Wo der Tod kein Tabu-Thema ist
Letzte Hilfe statt Erste Hilfe: Dieser Kurs zeigt, worauf es bei der Sterbebegleitung ankommt

Eine Zitronenscheibe wir herumgereicht. Sie regt den Speichelfluss von Sterbenden an, lernen die Teilnehmerinnen des „Letzte Hilfe Kurses“. Sich trauen, auf Sterbende und deren Angehörige zuzugehen, die richtigen Worte finden, aber auch mit eigener Trauer umzugehen - darum geht es im rund dreistündigen, kostenlosen Kurs des Hospizdienst Laatzen-Pattensen-Hemmingen und um handfeste Tipps.
Mehr Mut beim Umgang mit dem Tod

„Für mich ist das Wichtigste, die Angst abzubauen. Also, diese Hemmungen verlieren, auf Sterbende zuzugehen, auf Familien zuzugehen. Und dann auch zu wissen: Wie rede ich denn jetzt eigentlich mit meiner Nachbarin, wenn die gerade ihren Mann verloren hat? Rede ich überhaupt mit der? Oder verstecke ich mich, gehe ich auf die andere Straßenseite?“ Kristin Surendorff-Belder vom Hospizdienst Laatzen-Pattensen-Hemmingen kennt viele Geschichten rund um Sterbende und deren Angehörige. Dass Menschen in diesen Situationen auch noch Ausgrenzung erleben, weil der Mut zum Umgang mit dem Thema Tod fehlt, will sie ändern. „Ich würde es so wahnsinnig nett finden, wenn wir da ein bisschen mehr Kompetenz in unserer Gesellschaft hätten, dass Menschen das einfach können, ohne Angst zu haben.“ Deshalb leitet Surendorff-Belder gemeinsam mit ihrer Kollegin sogenannte „Letzte Hilfe Kurse“.
"Auf`s Sterben ist niemand gut vorbereitet" - Kurse richten sich an alle
In der Runde sitzen an diesem Tag zwölf Frauen. „Männer scheuen das Thema. Männer sprechen nicht so gerne über ihre Gefühle. Das wird ganz nach hinten verdrängt. Und die Frauen sind da weitaus mutiger und trauen sich.“, sagt Elke Kruse, die den „Letzte Hilfe Kurs“ mit ins Leben gerufen hat. Grundsätzlich dürfe natürlich jeder kommen, aber meistens seien es eben – wie heute – mehr Frauen, die an den bis zu vierstündigen Treffen teilnehmen würden. Dabei kommt der eigene und der Tod Angehöriger unweigerlich auf jeden zu. Die vier gemeinsamen Stunden der Teilnehmerinnen hat Elke Kruse in vier Blöcke eingeteilt: Sterben gehört zum Leben, Vorsorgen und Entscheiden, Leiden am Lebensende lindern, Trauer und Bestattung. Zwischen den Themen gibt es mindestens drei Pausen für die Frauen.
Berührungsängste abbauen, handfeste Tipps mitnehmen
Im Kurs bewegen sich alle Teilnehmenden gemeinsam auf das Thema Sterben zu. Mit vielen, kleinen Annäherungsschritten. Zum Beispiel: Einmal ein sogenanntes Mundpflegestäbchen auspacken und genauer ansehen, also eine Art Lolli – statt Zahnbürste - fürs Frischegefühl. Wofür es sonst kaum Raum im Alltag gibt, steht in den „Letzte Hilfe Kursen“ im Mittelpunkt. Am Ende sagen die teilnehmenden Frauen heute, dass sie „selbstsicherer“ geworden sind im Umgang mit Sterbenden und Trauernden. Und dass sie froh sind, jetzt zu wissen, wo nicht nur Sterbende, sondern auch die, die weiter leben dürfen, Hilfe bekommen können im Umgang mit dem Tod.