Tijen Onaran (37) im RTL-Interview"Lippenstift lässt das Hirn nicht schrumpfen!" Make-up Symbol für Gleichberechtigung? JA!

Tijen Onaran ist der Meinung: "Lippenstift lässt das Hirn nicht schrumpfen!"
Tijen Onaran ist der Meinung: "Lippenstift lässt das Hirn nicht schrumpfen!"
Daniel Sommer, @danielsommer.eu

„Mama, hier sind Frauen, die High Heels tragen UND wahnsinnig schlaue Dinge sagen“: Das erzählte mal Unternehmerin Tijen Onaran (37) ihrer Mutter nach einer Geschäftsreise mit 47 Frauen. Mode und Schminke als Symbol für Gleichberechtigung? Aber ja! Dass das perfekt zusammenpasst, beweist die Gründerin von „Global Digital Women“ seit Jahren. Und jetzt, ausgerechnet zum Weltfrauentag, hat die 37-Jährige gemeinsam mit Douglas einen Lippenstift auf den Markt gebracht. Paradox oder wurde es endlich mal Zeit?
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Tijen Onaran: "Hier sind Frauen, die High Heels tragen und wahnsinnig schlaue Dinge sagen!"

Auf einer Delegationsreise traf Tijen Onaran Frauen aus aller Welt. Das war der Moment, in dem die Unternehmerin ihren Blickwinkel auf die Verbindung zwischen Mode und Wirtschaft änderte. Denn zuvor dachte die 37-Jährige, dass sie ihre Weiblichkeit verstecken müsse. Und das nicht, weil sie selbst so dachte, sondern weil sie immer wieder Frauen sah, die ihr genau dieses Gefühl vermittelten und vorlebten.

„Und dann war ich Teil dieser Reise mit 47 Frauen aus 47 Ländern und ich habe gesehen, wie die beides miteinander kombiniert haben! Danach habe ich direkt meine Mama angerufen und ihr gesagt: ‘Mama, hier sind Frauen, die High Heels tragen UND wahnsinnig schlaue Dinge sagen’“.

Weiter erzählt die Autorin: „Viele unterschätzen die Kraft von Botschaften durch Kleidung. Ob es nun Alexandria Ocasio-Cortez ist, die mit weißen Anzügen für Frauenrechte einsteht, oder Politiker und Politikerinnen, die beispielsweise blau-gelb tragen und sich somit mit der Ukraine solidarisieren.“ Ja, die Kraft der Mode ist unterschätzt. Fashion ist schon lange nicht mehr „nur etwas Oberflächliches“. Und das beweist die Unternehmerin mit ihrem Lippenstift. Aber wie macht sie das denn genau?

Tijen Onaran: "Ich bin schon der festen Überzeugung, dass das das Zeitalter der Frauen ist"

Marigona Sulejmani: Ihre wohl berühmteste Aussage ist „Lippenstift lässt das Hirn nicht schrumpfen!“ Was lässt denn NOCH nicht das Hirn schrumpfen?

Tijen Onaran: „Die Übersetzung dieses Satzes lautet ja: Dass es kein Widerspruch ist, als Frau Lust auf die eigene Verpackung zu haben und gleichzeitig Kompetenz auszustrahlen und auch kompetent zu sein. Das schließt sich nicht aus. Und trotzdem bekomme ich auf meinen Kanälen auch oft negative Kommentare wegen dem, was ich trage, wie ich mich schminke, wie ich auftrete. Mir schreiben viele Frauen, dass es ihnen auch ganz oft passiert – nur halt eben nicht öffentlich. Und das zeigt mir, dass eben noch wahnsinnig viel zu tun ist.“

Sie bringen einen Lippenstift anlässlich des Weltfrauentags heraus. Ausgerechnet Schminke als Symbol für Gleichberechtigung – paradox oder endlich mal Zeit?

„Endlich mal Zeit! Als ich bekannt gegeben habe, dass ich einen Lippenstift auf den Markt bringe, war die Reaktion der Leute genau diese: ‚Wie passt das denn zusammen? Du stehst doch für Feminismus und Empowerment und dann gehst du in das Klischee aller Klischees und bringst einen Lippenstift auf den Markt?’ Das Problem ist, dass die Menschen, die das sagen, völlig vergessen, dass der Lippenstift eine sehr spannende Historie hat. 1912 haben Frauen beim Women’s March, als sie sich für ihr Wahlrecht eingesetzt haben, roten Lippenstift getragen. Das heißt: Gerade der rote Lippenstift ist das totale Symbol der Emanzipation. Deswegen ist es überhaupt nicht paradox. Gerade vor dem Hintergrund dieser Historie, und dass ich aktuell auch erlebe, dass es kein entweder oder sein muss – also entweder du setzt dich für Feminismus ein oder du bist schön, oder du hast Lust auf Lifestyle – sondern es geht heutzutage beides zusammen. Das ist für mich der Inbegriff von Emanzipation und auch der Inbegriff von Feminismus.“

Wofür steht der Lippenstift symbolisch noch?

„Für mich steht gerade der rote Lippenstift – Rot ist ja eine Signalfarbe – für das Thema Sichtbarkeit. Ich möchte allen Frauen mit auf den Weg geben: Ihr müsst euch nicht verstecken, es gibt nichts, was ihr verstecken müsst und ihr müsst euch auch schon gar nicht unsichtbar machen. Und gerade wenn wir das in Relation sehen zu dem, was gerade auf der Welt passiert, dass Frauen sich wieder unsichtbar machen müssen, dass sie nicht mehr für ihre Rechte einstehen dürfen. Mit einem roten Lippenstift bist du sichtbar, egal ob du es willst oder nicht. Es ist ein Statement - das ist nun mal so. Du brauchst dann auch nicht mehr. Und daher ist es für mich das Signal für die Selbstbestimmung und für die Sichtbarkeit aller Frauen.“

Mode und Politik beziehungsweise Wirtschaft – geht das überhaupt?

„Ich bin schon der festen Überzeugung, dass das das Zeitalter der Frauen ist. Man kommt an ihnen nicht mehr vorbei und man kommt auch an dem Thema nicht mehr vorbei. Egal ob diese Menschen ein Teil dieser Bewegung sein wollen oder nicht. Das Thema Geschlechtergerechtigkeit, das Thema Geschlechtervielfalt ist eines, was in der ganzen Palette der Diversity-Dimension die meiste Aufmerksamkeit auf sich zieht. Was wir jetzt erleben, ist eine Bewegung – und das Wichtigste ist, dass wir nicht nachlassen.“

Drei Empowerment-Teile, die jede Frau in ihrem Kleiderschrank haben sollte?

„Jetzt auf jeden Fall meinen roten Lippenstift (lacht). Ein Empowerment-Piece! Für mich ist es mein roter Anzug. Darin fühle ich mich gut. Und ein Teil für zu Hause: Ich habe ein übergroßes T-Shirt. Darin kann ich mich dann einfach fallen lassen!“