Phänomen "Covid-Klarheit"Corona treibt Millionen Menschen zum Jobwechsel

Corona ist weltweit ein noch nie dagewesener Einschnitt: für die Politik, für die Medizin und auch für die Wirtschaft. Corona-Maßnahmen und Lockdowns haben viele Menschen zum Umdenken bewegt und für eine Neuausrichtung im Beruf gesorgt. „Covid-Klarheit“ nennt sich das neue Phänomen – und wird für einige Branchen bedrohlich.
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Keine Anerkennung für die Arbeit
Unzählige Menschen haben nach einem Bericht der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) ihre Prioritäten in der Corona-Pandemie neu sortiert und ihre Tätigkeitsfelder verlassen. In manchen Branchen werde es immer schwieriger, Positionen zu besetzen, sagte ILO-Generaldirektor Guy Ryder am Montag in Genf. Er nannte die Gastronomie, den Einzelhandel sowie Pflegeberufe.
Das Phänomen werde als „Covid-Klarheit“ bezeichnet, sagte Ryder: Menschen seien sich in der Pandemie klar darüber geworden, dass ihre Arbeit nicht ihre Erwartungen erfülle oder sie nicht die gewünschte Anerkennung bekämen. Viele Menschen seien aus diesen und anderen Gründen nicht aktiv auf Arbeitssuche. Die wahre Zahl der Arbeitslosen sei deshalb sicher höher als es offizielle Statistiken nahelegten. Die ILO ist eine Sonderorganisationen der Vereinten Nationen.
"Globalen Arbeitsmärkte erholen sich deutlich langsamer als erwartet“
Nach Hochrechnungen der offiziellen Statistiken dürften in diesem Jahr rund 207 Millionen Menschen weltweit arbeitslos sein, wie aus dem ILO-Bericht über Beschäftigungstrends 2022 hervorgeht. Das wäre zwar eine Verbesserung verglichen mit 2021 (214 Millionen) und 2020 (224 Millionen). Im Jahr vor der Corona-Pandemie, 2019, waren es aber nur 189 Millionen. „Die globalen Arbeitsmärkte erholen sich deutlich langsamer als erwartet“, sagte Ryder. Die ILO rechnet damit, dass die Zahl der Arbeitslosen mindestens bis 2023 über dem Vorkrisen-Niveau bleibt. Gründe seien etwa die besonders ansteckenden Coronavirus-Varianten Delta und Omikron und die Unsicherheit über den Verlauf der Pandemie.
2022 dürfte es nach ILO-Berechnungen verglichen mit Ende 2019 ein Arbeitsstundendefizit geben, das 52 Millionen Vollzeitstellen mit 48-Stunden-Woche entspricht. Vor acht Monaten war die ILO noch optimistischer und hatte für dieses Jahr mit einem Minus gerechnet, das nur 26 Millionen Vollzeitstellen entsprochen hätte. Alle Zahlen sind bereinigt um das Bevölkerungswachstum. (dpa/aze)