Netflix-Spin-off
"Queen Charlotte" war eine Prinzessin aus Deutschland

"Fiktion inspiriert von Tatsachen", mit diesem Worten wird die erste Folge der Netflix-Serie "Queen Charlotte: Eine Bridgerton-Geschichte" eingeleitet. Wie viel Wahrheit tatsächlich im Spin-off steckt, erfahren Sie hier.
"Bridgerton"-Spin-off hat jetzt schon viele Fans
Das "Bridgerton"-Spin-off "Queen Charlotte: Eine Bridgerton-Geschichte" erfreut sich größter Beliebtheit. Wie auch die Hauptserie feiert die Produktion von Star-Produzentin Shonda Rhimes große Erfolge. Bereits in den ersten vier Tagen nach Release verbuchte die Serie 148 Millionen geschaute Stunden und erzielte damit die viertbeste Eröffnungswoche des Jahres.
"Queen Charlotte" ist von geschichtlichen Fakten inspiriert

Doch auch wenn sich die beiden Serien von der Aufmachung her ähneln unterscheidet sie eine Sache doch gewaltig: Während "Bridgerton" vollständig auf der gleichnamigen fiktiven Romanreihe von Julia Quinn beruht, orientiert sich das Prequel an geschichtlichen Geschehnissen. So leitet Lady Whistledown die Serie zu Beginn der ersten Folge auch mit den Worten "Fiktion inspiriert von Tatsachen" ein. Denn die Macher der Produktion orientieren sich an der wahren Geschichte von Sophie Charlotte zu Mecklenburg-Strelitz, die am 19. Mai 1744 im mecklenburg-vorpommerischen Mirow geboren wurde.
Auf Schloss Mirow, das heute ein Museum ist, wuchs sie zusammen mit ihren fünf Geschwistern als Tochter des nicht-regierenden Herzog Carl Ludwig Friedrich zu Mecklenburg und der Prinzessin Elisabeth Albertine von Sachsen-Hildburghausen in größter Einfachheit auf.
"Auf der Schlossinsel im Oberen Schloss und heutigen Schlossmuseum lebte zu dieser Zeit ihre Großmutter Christiane Aemilie Anthonie, bei der sie tagtäglich ein- und ausging", verriet Frau Dr. Susanne Bocher, Schlossleiterin des Schloss Mirow dem stern. Nach dem Tod ihres Vaters sei Sophie Charlotte mit ihrer Mutter dann in das Obere Schloss gezogen.
Queen Charlotte: Klug, fröhlich und ein Familienmensch
Dort genoss sie eine vorzügliche Schulbildung, lernte mehrere Sprachen, darunter Italienisch und Französisch, und wurde in den naturwissenschaftlichen, musischen und hauswirtschaftlichen Fächern unterrichtet. Auch Briefe soll sie liebend gerne geschrieben haben. Die zahlreichen Liebesbriefe, die sie später an König George III. schreiben wird, gibt es noch heute. In ihrer Freizeit unternahm die spätere Königin zudem viel mit ihren Geschwistern. Kahnpartien auf dem Mirower See, Ausfahrten nach Neustrelitz und fröhliche Tage auf dem ländlichen Erntefest boten Abwechslung zum Prinzessinnen-Alltag Charlottes.
Lese-Tipp: Abo-Hammer! Streaming-Dienst Netflix bittet Passwort-Teiler zur Kasse
Wie auch in der Serie reist Sophie Charlotte im zarten Alter von 17 Jahren an Bord der königlichen Yacht mitsamt drei Bediensteter 22 Tage lang nach Großbritannien, um Frau von König George III. und damit auch Königin von England und Irland zu werden. Das Schiff wurde damals extra für sie in ROYAL CHARLOTTE umbenannt. Die Wahl des Königs fiel auf die deutsche Prinzessin, da England die Heirat mit der Kandidatin eines unbedeutenden Fürstentums beabsichtigte. Zudem wollte George III. eine Frau, die gehorsam, still und devot blieb. Charlotte erschien ihm dafür geeignet. Die beiden heirateten am 22. September 1761 – demselben Tag, an dem Charlotte im Vereinigten Königreich eintraf.
"Klein, verwachsen, mit einem wahren Mulattengesicht"

