Schulden: So funktioniert die Zwangsvollstreckung

Was passiert in Nomalfall genau, wenn vollstreckt werden soll und der Gerichtsvollzieher in Gang gesetzt wird?
Die Zwangsvollstreckung ist das staatliche Verfahren, mit dem der Gläubiger zwangsweise seine Ansprüche gegen den Schuldner durchsetzen kann. Das ist wichtig, damit niemand zur Selbsthilfe oder gar Gewalt greift: Wer mit zweifelhaften Methoden Druck ausübt, überschreitet schnell die Grenze zur Nötigung.
Um seinen Anspruch durchsetzen zu können, benötigt der Gläubiger einen vollstreckbaren Titel. Das sind vor allem Urteile und Vollstreckungsbescheide. Im Fall Becker musste sich der Geschäftsmann durch zwei Instanzen klagen, um ein rechtskräftiges und vollstreckbares Urteil zu bekommen. Mit dem Urteil hat der Gläubiger einen vollstreckbaren Titel in der Hand, mit dem er sein Recht durchsetzen kann, falls der Schuldner nicht freiwillig zahlt.
Gerichtsvollzieher kann Gegenstände pfänden
Besitzt der Schuldner wertvolles Vermögen wie Schmuck, Gemälde, Möbel oder teure Autos, kann der Gläubiger den Gerichtsvollzieher beauftragen, in das bewegliche Vermögen des Schuldners zu vollstrecken. Der Gläubiger geht zum Schuldner und sucht zunächst das Gespräch. Der Schuldner bekommt das letzte Mal die Möglichkeit, freiwillig zu zahlen. Tut er dies nicht, kann der Gerichtsvollzieher in der Wohnung oder den Geschäftsräumen des Schuldners Gegenstände pfänden. Normalerweise nimmt er die Sachen nicht direkt mit, sondern klebt ein Pfandsiegel drauf, der sogenannte "Kuckuck". Die gepfändeten Gegenstände werden zu einem späteren Zeitpunkt versteigert. Der Erlös der Versteigerung wird zur Abdeckung der Kosten verwendet und an den Gläubiger ausgezahlt.
Zum Leben benötigte Sachen sind nicht pfändbar
Nicht pfändbar sind allerdings Sachen, die der Schuldner zum Leben oder Arbeiten benötigt. Das sind zum Beispiel Kleidungsstücke oder die notwendigsten Einrichtungsgegenstände. Findet der Gerichtsvollzieher keine Gegenstände, die pfändbar sind, ist die Pfändung fruchtlos verlaufen. Mit Auftrag der Gläubigers kann der Gerichtsvollzieher vom Schuldner verlangen, dass dieser durch eine eidesstattliche Versicherung sein Vermögen offenbart.
Weigert sich der Schuldner, diesen früher genannten "Offenbarungseid" abzugeben, kann er durch Haft zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung angehalten werden. Außerdem wird sowohl die eidesstattiche Versicherung wie auch die Haftandrohung in einem bei Gericht geführten Schuldnerverzeichnis eingetragen. Ein Eintrag im Schuldnerverzeichnis spielt bei der Beurteilung der Kreditwürdigkeit eine große Rolle.
Soll eine Geldforderung gepfändet werden, muss nicht unbedingt der Gerichtsvollzieher losgeschickt werden. Der Gläubiger hat die Möglichkeit, eine Forderung des Schuldners gegen einen Dritten pfänden zu lassen. Wichtigster Fall ist hier die Pfändung in das Arbeitseinkommen des Schuldners. Das beauftragte Vollstreckungsgericht erlässt einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss. Damit wird dem Arbeitgeber aufgegeben, einen Teil des Gehalts direkt an den Gläubiger des Schuldners auszuzahlen. Dem Schuldner bleibt aber immer ein Existenzminimum übrig, das sich nach seiner persönlichen Lebenssituation richtet. Hier spielt zum Beispiel eine große Rolle, ob er noch Unterhaltspflichten gegenüber seinen Kindern oder seiner Ehefrau hat.
Eine Zwangsvollstreckung kann sich auch auf die Herausgabe einer Sache richten. Wichtigster Fall ist hier die zwangsweise Räumung einer Wohnung. Hat der Mieter Mietschulden bei seinem Vermieter und hat der Vermieter einen Räumungstitel vom Gericht erhalten, dann muss auch hier der Gerichtsvollzieher ran. Er lässt dann die gesamte Wohnung räumen, notfalls mit Gewalt und Hilfe durch die Polizei.
Wer eine Zwangsvollstreckung durchführen lassen möchte, sollte sich unbedingt an einen Anwalt wenden. Denn das Verfahren kann sich als sehr kompliziert herausstellen und der Anwalt weiß, wie die Anträge richtig gestellt werden müssen, damit der Gläubiger so schnell wie möglich sein Geld bekommt.