Homophobie, Kinderlosigkeit und Verantwortung
Joachim Löw offen wie nie

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundestrainer Joachim Löw werden sich in den nächsten Monaten verabschieden. Nun haben sie sich noch über ihre Zukunftspläne ausgetauscht. Beide erwarten eine "gewisse Leere" nach einer intensiven Zeit.
"Jetzt ein guter Zeitpunkt, Abschied zu nehmen"
Vor seinem letzten großen Turnier als Bundestrainer hat sich Joachim Löw mit Kanzlerin Angela Merkel über den gemeinsamen Abschied ausgetauscht. „Ja, wir haben auch darüber gesprochen, wie so die Pläne sind“, sagte der 61 Jahre alte Fußballlehrer im Interview mit der "Zeit".
Löw war kurz vor dem EM-Trainingslager in Seefeld, wo er derzeit die deutsche Nationalmannschaft auf die am 11. Juni beginnende Fußball-EM vorbereitet, im Kanzleramt in Berlin. „Wir finden beide, dass es jetzt ein guter Zeitpunkt ist, Abschied zu nehmen. Wir haben auch darüber gesprochen, dass nach einer so intensiven Zeit wahrscheinlich eine gewisse Leere auf uns zukommt“, berichtete Löw von dem Gespräch.
Der Bundestrainer gibt nach der EM in diesem Sommer sein Amt ab. Merkel ist seit November 2005 Bundeskanzlerin. Zur nächsten Wahl im September kandidiert die CDU-Politikerin nicht mehr. „Angela Merkels Position ist so was von komplex und so was von schwierig, vor ihr und ihrer Leistung habe ich großen Respekt. Ich finde, sie ist sehr menschlich, kann sich gut in Menschen hineinversetzen, kann schwierige und komplexe Sachverhalte einfach erklären. Das allein finde ich schon faszinierend“, sagte Löw über die Kanzlerin.
Löw trauert Verantwortung nicht hinterher
Er selbst stellt es sich „erleichternd vor“, wenn er nach seinem achten Turnier die Verantwortung für das DFB-Team an seinen Nachfolger Hansi Flick abgibt: „Verantwortung ist manchmal schon eine Last. Ich freue mich auf eine gewisse Freiheit.“
Die Rolle in der Öffentlichkeit und das „Wellenbad der Gefühle“ hätten ihn verschlossener gemacht: „Das ist der Preis dieses Lebens als Bundestrainer. Ich habe mir natürlich so etwas wie einen Panzer zugelegt.“ Schon über den Triumph bei der Weltmeisterschaft 2014 hatte sich Löw nicht richtig freuen können. „Nach dem Turnier war ich nicht weit weg von einer depressiven Verstimmung. Nach jedem Turnier ist da eine Leere“, verriet der scheidende Bundestrainer.
Keine Kinder im Hause Löw
Eine Leere, die sich auch privat widerspiegelt: „Die letzten zehn Jahre denke ich aber schon immer wieder daran oder darüber nach, wie es gewesen wäre, Kinder zu haben. Ich habe immerhin einige Patenkinder, und die sind oft bei uns. (...) Natürlich gibt es Momente, in denen ich eigene Kinder sehr vermisse. Ich bin ja in einer Großfamilie aufgewachsen, habe vier Brüder. Meine Mutter hat acht Geschwister. Ich habe zig Cousins und Cousinen. Und alle sind kinderreich. Bei uns war das Haus immer voll.“
Ähnlich wie beim Wunsch nach Kindern beharrt Löw auch auf eine freie Entscheidung der sexuellen Ausrichtung – und kritisiert dabei den Fußball: Er betont, dass er das bedauert und ergänzt, dass unsere Gesellschaft, und damit auch der Fußball, doch für Offenheit, Vielfalt und Teilhabe stehe. Wenn es ihn beträfe, würde er „auch dazu stehen“.