623 Kilometer Kabel für die Energiewende
Stromnetz-Projekt NordLink geht offiziell an den Start

NordLink – das soll die Zukunft der europäischen Stromversorgung werden. Ein 623 Kilometer langes Stromkabel mit einer Leistung von 1400 Megawatt verläuft auf dem Meeresboden zwischen Norwegen und Schleswig-Holstein – und versorgt Deutschland schon seit Ende März mit Ökostrom aus dem skandinavischen Land. Das „grüne Kabel“ ist ein enorm wichtiger Baustein für die europäische Energiewende und wird am Donnerstag offiziell per Video-Schalte eingeweiht, unter anderem von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther.
Wichtiger Schritt für Energiewende

Das Ziel des Projektes ist es, Schwankungen der Stromerzeugung durch Windkraft in Norddeutschland auszugleichen. Und das bedeutet konkret: In Zeiten, in denen in Deutschland eine Windflaute herrscht und Strom aus Windkraft fehlt, liefert das Kabel Strom aus norwegischer Wasserkraft. Und auch andersherum – überschüssiger Strom aus Windkraft kann nach Norwegen exportiert werden. Das ist wichtig, denn Windkraft kann nicht gespeichert werden, Wasserkraft hingegen schon. In der Praxis bedeutet das: Das Seekabel kommt im Schleswig-holsteinischen Büsum an Land, von dort aus führt ein Erdkabel bis zum Umspannwerk Wilster im Landkreis Steinburg. Dort wird der norwegische Gleichstrom zu Wechselstrom umgewandelt und kann dann in das deutsche Netz eingespeist werden. Alleine das Umspannwerk in Wilster kann so mehr als 3,6 Millionen Haushalte mit erneuerbarer Energie versorgen.
Reduzierung der Treibhausemissionen

Die Leistung des Seekabels liegt bei rund 1400 Megawatt und entspricht der eines Atomkraftwerks. Somit sollte, nach Abschaltung des letzten Atomkraftwerks Schleswig-Holsteins am Ende des Jahres, die Stromversorgung sichergestellt sein. Zusätzlich ist NordLink ein wichtiger Baustein, um die Minderung der Treibhausemissionen, im Norden sowie deutschlandweit, um 80 bis 95 Prozent bis 2050 zu erreichen. Das Projekt helfe dabei, die Klimaziele zu erreichen und sei ein Meilenstein, so Daniel Günther am Donnerstag im RTL-Interview. Auch Kanzlerin Angela Merkel macht in der Eröffnungszeremonie deutlich, wie wichtig NordLink für die Energiewende sei, denn nur so könne die Transformation erreicht werden.
Deutschlandweiter Ausbau schwierig
Das Umspannwerk Wilster soll künftig auch den Strom in den Süden von Deutschland transportieren. Somit muss die Energie aus dem Norden in die Industrie- und Bevölkerungszentren im Westen und Süden des Landes gebracht werden. Drei große Nord-Süd-Stromautobahnen sind für den Transport notwendig und sollen bis 2025 beziehungsweise 2026 fertiggestellt werden. Das Problem: Umweltverbände und Bürgerinitiativen wehren sich gegen den Ausbau der Hochspannungstrassen und sehen diesen als überdimensioniert und nicht notwendig an. Mit dieser Haltung stellen sie sich somit auch gegen die Grünen, die das Projekt für wichtig halten. Es brauche eine Entwicklungsperspektive und es sei wichtig, den Ausbau voranzutreiben. Zudem seien deutschlandweite Umbaumaßnahmen notwendig, um eine Energiewende zu beschleunigen, sagt Schleswig-Holsteins Umweltminister Jan-Philipp Albrecht während der digitalen Eröffnungszeremonie. Klagen der Gegner gegen das Projekt werden den Ausbau vermutlich verzögern.
Drohen uns "Blackouts"?
Eine weitere Herausforderung für ein deutschlandweites Stromnetz ist die Abhängigkeit von Sonne und Wind. Denn im Stromnetz muss eine konstante Frequenz von 50 Hertz gehalten werden – sonst drohen sogenannte Blackouts. Die Folge: deutschland– und sogar europaweite Stromausfälle. Eine engere Verzahnung der Stromnetze und ein reibungsloser Stromaustausch unter den europäischen Ländern soll das verhindern.
Norwegen und Deutschland teilen sich die Kosten
Der Ausbau des Stromnetzprojekts NordLink beginnt 2016 und kostet insgesamt rund 1,8 Milliarden Euro. Eine Hälfte der Kosten übernimmt das norwegische Energieunternehmen Statnett, den restlichen Betrag teilen sich Netzbetreiber Tennet und die deutsche Förderbank KfW.(srö)