Ein Kommentar aus dem "heute wichtig"-Podcast
Preiserhöhung im Nahverkehr – danke für nichts!
von Dimitri Blinski
Ob wir wollen oder nicht, am Ende jeden Jahres bekommen alle von uns ein großes Geschenk von den regionalen Verkehrsverbünden unter den Baum gelegt: Die traditionelle Preiserhöhung für Bus und Bahn. Hach, da wird man direkt ganz besinnlich.
Fast neun Prozent mehr für Nahverkehr
Letztes Jahr wurden bis zu 5,5 Prozent draufgeschlagen, in diesem Dezember kündigen die Verkehrsgesellschaften bis zu 8,8 Prozent an. Absoluter Spitzenreiter ist der Verkehrsverbund Rhein-Neckar, der deckt Teile von Hessen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg ab. Ab Januar wird das Bus- und Bahnfahren dort im Schnitt um 8,83 Prozent teurer. Dazu möchte ich den VRN beglückwünschen – bei der „heute show“ gibt’s für solche Aktionen den „Vollpfosten des Jahres“ – wir belassen es erst mal bei dieser Ehrung hier.
Ja – ich höre schon die Stimmen der Verkehrsverbünde, natürlich haben Sie es auch nicht einfach – das Geld muss irgendwo herkommen. Nein, nicht irgendwo, sondern von den Bundesländern und aus dem Verkehrsministerium - Herr Wissing, wie sieht’s aus?!
Das Verkehrsministerium verschläft die Mobilitätswende
Mal im Ernst: Wir wollen in Deutschland die Menschen dazu bewegen, dass sie zunehmend vom Auto, in Bus und Bahn umsteigen. Das 9-Euro-Ticket hat gezeigt, dass es gehen kann. Nun war es aber so ein großer Erfolg, dass das Verkehrsministerium in Berlin sich gedacht hat – ach ja, Erfolge brauchen wir hier nicht. Wenn wir schon die Klimaziele kolossal verfehlen, dann soll auch beim öffentlichen Nahverkehr bitte alles so bleiben, wie es ist.
Anders kann ich mir kaum erklären, dass immer noch unklar ist, wann der etwas unattraktivere Nachfolger, das 49-Euro-Ticket kommt. Ursprünglich mal für Januar geplant, dann März, April oder vielleicht doch erst im Mai?!
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Der ICE verbindet vor allem Metropolen
Wo sind die Anreize, wo ist der Wille, dass ich wirklich mein Auto verkaufe und auf die Bahn umsteige? Gut, ich habe gar kein Auto und fahre schon längst Bahn. Und ich bin von Berlin nach Köln mit dem ICE schneller und oft günstiger dran als mit dem Auto. Die absoluten Vorzeigestrecken sind Köln – Frankfurt in unter einer Stunde und Berlin – Hamburg in 90 Min. Top Job, Deutsche Bahn!
Wenn das Auto günstiger ist als der Zug
Wenn man es aber wagt, die Metropolen zu verlassen, ja dann ist das Auto oft immer noch attraktiver. Von Hamburg nach Lübeck fährt man für 15 Euro mit der Bahn, zahlt aber nur 11,80 Euro für den Sprit, da stimmt etwas mit der Rechnung nicht.
Das 49-Euro-Ticket wird ein echter Gewinn, zumindest für all diejenigen, die sowieso schon regelmäßig Bahn fahren. Autofahrer, die nur mal gucken wollen, wie es so ist im Zug, locken wir damit wahrscheinlich nicht auf die Schiene. Dafür sind 50 Euro einfach zu viel Geld.
Berlin schafft den Rekord
Die Berliner Verkehrsbetriebe haben vor Kurzem einen Abo-Rekord gefeiert – dank des nur in Berlin eingeführten 29-Euro-Tickets. Überzeugend ist der Preis, gepaart mit einem dichten Netz und hohen Takt.
Ganz egal ob der Bus zu selten kommt, eine Bahnlinie stillgelegt wird, ob man sich kaum noch reinquetschen kann oder viel Platz hat, weil der Regionalexpress alle 20 Minuten fährt – das alles ist politisch genau so gewollt. Denn die Länder bestellen den ÖPNV und bestimmen, wie oft die S-Bahn nach Buxtehude oder Oranienburg fährt.
Der Nahverkehr darf nicht zum Luxusgut werden, er muss kein Geld verdienen – die Regierung muss ihn sich einfach leisten wollen, denn jeder sollte das Recht auf Mobilität haben.