Ein Flüchtling im Horror-Hotel erzählt
Maden, Schimmel, schlechte Luft: So gruselig haust Novak Djokovic
Der Wind der Freiheit weht durch die Flure des Carlton’s Park Hotels in Melbourne schon lange nicht mehr. Es ist verkommen zur Herberge des Schicksals. Rund 30 Asylsuchende warten dort seit teilweise neun Jahren auf Feststellung ihres Status’. Verantwortlich hierfür: die rigide Flüchtlingspolitik Australiens, die vielen Menschrechtlern schon lange ein Dorn im Auge ist. Dort, inmitten von Maden und Schimmel, fristet derzeit der beste Tennis-Spieler der Welt sein Dasein – er soll falsche oder unvollständige Informationen über seine Einreise nach Australien im Gepäck gehabt haben. Am Montag soll ein Gericht darüber entscheiden, wie es mit dem Weltranglisten-Ersten weitergeht. Doch schon jetzt brodelt es an allen Ecken. Australien verweist auf seine Regeln, Menschen protestieren, Djokovics Familie wütet. Derweil erzählt ein Flüchtling seine bewegende Geschichte über das Hotel, in dem die Menschenwürde angeblich mit Füßen getreten wird. Wie es wirklich in dem Hotel genannten „Auffanglager“ aussieht, sagt er oben im Video.
"Die Bedingungen werden von Tag zu Tag schlechter"
Seit 29 Monaten wird Adnan Choopani schon im Park Hotel im Zentrum von Melbourne festgehalten. Doch die Odyssee des wegen politischer Verfolgung in seiner Heimat asylsuchenden Iraners ging schon viel früher los. Jahrelang wurde er in Christmas Island und Nauru festgehalten, bis er in die Gewahrsamseinrichtung für Asylbewerber in der südostaustralische Metropole verfrachtet wurde. Wie lange er dort noch ausharren muss, weiß keiner.
Novak Djokovic wird dieses Schicksal zwar nicht blühen, doch ob er in Australien bleiben darf, um dort die am 17. Januar startenden Australian Open zu bestreiten, ist fraglich. Noch drei Tage muss der Serbe auf den Gerichtsbeschluss warten. Bis dahin wird er zumindest Zeuge eines Systems, das Menschen in Klassen aufteilt – und entsprechend behandelt. „Die Bedingungen werden von Tag zu Tag schlechter, das Essen ist so schlecht, uns wurde sogar schon verschimmeltes Brot mit Maden vorgesetzt, wir haben keinen Zugang zu frischer Luft, haben keine Möglichkeit, sportliche Aktivitäten auszuüben und werden rund um die Uhr bewacht“, erzählt Choopani von den teils unwürdigen Bedingungen, unter denen die meisten Inhaftierten leben müssen.
VIDEO: Djokovic-Fans versammeln sich vor seinem Hotel
"Wir und Djokovic haben das nicht verdient"
Djokovic selbst ist Choopani noch nicht begegnet. Djokovic ist auf einem anderen Geschoss untergebracht. Doch dass die Menschrechtslage im Park Hotel durch dessen erzwungenen Aufenthalt weltweite Aufmerksamkeit bekommt, gibt Choopani Hoffnung. „Er tut mir wirklich leid, denn ich wünsche niemandem eine australische Haft. Wir und Djokovic haben das nicht verdient“, sagt er. „Wenn eine Person ein unschuldiges Opfer ist und an einem Ort wie einer Haftanstalt eingesperrt ist, wenn sie einen Unterstützer außerhalb dieser Mauern sieht, außerhalb dieses Zauns, wird dies definitiv ihre Seele heben und sie stärken, um mit der Situation umzugehen und es hat unsere Herzen irgendwie erwärmt und Djokovic mit Sicherheit erwärmt, denke ich.“ (lgr/mli)