Kurz vor der Hinrichtung von Lisa Montgomery in den USA

Anwälte bitten um Gnade für Mörderin: Ihr Leben war voller Qual, Schrecken, Scheitern und Verrat

FILE PHOTO: Lisa Montgomery, a federal prison inmate scheduled for execution on December 8, 2020, poses at the Federal Medical Center (FMC) Fort Worth in an undated photograph.   Courtesy of Attorneys for Lisa Montgomery/Handout via REUTERS./File Photo
Lisa Montgomery soll am 12. Januar hingerichtet werden.
/FW1F/Peter Cooney, via REUTERS, ATTORNEYS FOR LISA MONTGOMERY

Es ist das erste Mal seit fast 70 Jahren, dass in den USA eine Frau hingerichtet werden soll. Die Taten von Lisa Montgomery wiegen schwer. Die heute 52-Jährige hat einer Hochschwangeren ihr Baby aus dem Bauch geschnitten – das war im Jahr 2004. Jetzt soll ihr Todesurteil vollstreckt werden. Doch Montgomerys Anwälte ersuchen US-Präsident Donald Trump jetzt um Gnade, denn die psychisch Kranke wurde in ihrer Kindheit selbst Opfer unmenschlicher Gewalt.

Vor Montgomerys Hinrichtung: Gnade vor Recht?

Der Einsatz der Anwälte ist hoch, ihre Forderung beinahe tollkühn. Denn sie bitten ausgerechnet den scheidenden US-Präsidenten Donald Trump darum, ein Zeichen für Frauen zu setzten, die in ihrer Kindheit gequält und vergewaltigt wurden. Doch gerade er hat sich in der Vergangenheit unempathisch gezeigt, was Frauenrechte anbelangt. Zu Beginn seiner Amtszeit schockierte er mit dem Spruch „grab them by the pussy“ – „pack sie an der Vagina“. Jetzt soll Trump Gnade walten lassen, eine verurteilte Mörderin verschonen. Und dafür nennt ihr Rechtsbeistand triftige Gründe.

„Noch vor der Geburt gebrochen, war das Leben von Lisa Montgomery voller Qual, Schrecken, Scheitern und Verrat“, heißt es in dem Gnadengesuch der Anwälte. Dann sprechen sie Trump direkt an: "Sie allein haben die Macht, Gnade vor Recht ergehen zu lassen."

Das Martyrium der Lisa Montgomery

ARCHIV - Eine Amerikanerin, die eine schwangere Frau getötet und ihr das Baby aus dem Bauch geschnitten hatte, ist am Freitag 04.04.2008 zum Tod verurteilt worden. Wie der Sender CNN berichtete, verhängte ein Bundesrichter in Kansas City (Missouri) am Freitag die Höchststrafe gegen die heute 39-jährige Lisa Montgomery (Archivfoto vom 21.12.2004). Das Baby hatte die Tat 2004 überlebt, die über die USA hinaus Abscheu und Entsetzen auslöste. EPA/WYANDOTTE COUNTY SHERIFF'S DEPARTMENT +++(c) dpa - Report+++
Mörderin Lisa Montgomery soll hingerichtet werden.
picture-alliance/ dpa, epa

Der Hintergrund dieser Nachricht: Lisa Montgomery wurde als Kind und Jugendliche selbst schwer misshandelt. Schon im Alter von drei Jahren soll sie Opfer sexueller Gewalt geworden sein. Damals wurde sie Zeugin, wie ihre achtjährige Schwestern von einem Babysitter vergewaltigt wurde.

Als Lisa elf Jahre alt war, wurde sie selbst zur Zielscheibe. Wie „The Guardian“ berichtet begann ihr Stiefvater Jack damit, sie regelmäßig zu schlagen. Außerdem soll der Alkoholiker sie ein- bis zweimal in der Woche vergewaltigt haben. Der Missbrauch sei in den folgenden Jahren immer schlimmer geworden. Angeblich baute Jack ihr ein eigenes Zimmer neben seinem Wohnwagen in den Wäldern Oklahomas. Dort konnte er über sie herfallen, ohne dass die Schreie des Kindes für andere zu hören waren.

Ihr Peniger drückte Lisa Kissen ins Gesicht, wenn sie zu laut schrie. Wenn das Kind sich wehrte, schlug er es mit dem Kopf auf den Betonboden. MRT-Ergebnisse sollen später gezeigt haben, dass Montgomery dabei eine traumatische Hirnverletzung erlitt.

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Mutter verkaufte Lisas Körper an Elektriker

Als Lisas Mutter, Judy, herausfand, dass ihr Freund Jack ihre Tochter missbrauchte, half sie ihr nicht. Stattdessen hielt sie Lisa eine Waffe an den Kopf und wollte wissen: „Warum tust du mir das an?“

Später begann Judy damit, den Körper ihrer Tochter an Klempner und Elektriker zu verkaufen. Zusätzlich lud Stiefvater Jack Freunde zu sich ein, die alle über Lisa Montgomery herfallen und auf sie urinieren sollten. Die Folter ging über mehrere Jahre. So wuchs Lisa Montgomery auf. Jetzt soll sie sterben.

Hinrichtung durch tödliche Injektion

"Dies ist eine Geschichte über eine Frau, die infolge lebenslanger Folter und sexueller Gewalt schwer psychisch krank ist", sagte Sandra Babcock, Fakultäts-Leiterin des „Cornell Center on the Death Penalty Worldwide“ und Beraterin des Rechtsteams von Montgomery. „Lisa ist nicht die Schlimmste der Schlimmsten - sie ist die Schlimmste der Gebrochenen.“

FILE - This Aug. 28, 2020, file photo shows the federal prison complex in Terre Haute, Ind.   (AP Photo/Michael Conroy, File)A federal judge said the Justice Department unlawfully rescheduled the execution of the only woman on federal death row, potentially setting up the Trump administration to schedule the execution after president-elect Joe Biden takes office. U.S. District Court Judge Randolph Moss also vacated an order from the director of the Bureau of Prisons that had set Lisa Montgomery’s execution date for Jan. 12, 2021.  (AP Photo/Michael Conroy)
US-Bundesgefängnis in Terre Haute.
MC MG, AP, Michael Conroy

Das Gewaltverbrechen, für das Lisa sterben soll, ereignete sich im Dezember 2004. Montgomery, die in Kansas lebte, fuhr zum Haus der schwangeren Bobbie Jo Stinnett in Missouri – unter dem Vorwand, einen Welpen kaufen zu wollen. Nachdem ihr ahnungsloses Opfer sie hereingelassen hatte, spielte sich ein Albtraum ab: Montgomery würgte Stinnett, bis sie das Bewusstsein verlor. Dann schnitt sie mit einem Küchenmesser den Bauch der im achten Monat schwangeren Frau auf, um das Baby herauszuholen. Angeblich hatte Montgomery vor, das Baby als ihr eigenes auszugeben.

Hinrichtung soll am 12. Januar stattfinden

Jetzt liegt es an Präsident Donald Trump, eine Entscheidung zu treffen. Sieht er in Lisa Montgomery ein kaltherziges Monster, das sterben muss? Oder erkennt er die gepeinigte, gebrochene Frau, die psychisch krank und somit nicht hundertprozentig schuldfähig ist?

Wenn der US-Präsident nicht einschreitet, dann wird Lisa Montgomery am 12. Januar durch eine tödliche Injektion sterben.