Gilbert Lee Poole Jr. (56) kennt weder Internet noch Smartphones

Unschuldig! Verurteilter Mann wird nach 32 Jahren aus Gefängnis entlassen

Gilbert Poole Jr., right, accompanied by attorney Marla Mitchell-Cichon, leaves prison in Jackson, Mich., Wednesday, May 26, 2021, after being exonerated of first-degree murder in Oakland County. Poole spent 32 years in prison. Authorities said he was wrongly convicted with unreliable evidence. (WMU-Cooley Law School via AP)
Gilbert Poole Jr. verlässt das Gefängnis in Jackson, Michigan am 26. Mai 2021 nach 32 Jahren Haft.
MG, AP

Gilbert Lee Poole Jr. ist 56 Jahre alt und hat mehr als die Hälfte seines Lebens hinter Gittern verbracht – zu Unrecht wie nun ein Gericht in Michigan, USA, entschieden hat. Nach 32 Jahren Gefängnis wurde der Mann am Mittwoch entlassen. Möglicherweise hat er Anspruch auf eine millionenschwere Entschädigung, aber er muss sich auch in einer Welt zurechtfinden, die sich seit seiner Verurteilung völlig verändert hat.

DNA-Spuren entlasten Gilbert Lee Jr.

Der Amerikaner war im Juni 1988 für den Mord an Robert Mejia (†35) verurteilt worden. Pooles Freundin hatte ihn damals belastet. Sie habe damals ausgesagt, dass er ihr von einem Totschlag erzählt habe, das berichtet die Zeitung „The Detroit News“. Außerdem sollten einem Experten zufolge Pooles Zähne zu einer Bisswunde des Mordopfers gepasst haben.

Allerdings hat der Verurteilte die Tat stets bestritten. Nun entlasten ihn DNA-Spuren an Blutproben, die damals sichergestellt worden waren. Die neuen Tests ergaben, dass das Blut weder von dem Opfer noch von dem Gilbert Lee Poole Jr. stammen.

Außerdem ist die Methode der Bisswunden-Analyse inzwischen wissenschaftlich verworfen, wie in einem Bericht auf der Webseite der Generalstaatsanwältin von Michigan, Dana Nessel, erklärt wird.

Nessel hatte den Richter in Oakland aufgefordert, die Haftstrafe aufzuheben. Sie betonte: „Wenn wir nur gewusst hätten, was wir jetzt wissen, hätte Poole niemals drei Jahrzehnte im Gefängnis für einen Mord gesessen, den er nicht begangen hat.“ Weiter sagte sie: „Wir können ihm die Zeit nicht zurückgeben, die er verloren hat. Das tut mir wirklich leid.“

Die Generalstaatsanwältin von Michigan feierte mit Gilbert Lee Jr. seine Freiheit

Nessel twitterte ein Foto von einer Entlassungsparty von Poole. Sie selbst steht neben dem ehemaligen Häftling.

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Poole könnte bald Millionär sein

Poole selbst erklärte: „Ich habe Jahrzehnte gelernt, gelesen, das Gesetz studiert… Aber das hat mir nicht geholfen. Ich war trotzdem noch hier.“ Schließlich habe Gott ihm „Engel“ gesandt. Damit könnte er die Menschen meinen, die ihm geholfen haben: Seine Anwältin und Angehörige der Universität, die sich für ihn eingesetzt haben, wie das amerikanische Nachrichtenportal „MLive“ berichtet.

Die vielen verlorenen Jahre wird er nicht zurückbekommen, aber er könnte Anspruch auf eine stattliche finanzielle Entschädigung haben: 50.000 US-Dollar (umgerechnet 41.029 Euro) pro zu Unrecht inhaftiertem Jahr werden in amerikanischen Medien genannt. Dann könnte Poole bald Millionär sein.

Das Geld könnte ihm helfen, die Welt neu kennenzulernen. Denn die hat sich gründlich verändert: Bei seinem Haftantritt am 22. Juni 1989 herrschte noch der Kalte Krieg, für normale Bürger gab es kein Internet und keine Mobiltelefone. Inzwischen fahren in den USA die ersten selbstfahrenden Autos. (cli)