Kaiser der Bobfahrer in China wieder ganz oben
Francesco Friedrich: Mit Schumi-Mentalität und Frauen-Bob zu Olympia-Gold
Ob nun Friedrich der Große oder, in Anlehnung an seinen Spitznamen, Kaiser Franz – eines ist klar: Francesco Friedrich ist der absolute Herrscher der Bobpiloten. Bei den Olympischen Winterspielen in Peking hat der deutschen Fahnenträger im Eiskanal zunächst Probleme, ehe er doch wieder allen davonfährt. Auch dank seiner Schumi-Mentalität und eines Frauen-Bobs.
Pure Dominanz
Frei nach Fußball-Legende Gary Lineker könnte man sagen: Bobfahren ist ein Sport, in dem sich tollkühne Menschen zu zweit oder zu viert eine Eisrinnen runter stürzen – und am Ende gewinnt Franceso Friedrich.
Wohl kaum ein Athlet dominiert seine Sportart derart wie Friedrich den Bobsport (und zwar Zweier- wie Viererbob) seit einigen Jahren. Nach Doppel-Gold in Pyeongchang 2018 legte Friedrich beim historischen Hattrick der Deutschen in Peking im Zweier nach. Alles andere als der nächste Gold-Doppelpack mit einem Triumph im Vierer wäre eine Überraschung.
Dabei hatte sich die Bahn in Yanqing für Friedrich anfangs noch gar nicht goldig angefühlt. Im Training lief es für den Dominator nicht, Teamrivale Andreas Lochner fuhr ihm „um die Ohren“, wie er sagte.

Friedrich schnappt sich Frauen-Bob
Dann aber stellte Friedrich die Weichen auf Sieg, indem er den Bob wechselte. Er setzte sich in das Gefährt von Europameisterin Kim Kalicki, dessen Setup besser auf die chinesische Bahn abgestimmt war – und fuhr fortan wieder allen davon. Gewiss: Im 2. Durchgang machte Lochner nochmal Dampf, kam bis auf 0,15 Sekunden an Friedrich heran.
Der aber blieb mit Anschieber Thorsten Margis gewohnt cool, konterte im dritten Lauf mit Bahnrekord, lag nach vier Durchgängen 0,49 Sekunden vor Lochner. Einen solchen Vorsprung hatte es in einem olympischen Zweier-Rennen seit Calgary 1988 nicht mehr gegeben.
"Da bin ich wie Schumi"
Im Frauen-Bob zum dritten Olympia-Gold – ein Schachzug, der durchaus zeigt, wie Friedrich tickt. Für den Erfolg tut der 31-jährige Sachse alles. Abgeschaut habe er sich diesen maximalen Siegeswillen von Formel-1-Legende Michael Schumacher. „Ich habe bei Schumi dieselbe Mentalität wie bei mir selbst gesehen. Er wollte immer gewinnen, hat aus jedem Teammitglied das Optimale herausgeholt. Da bin ich wie Schumi. Wenn man diese Mentalität nicht hat, ist man kein Siegfahrer, dann ist man immer nur gut dabei“, sagte Friedrich.
Die Bezeichnung Siegfahrer ist für Friedrich freilich fast schon eine Untertreibung. Seit Jahren gewinnt er im Weltcup Rennen um Rennen. Bob-Wochenenden haben mittlerweile eigentlich nur noch Nachrichtenwert, wenn Friedrich einmal nicht ganz oben steht und geschlagen wird. 66 Weltcup-Siege – Rekord! – viermal der Triumph im Gesamtweltcup (Zweier- und Viererbob) in Serie sprechen eine klare Sprache.
In China kann sich Friedrich endgültig unsterblich machen. Mit einem vierten Olympia-Sieg würde er mit Bob-Ikone Andre Lange gleichziehen. Das Gold-Double bei Olympia in Folge hat allerdings auch Lange nicht geschafft. Friedrich hat es fest im Blick. Und in die Hall of Fame des deutschen Sports wird er eines Tages sowieso kommen – zu Michael Schumacher. (mar)