Beim Deutschen Schwimm-Verband melden sich weitere Missbrauchs-Opfer
Nach Missbrauchs-Vorwürfen im Schwimmen: Staatssekretär deutet Überprüfung der Fördergelder an

Nachdem der frühere Wasserspringer Jan Hempel den Deutschen Schwimm-Verband (DSV) mit seinen schweren Vorwürfen belastet hat, kommt offenbar eine ganze Welle voller Missbrauchsvorwürfe ins Rollen. "Es kommen täglich Fälle dazu", beschreibt DSV-Leistungssportdirektor Christian Hansmann die erschreckende Situation. Und der zuständige Staatssekretär deutet Überprüfung der Fördergelder an.
Aufarbeitung wird dauern
Bei der Beauftragten für Prävention sexualisierter Gewalt, Franka Weber, seien Meldungen "vieler Geschädigter und Opfer" eingegangen, so Hansmann am Rande der Schwimm-EM in Rom.
Der viermalige Europameister Hempel hatte in einer ARD-Dokumentation von jahrelangem sexuellen Missbrauch durch einen Trainer berichtet und dem DSV und Wassersprung-Bundestrainer Lutz Buschkow vorgeworfen, davon gewusst zu haben und nicht tätig geworden zu sein.
Buschkow wurde daraufhin am vergangenen Donnerstag vom Verband freigestellt. "Natürlich sind die Vorwürfe sehr schwerwiegend", sagte Hansmann, "das aufzuarbeiten, geht nicht von heute auf morgen."
Womöglich muss der Deutsche Schwimm-Verband (DSV) um öffentliche Fördermittel bangen. Das deutete Mahmut Özdemir (SPD), für den Sport zuständiger Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium, in einem am Sonntag veröffentlichten Beitrag der „Sportschau“ an. Ein Verband, der sich nicht an Auflagen und Bedingungen für Fördermittel halte, „der sexualisierte Gewalt, Doping oder andere interpersonelle Gewalt duldet, nicht aufklärt, vertuscht - solche Verbände dürfen keinen Cent von Steuermitteln bekommen“, sagte Özdemir, ohne allerdings den DSV konkret eines dieser Dinge zu beschuldigen.
"Arbeiten dran, dass es nicht wieder passiert"

Der frühere Freiwasserschwimmer verwies auf erste Maßnahmen des DSV. "Wir arbeiten daran, dem vorzubeugen, damit es nicht wieder passiert", sagte Hansmann, "wir sind dabei, die Trainerausbildung zu revolutionieren und das Thema sexualisierte Gewalt mit einzubringen - von der Landes- bis zur Bundesebene. Es muss eine verpflichtende Schulung für Mitarbeiter im DSV geben. Es gibt bereits einige Angebote, wir müssen es jetzt zur Pflicht machen."
Zudem betonte er, dass der Verband mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und den Athleten Deutschland bei diesem Thema zusammenarbeite. So werden gemeldete Fälle gemeinsam mit der Athletenvertretung bearbeitet.
EM-Team ist geknickt
Die Freistellung Buschkows während der EM in Rom habe die Sportler verunsichert. "Man hat gesehen, dass ein Knick durch die Mannschaft ging", berichtete Hansmann, "viele haben Schwierigkeiten mit der Entscheidung und den Folgen gehabt. Man merkt, dass da ein Bruch in der Mannschaft war."
Mögliche Konsequenzen durch die Politik, die die Förderung des Verbandes infrage stellen könnte, seien "natürlich zu befürchten", meinte der Leistungssportdirektor. (sid/cni)