Straßenkunst und ukrainische Nationalhymne in Hamburg

Oleksandras Kolumne: Wie bist du, Deutschland? Reise in ein neues Leben

Oleksandra Khala in Hamburg
Oleksandra Khala in Hamburg
privat / O. Khala
von Oleksandra Khala

Hallo, mein Name ist Oleksandra. Ich bin 28, Ukrainerin und habe in den letzten 10 Jahren in Kiew gelebt, studiert und als TV-Moderatorin gearbeitet. Der Krieg hat mich jedoch gezwungen, diese Stadt zu verlassen und in ein für mich völlig neues Land zu ziehen. Seit Anfang März lebe ich in Deutschland, entdecke seine wunderbare Kultur und lerne neue Orte kennen. Auf diese Reise möchte ich euch Deutsche mitnehmen – um zu beschreiben, wie ich dieses Land erlebe. Aber auch meine ukrainischen Landsleute hier in Deutschland sowie die in meiner Heimat, die Deutschland nicht kennen. Es gibt viele Klischees über dieses Land. Aber ich glaube, dass Deutschland nicht nur Pünktlichkeit, leckeres Bier und Bratwürste bedeutet.

Hamburg empfängt mich mit schlechtem Wetter

Grauer Himmel über Hamburg
Grauer Himmel über Hamburg
O. Khala

Nach meinem Deutschland-Start in Nordrhein-Westfalen lerne ich als nächstes Hamburg kennen. Eine große Metropole mit moderner Architektur, Tausenden von Kanälen, lauten (und manchmal frechen) Möwen, wechselndem Wetter und Menschen, die wissen, wie man Spaß hat. Hamburg hat mich nicht sehr freundlich empfangen - der graue, schwere Himmel hing über der Stadt, es war nass und windig und ich wollte den warmen Waggon des Zuges nicht verlassen. Aber ich war optimistisch, denn der alte Spruch „Es gibt kein schlechtes Wetter – nur schlechte Kleidung“ stimmt. In der Tat sollte man bei der Planung einer Reise nach Hamburg das Wetter mit einplanen. Schließlich ist Hamburg nur eine Autostunde von der Nordsee entfernt. Daher ist es oft windig und regnerisch.

Moderne HafenCity und Elbphilharmonie

25.05.2022, Hamburg: Die Elbphilharmonie im Hamburger Hafen. Für den Besuch der beliebten Aussichtsplattform in der Hamburger Elbphilharmonie könnte bald Eintritt fällig werden. Foto: Daniel Reinhardt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Elbphilharmonie und Hafen in Hamburg
dan, dpa, Daniel Reinhardt

Meinen Rucksack lasse ich im Hotel und mache mich direkt auf Erkundungstour – bewaffnet mit einem großen Regenschirm. Das Wetter ist immer noch ziemlich launisch, aber ich finde, dass sowohl der Regen als auch der graue, düstere Himmel unglaublich gut zu Hamburg passen. Die Straßen mit den vielen Brücken und rotbraunen Backsteingebäuden haben dadurch einen ganz besonderen Charme. Das erste, was ich sehen möchte, ist die berühmte Hamburger HafenCity und die moderne Elbphilharmonie. Ich bin beeindruckt von deren Form und Größe: Sie erinnert mich an eine große Meereswelle oder einen Eisberg. Meiner Meinung nach sind beide – Hafencity und Elbphilharmonie - eine Verkörperung des Genies und Einfallsreichtums des menschlichen Geistes.

Ich bin überrascht, dass der Eintritt und die Aussichtsplattform kostenlos sind. Ehrlich gesagt hat mich der Blick auf die Elbe und den Hamburger Hafen so beeindruckt, dass ich mindestens eine Stunde den stürmischen Fluss und die zahlreichen Lastkähne und Schiffe beobachtet habe.

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Speicherstadt - vom Hafenspeicher zum UNESCO-Weltkulturerbe

Speicherstadt Hamburg
Speicherstadt Hamburg
O. Khala, O. Khala

Meine nächste Station ist die Speicherstadt – ein weiterer berühmter Hamburger Stadtteil. Früher dienten die Backsteinbauten dieses Stadtteils tatsächlich als Lagerhäuser im Hamburger Hafen, heute ist er vor allem eine Touristenattraktion und ein berühmtes Wahrzeichen der Stadt (und sogar ein UNESCO-Weltkulturerbe). Während ich zwischen Kanälen und riesigen Lagerhäusern spaziere, kreischen über mir die Möwen. Es kommt mir für einen Moment so vor, als würde ich die gleiche Atmosphäre spüren, die hier schon vor etwa 100 Jahren herrschte.

