Lieferengpässe immer schlimmer

"Fahrradhersteller kämpfen um jedes Rad, das sie bauen können"

2020-04-14 12:53:13 TIERE - Der Fahrradhersteller Gazelle hat die Produktion wieder aufgenommen, nachdem das Werk wegen der Koronakrise drei Wochen lang geschlossen war. Das Unternehmen hat Maßnahmen zum Schutz seiner Mitarbeiter ergriffen, z. B. die Installation von Plexiglaswänden und die Schaffung von Arbeitsplätzen gemäß der 1,5-Meter-Richtlinie. ANP PIROSCHKA DES GEBÄUDES
Produktion beim Fahrradhersteller Gazelle.
ANP, picture alliance

Die boomende Fahrrad-Branche in Deutschland wird auch auf absehbare Zeit durch Lieferengpässe ausgebremst. „Die Fahrradhersteller kämpfen um jedes Rad, das sie bauen können, weil immer wieder Komponenten fehlen“, erklärte Claus Fleischer, Geschäftsleiter von Bosch eBike Systems, vor der am Mittwoch in Friedrichshafen beginnenden Fahrradmesse Eurobike.

Wie bei Autos: E-Bike-Hersteller bekommen keine Halbleiter

Der Verband des Deutschen Zweiradhandels beklagte ebenfalls Lieferprobleme. Manche Räder könnten erst mit monatelanger Verspätung ausgeliefert werden.

Wegen der Corona-Pandemie sei es zu großen Ausfällen bei Lieferanten aus Asien gekommen, so Fleischer. „Wir sehen im Moment vor allem eine Verknappung von mechanischen Komponenten: Rahmen, Gabel und Bremsen.“ Knapp seien allerdings auch die elektronischen Bauteile, auf die Bosch angewiesen ist. Das liege aber nicht nur an Engpässen bei den Lieferanten, sondern auch am gestiegenen Bedarf.

„In jedem Auto werden immer mehr Steuergeräte verbaut, mehr Kameras für die Fahrerassistenzsysteme und zur Vorbereitung auf das autonome Fahren. In jedem Handy stecken mittlerweile drei Kameras. Früher war es eine.“ Die Nachfrage nach sogenannten Mikrocontrollern - das sind Halbleiterchips, die einen Prozessor und auch Peripheriefunktionen enthalten - sei viel höher als noch vor drei, vier Jahren, sagte Fleischer. „Die Produktion kommt nicht hinterher, weil der Aufbau einer Waferfabrik und der nachgeschalteten Prozesse eine lange Zeit in Anspruch nimmt, bis die Produktion so weit ist.“

Bosch habe Kunden in der Fahrradindustrie trotz der Umstände beliefern können, betonte Fleischer. Wegen der Bauteile-Knappheit könne man aber derzeit keine Aufrüstungs-Set für das System Nyon an den Fachhandel liefern, weil die Belieferung der Hersteller Vorrang habe.

Bosch produziert selbst keine Fahrräder, ist mit seinen Komponenten für E-Bikes aber der führende europäische Systemhersteller für Pedelecs. Knapp 100 Fahrradmarken weltweit bedienen sich aus dem Bosch-System: Dazu gehören neben dem elektrischen Motor auch die Steuerungselektronik, Displays und Apps. (dpa/aze)