich kommt Florian aus Rheinland-Pfalz und Marie aus Sachsen-Anhalt. Kennengelernt haben sie sich „klassisch“ übers Internet haben sie mir im RTL-Interview erzählt.

Für beide ist die frühere Teilung Deutschlands heute kein Thema mehr. Unterschiede merken sie nur manchmal noch, an ihren Eltern. Florians Mutter kommt gebürtig aus der DDR und ist mit der Wende in die „alten“ Bundesländer umgezogen. „Mit meiner Schwiegermutter in Spe gerate ich manchmal aneinander“ erzählt Marie, „wenn ich Lebensmittel die lange abgelaufen sind wegschmeiße kann sie das gar nicht verstehen.“ Marie vermutet diese Einstellung ist auf das Leben in der DDR zurückzuführen, denn Lebensmittel waren oft knapp und deshalb heilig.

„Das ist selten ein Thema bei uns“

„Ich glaube die Mauer existiert bei jungen Menschen nicht mehr“ sagt Marie mir im RTL-Interview, „vielleicht noch bei Menschen die bis 1994 geboren sind, weil die viel Prägung durch ihre Eltern und Großeltern bekommen, aber eine Generation später ist sie glaube ich völlig verschwunden“ ergänzt Florian. Die offene und freundliche Art die Dirk und seine Familie so am Osten von Deutschland begeistert, wissen auch Florian und Marie zu schätzen.

Als Florian 13 Jahre ist zieht er mit seinen Eltern nach Leipzig „Hier wurde man nicht von der Oma weggescheucht, wenn man draußen gespielt hat, sondern sie hat einem Gummibärchen gegeben.“ Erzählt er. „Auch in der Schule war die Akzeptanz gegenüber anderen Menschen viel höher als an meiner alten Schule in Rheinland-Pfalz.“

Marie kann sich auch noch gut an ihre erste „West-Erfahrung“ erinnern. „Ich war mit meiner Oma in den „alten“ Bundesländern und wollte draußen spielen, aber wenn man vor einer fremden Garage gespielt hat wurde man schief angeschaut, meine Oma hat dann gesagt, das kannst du hier nicht machen.“ Die Geschichten von ihren Eltern aus der DDR interessieren beide sehr, dennoch sie sind froh das sie in einem geeinten Deutschland leben. Und vor allem, dass sie anders als ihre Eltern auf nichts verzichten müssen.

30 Jahre Wiedervereinigung – Danke!

Nach zwei spannenden Gesprächen mit Dirk und Annett und mit Marie und Florian habe ich festgestellt das die Mauer in den Köpfen der Menschen so gut wie verschwunden ist. Sie gehört natürlich zur deutschen Geschichte und die Generation, die in der DDR aufgewachsen ist, wird sie nie vergessen können.

Erlebnisse aus dieser Zeit zu erzählen, wird weiterhin in unsere Gesellschaft gehören, zum Glück! Denn meine Generation und die nächsten Generationen können daraus lernen. Eines haben wir glaube ich alle gemeinsam: wir sind glücklich in einem vereinten Deutschland zu leben.