Letztendlich stimmte er der Heirat mit den unromantischen Worten: "Es ist nicht in allen Einzelheiten das, was ich mir wünsche, aber dennoch bin ich entschlossen, mich hiermit festzulegen" zu. Der Bevölkerung jedoch missfiel seine Wahl. Bis heute sorgt der Kommentar des damaligen Arztes Freiherr Christian Friedrich von Stockmar für Aufsehen, der Charlotte als "klein, verwachsen" und "mit einem wahren Mulattengesicht" beschrieb – Aussagen, die die Theorie Rhimes, Charlotte sei die erste schwarze Königin Englands, begründen. Zwar findet sich unter Charlottes Vorfahren tatsächlich ein unehelicher Nachfahre des portugiesischen Königs Alfonso und einer nordafrikanischen Muslimin, jedoch liegt dies bereits zwanzig Generationen zurück.
Das Königspaar verstand sich von Beginn an prächtig, auch wenn Charlotte bei ihrer Ankunft kaum ein Wort Englisch sprechen konnte. Dafür soll sie aber zwei Pomeranians mitgebracht haben. In der Serie hingegen bekommt sie einen von George geschenkt.
King George & Queen Charlotte: Die langweiligste Ehe Europas
Knapp ein Jahr nach ihrer Hochzeit kam ihr erster Sohn zur Welt, es folgten vierzehn weitere Kinder, von denen zwei bereits im Kindesalter verstarben. Die Ehe der beiden galt als glücklich und friedlich, der Hof als "langweiligster in Europa", da es hier an Affären und Drama mangelte. Seine Gemahlin soll der König stets als seinen "Schatz aus Strelitz" bezeichnet haben. Er beschrieb sie als "eine Prinzessin, die sich durch jede wichtige Tugend und jede wichtige Eigenschaft hervortut".
Auch gemeinsame Interessen sollen das Paar verbunden haben. Seit ihrer Jugend interessierte sich Charlotte für Botanik. Ihrer Leidenschaft ging sie auch als Königin nach, indem sie den Aufbau der berühmten botanischen Sammlungen von Kew unterstützte. Diese Aktivität brachte ihr letztendlich den Namen "Queen of Botany" ein. Georges Begeisterung für Landwirtschaft und Ackerbau brachte ihm hingegen den Namen "Farmer George" ein, den die Macher der Serie ebenfalls aufgriffen.
Die wahren Anekdoten der Serie: Mozart und Georges Wahnsinn
Nach Mirow kehrte Charlotte nicht mehr zurück, "eine solche Auslandsreise war für eine englische Königin damals nicht möglich", erklärt Bocher. Mittels Briefverkehr hielt sie jedoch stets Kontakt zu ihrer Familie, zu der sie eine gute Beziehung pflegte. Ihre Brüder nannte sie beispielsweise liebevoll "Lotchen", eine Vertrautheit, die zu damaliger Zeit eine Seltenheit war.
Die Macher der Serie orientierten sich jedoch nicht nur an der Person der Charlotte, sondern auch an wahren Ereignissen, die das Leben der Königin prägten. In der dritten Folge des Prequels sieht man den jungen Wolfgang Amadeus Mozart für die Königin und ihre Hofdamen musizieren. Dieser reiste tatsächlich im Alter von nur acht Jahren von Österreich nach England, um dort zum vierten Jubiläum der Krönungsfeier gemeinsam mit der Königin zu musizieren. Dafür widmete er ihr sogar sein Opus III. Charlotte selbst gilt als sehr musikalisch. Gesangsunterricht erhielt die Königin bei keinem geringeren als Johann Sebastian Bach.
Auch die Krankheit Georges beruht auf wahren Begebenheiten. Der König litt tatsächlich unter einer bipolaren Störung und ging als "Mad King George" in die Geschichte des Landes ein. Jedoch erlitt er seinen ersten Schub erst im Jahre 1765, demnach vier Jahre nach Charlottes Ankunft. Erst ab 1810 sollen die Schübe sich verschlimmert haben. George ging es schlussendlich so schlimm, dass er weder Napoleons Niederlage 1815 noch Charlottes Tod 1818 realisierte.
Apropos Frankreich: Zu Charlottes engsten Vertrauten zählte Marie Antoinette, mit der sie rege Briefe austauschte. Eine schwarze Freundin – wie in der Netflix-Serie Lady Danbury – hatte die Königin zu damaligen Zeiten aus gegebenen Gründen offensichtlich nicht.
Hinweis: Dieser Artikel erschien zuerst bei stern.de.