Willensstärke, aber auch dunkle GedankenShawn Bradley: Das herzzerreißende Schicksal des NBA-Stars nach dem Horrorunfall

Alle drei Stunden schrillt in der Nacht das Signal. Shawn Bradley muss im Bett seine Position wechseln, um sich nicht wundzuliegen, dafür benutzt der 2,29-Meter-Riese Bänder, die an seinen Knien befestigt sind. Anders geht es nicht. Erst am Morgen kommt die Pflegekraft, um ihn für den Tag frisch zu machen.
"Werde ich langsam sterben?"
Bradley, früherer NBA-Profi, der auch kurz für das deutsche Nationalteam Basketball spielte, ist seit gut einem Jahr querschnittsgelähmt. Der 49-Jährige muss neben den enormen Herausforderungen, die der Schicksalsschlag mit sich brachte, wegen seiner Größe zusätzliche Hürden überwinden. Was im Sport sein Vorteil war, ist im neuen Alltag eine Belastung. Schon das Krankenhausbett war für ihn viel zu kurz.
Ein Ausflug am 20. Januar 2021 veränderte alles. Wenige Blocks von seinem Haus in St. George entfernt war Bradley wie so oft mit dem Rennrad unterwegs, eine an seine Größe angepasste Spezialanfertigung, als ihn beim Überholen eines parkenden Autos ein Van anfuhr. Mit fast 30 km/h krachte er in den stehenden Saturn Sedan und stürzte kopfüber auf den Asphalt. Sein Helm zerbrach. "Werde ich langsam sterben?", fragte sich Bradley, als er auf dem Boden lag und sich nicht bewegen konnte.
Er überlebte, doch sein Rückenmark wurde von verschobenen Wirbeln eingeklemmt. Bradley ist vom Brustkorb abwärts gelähmt, kann aber seine Arme benutzen. Erst seit November wohnt er wieder zu Hause bei seiner Frau Carrie sowie Haylie, Dubbie und Max, die er adoptierte. Bradley hat auch sechs eigene Kinder aus erster Ehe.
Bradley wiegt mittlerweile fast 160 Kilo
Seine Reha absolvierte Bradley in Dallas, wo er einst mit Dirk Nowitzki für die Mavericks spielte. Als dieser ihn gemeinsam mit Klubboss Mark Cuban besuchte, war das schwierig. "Wenn mich Menschen, denen ich sehr nahe stehe, zum ersten Mal so sehen, ist das emotional", sagte Bradley „Sports Illustrated“. Danach fühle er sich stets "extrem ausgelaugt".
Bradley wiegt mittlerweile fast 160 Kilo. Sein Rollstuhl, wie das Fahrrad "custom made", hat 8000 Dollar gekostet. Geld ist kein Problem, der frühere "Big Man" hat in seiner Karriere gut 70 Millionen Dollar verdient. Irgendwann will die Familie nach Dallas in ein neues Haus ziehen, das Bradleys Bedürfnissen besser angepasst ist. Er braucht mehr Platz.
Derzeit wird er mit einem kleinen Kran aus dem Bett in den Rollstuhl gehoben, das dauert 15 Minuten. Abends geht es umgekehrt, doch das soll aufhören, Bradley will es ohne Hilfe schaffen. "Wir halten das alle für möglich", so Bradley: "Wir sind noch nicht so weit - aber wir kommen dahin."
Bradley, als Sohn einer deutschen Mutter und eines US-Soldaten im pfälzischen Landstuhl geboren, ist nicht immer so positiv. "Vielleicht wäre es besser, wenn alles vorbei wäre", spuke es manchmal durch den Kopf: "Diese Gedanken schleichen sich ein – und sie sind real. Ich kann mir nicht vorstellen, darauf zu reagieren, aber ich habe sie definitiv." (tno/sid)