Markus Rehm bekommt wegen seiner Prothese immer wieder Probleme
Warum bremst der Verband Deutschlands Mega-Springer aus?

Wie viel leistet der Mensch, wie viel die Technik? Während in der Formel 1 die Fahrer nicht ohne siegfähiges Auto siegen können, ist das in der Leichtathletik anders. Hier zählt allein der Mensch. Wer läuft schneller? Wer wirft und springt weiter oder höher? Und deswegen ist ein Spitzensportler nach wie vor das Streitthema Nummer eins in der deutschen Leichtathletik: Weitspringer Markus Rehm.
Rehm ohne Wertung bei deutscher Meisterschaft
Bei der Para-Europameisterschaft im polnischen Bydgoszcz stellte Rehm zuletzt mit einer Weite von 8,62 Metern einen neuen Weltrekord auf. Im Anschluss kündigte der Prothesen-Springer aber an, nach Olympia-Gold springen zu wollen – und damit meinte er nicht die Paralympics. Doch schon einen Tag später funkt der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) dazwischen – mal wieder. Weil die Prothese an einigen Stellen noch immer eher als Hilfsmittel gesehen wird.
Bei den nationalen Meisterschaften am Wochenende in Braunschweig darf Rehm entgegen seiner Erwartung nur außer Konkurrenz starten. Obwohl er die Norm erfüllt hat und sich auch die Rechtsgrundlage geändert hat. Sein Weltrekord sei „eine tolle Leistung“, sagte DLV-Präsident Jürgen Kessing am Mittwoch: „Aber gemeinsam springen und getrennt werten, ist das, womit wir in der Vergangenheit gut gefahren sind.“
Cas-Urteil hat noch keine Auswirkungen
Chefbundestrainerin Annett Stein ergänzte, dass einem Start eigentlich „nichts im Wege“ stünde, „aber wir haben bei der Einordnung der Wertung im DLV eine Regel, die ein gemeinsames Werten der Wettkampfleistung nicht erlaubt.“ Pressesprecher Peter Schmidt verwies darauf, dass sich das Urteil des Sportgerichtshofes Cas, nach der man nun dem Sportler einen Vorteil nachweisen müsse, „gegen World Athletics gewendet hat, das Herrscher über die internationalen Wettkampfregeln ist. Diese müssten erst einmal geändert werden.“
Ist dem DLV aber offenbar egal. Zwar konnte er Rehm nach wie vor keinen Prothesen-Vorteil nachweisen, als gleichwertiger Athlet darf er an der Konkurrenz dennoch nicht teilnehmen. Rehm hatte zuvor klargestellt, dass er von einem Start in der normalen Wertung ausgeht. „Meine Erwartung ist, dass das machbar ist“, sagte der mehrmalige Paralympicssieger. 2014 war er in der normalen Wertung mitgesprungen und hatte den deutschen Meistertitel gewonnen. Seitdem war er nur noch außer Konkurrenz dabei.
Alles bereit für die Olympischen Spiele
Rehms Fernziel aber bleibt die Teilnahme bei den Olympischen Spielen in rund sieben Wochen. „Wir haben alle Hausaufgaben gemacht, inklusive der geforderten Olympia-Norm“, sagte der Leverkusener, der sich für die Sommerspiele 2016 in Rio schon einmal vergeblich um einen Start bemüht hatte: „Es liegt nun allein an den Verbänden, ihren Bekundungen zur Inklusion auch Taten folgen zu lassen.“
Sollte es diesmal für Tokio klappen, sei eine Medaille „nicht unmöglich“, sagte der 32-Jährige: „Aber ganz ehrlich: Darum geht es mir nicht. Ich bin paralympischer Sportler, meine Medaille gewinne ich bei den Paralympics. Mir geht es darum, eine Message für den paralympischen Sport zu senden. Es gibt immer noch Leute, die Scherze über unseren Sport machen, obwohl wir tolle Leistungen bringen.“ Beim DLV macht man zwar keine Scherze, das ständige Rumeiern bei Rehm könnte man aber durchaus als schlechten Scherz bezeichnen. (sho/sid)