Portugiesenviertel - Portugal in Hamburg

Unterwegs in Hamburg
Unterwegs in Hamburg
O. Khala, O. Khala

Hamburg ist eine multinationale Stadt. Hafenstädte sind seit Jahrhunderten die wichtigsten Handelszentren, und Hamburg ist da natürlich keine Ausnahme. Das Portugiesenviertel ist voller authentischer Restaurants und Cafés. Vor einem plötzlich eintretenden Regenschauer habe ich mich ins Café Sul geflüchtet. Hier habe ich mir mein portugiesisches Lieblingsgebäck bestellt – Pastel de Nata - ein mit Pudding gefüllter Blätterteigkuchen.

Ich war immer schon fasziniert von den Megastädten der Welt, in denen Menschen aller Nationalitäten leben und gleichzeitig ihre eigene Identität, Sprache und Kultur bewahren. Hamburg ist eine solche Stadt, offen und liberal.

Sankt Pauli und Karolinenviertel - kreative Szene-Viertel

Graffiti in St. Pauli, Hamburg
Graffiti im Karolinenviertel in Hamburg
O. Khala, O. Khala

Wenn ich eine Stadt zum ersten Mal besuche, versuche ich immer, nicht zu lange in beliebten Touristengegenden zu bleiben, sondern suche nach kreativen Gegenden. Mich interessiert, wie Einheimische Zeit verbringen und Spaß haben und sich als Teil der Stadt fühlen. Deshalb waren Sankt Pauli und das Karolinenviertel wichtige Punkte auf meiner Hamburg-Liste. Früher waren das typische Arbeiterviertel – jetzt sehe ich hier viele kreative Jugendliche und Studenten. Das Viertel wirkt auf mich wie eine Art Kultur- und Kunstzentrum.

Sankt Pauli ist berühmt für sein Vergnügungs- und Rotlichtviertel, hier gibt es Nachtleben mit Partys, 24-Stunden-Restaurants und Bars. Das Karolinenviertel ist ein trendiges Modeviertel, das mich mit vielen Vintage-Läden, kleinen Juweliergeschäften, lokalen Bars und Cafés überrascht hat. Die Gegend ist ein echter Geheimtipp für Straßenkunst, die Wände vieler Häuser sind mit farbenfrohen, wunderschönen Wandmalereien und Graffiti verziert. Ich habe hier ein paar Stunden damit verbracht, diese tollen Kunstwerke zu entdecken. Für mich sind sie alleine schon ein Grund, nach Hamburg zu kommen.

Solidarität und Hilfe

Benefiz-Fußballturnier in Hamburg am 28.5.2022
Benefiz-Fußballturnier für die Ukraine in Hamburg am 28.5.2022
O. Khala, O. Khala

Während meines Aufenthalts in Hamburg konnte ich ein sehr wichtiges und interessantes Ereignis erleben – das Benefiz-Fußballspiel „All Stars for Ukraine“, das mit Unterstützung des Solidaritätspaktes der Zukunft zwischen Kiew und Hamburg stattfand. Der Zweck dieser Veranstaltung war es, Solidarität mit dem ukrainischen Volk auszudrücken sowie Geld und notwendige Dinge für Ukrainer zu sammeln, die unter der russischen Aggression gelitten haben.

In der riesigen Fußballarena habe ich viele meiner Landsleute gesehen. Die meisten Zuschauer waren jedoch Deutsche, die Solidarität für das ukrainische Volk zeigen wollten. Die Veranstaltung hat mit der Nationalhymne der Ukraine begonnen – das war ein sehr emotionaler Moment. Als ich nach dem Spiel zum Zug geeilt bin, habe ich gedacht: "Danke Hamburg".

Kolumne auf Ukrainisch lesen

Hier finden Sie die Kolumne über meine Reise durch Deutschland auf Ukrainisch.

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