Prozess um Reiterhof-Mord von QuickbornNach fast einjähriger Verhandlungsdauer: Angeklagter Jens P. freigesprochen!

14.02.2022, Schleswig-Holstein, Itzehoe: Der Angeklagte sitzt zu Beginn des Prozesstages im Sitzungssaal im Landgericht. Im Prozess um den Mord auf einem Reiterhof in Quickborn werden die Plädoyers erwartet. Seit Mitte März muss sich ein Mann vor dem Landgericht Itzehoe verantworten. Dem Angeklagten wird zur Last gelegt, am 29. Juni 2020 seinen Geschäftspartner mit zwei Schüssen in den Hinterkopf heimtückisch getötet zu haben. Der Haftbefehl gegen ihn war am 4. Februar 2022 überraschend aufgehoben worden. Foto: Marcus Brandt/dpa - ACHTUNG: Angeklagter wurde auf Wunsch seines Anwalts gepixelt +++ dpa-Bildfunk +++
Jens P. im Gerichtssaal.
bra cul, dpa, Marcus Brandt

Im Juni 2020 wurde André P. auf seinem Reiterhof in Quickborn (Kreis Pinneberg) ermordet, schnell gerät sein Geschäftspartner Jens P. ins Visier der Ermittler. Seit einem Jahr läuft schon der Prozess gegen ihn, doch ein neues Gutachten entlastete den Angeklagten. Nach mehr als einem Jahr Untersuchungshaft, betrat Jens P. am Montag als freier Mann den Gerichtssaal. Den ganzen Tag wurde verhandelt, bis das Landgericht Itzehoe in den Abendstunden das Urteil verkündet: Freispruch!

Zwei Schüsse trafen das Opfer von hinten

Es ist der 29. Juni 2020 als die Leiche von André P. auf dem Reiterhof „Eulenhof“ in Quickborn gefunden wird. Nach der Obduktion steht fest: Der 44-jährige Hofbesitzer wurde durch eine Schussverletzung getötet. Zwei Schüsse, heimtückisch, von hinten. Direkte Beweise oder Augenzeugen der Vorgänge auf dem Reiterhof gibt es nicht.

Jens P., sein Geschäftspartner, wird verdächtigt ihn umgebracht zu haben. Doch Anfang Februar 2022 wird der Angeklagte aus der Untersuchungshaft entlassen: Wie eine Sprecherin des zuständigen Landgerichts Itzehoe mitteilte, gab es gegen den angeklagten Deutschen keinen dringenden Tatverdacht mehr. Offensichtlich konnte ihm zu dem Zeitpunkt nicht nachgewiesen werden, dass er sich zur angenommenen Tatzeit noch auf dem Reiterhof aufgehalten habe.

Staatsanwaltschaft fordert lebenslange Freiheitsstrafe

Doch die Staatsanwaltschaft ist sich sicher und erläutert ausführlich in einem 1,5-stündigen Schlussplädoyer: Jens P. sei der Mörder von André P. „Wir haben digitale Spuren, wir haben die Waffenübergabe, die nach meinem Dafürhalten sogar zeigt, dass der Angeklagte die Tatwaffe am Freitag vor der Tat übernommen hat und sie unmittelbar nach der Tatbegehung auch wieder zurückgegeben hat“, erklärt Jan-Hendrik Schwitters von der Staatsanwaltschaft Itzehoe in einem RTL-Nord Interview. Die Staatsanwaltschaft forderte eine lebenslange Freiheitsstrafe für Jens P..

Die Waffe, mit der der 44-Jährige erschossen wurde, ist nie aufgetaucht. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass sich der Beschuldigte zwei Tage vor den Geschehnissen eine Waffe ausgeliehen und später zurückgegeben hatte. Es sei aber unwahrscheinlich, dass ein Täter eine geliehene Waffe nach der Tat zurück gibt.

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

Gericht sieht kein plausibles Motiv und spricht Jens P. frei

Mit dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft stimmt das Gericht nicht überein und spricht Jens P. frei. Die Schwurgerichtskammer des Landgerichts Itzehoe sah es nicht als erwiesen an, dass der 42-jährige Deutsche seinen 44 Jahre alten Geschäftspartner, der in zahlreiche kriminelle Machenschaften verstrickt war, am 29. Juni 2020 mit zwei Schüssen in den Hinterkopf getötet hat. In der Urteilsbegründung hieß es, dass die Tatsachengrundlage für eine Verurteilung nicht gegeben sei. Zudem habe der Angeklagte kein plausibles Motiv gehabt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft kündigte an, Revision einzulegen.(dpa/anr/cto)