NFL-Talent Jalen Carter
Haftbefehl rüttelt Karriereplanung durcheinander – oder nicht?

Jalen Carter gilt als einer der Top-Spieler für den NFL-Draft 2023. Doch nur Wochen vor der Talentziehung platzt die Bombe: US-Behörden ermitteln gegen den 22-Jährigen wegen eines tödlichen Autounfalls. Die große Frage: Wie weit fällt der Defensivspezialist im Draft (LIVE bei NITRO und RTL+) im Ranking?
Nach der Unifeier sind zwei Teammitglieder tot
Das Drama begann kurz nach der Feier der College-Meisterschaft im Januar 2023. Die Georgia Bulldogs um Defensiv-Ass Jalen Carter feierten in ihrem Uni-Ort Athens im US-Bundesstaat Georgia den prestigeträchtigen Titel. Nur Stunden später sind Spieler Devin Willock (20) und Team-Analyst Chandler LeCroy (24) tot. Wie es genau zu dem tödlichen Autounfall kam, ist bis heute nicht genau geklärt.
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Plötzlich rückte Carter in den Fokus. Im März teilte das Athens Clark-County Police Department mit, dass gegen ihn ein Haftbefehl erlassen wurde, die Generalstaatsanwaltschaft ermittelte. Die Behörden warfen ihm rücksichtsloses Fahren und Rasen vor.
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Den Polizeiangaben zufolge fuhr Carter nachts um halb drei in einem Jeep und LeCroy in einem SUV (in diesem saß auch der verstorbene Willock) durch Athens. Diese beiden Wagen sollen sich ein Wettrennen geliefert haben, deutlich zu schnell gefahren sein und auch auf die Gegenfahrbahn ausgewichen sein. Laut Polizei war LeCroy mit 170 km/h unterwegs. Eine Obduktion ergab, dass er unter Alkoholeinfluss fuhr.
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Carter kommt um Gefängnisstrafe herum
Carter sagte nach Bekanntwerden der Ermittlungen den Draft Combine ab und wehrte sich mit einem Statement. Er stritt die Vorwürfe vehement ab. „Diverse Medienberichte haben an diesem Morgen außerdem unzutreffende Informationen rund um die tragischen Vorfälle vom 15. Januar 2023 verbreitet. Ich habe vor, nach Athens zurückzukehren, um die Anschuldigungen zu beantworten und die vollständige Wahrheit klarzustellen. Für mich steht es außer Frage, dass ich nach der Darstellung aller Fakten von den Vorwürfen krimineller Handlungen entlastet werde", verbreitete er via Twitter.
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Auf die Worte folgten Taten. Zwei Wochen später einigte sich Carter mit der Generalstaatsanwaltschaft. Das Ergebnis: Carter kommt um eine Gefängnisstrafe herum. Die Ermittlungen kamen zum Schluss, dass er nicht maßgeblich für den Unfall verantwortlich war. Er habe auch nicht unter Alkoholeinfluss gestanden oder illegale Substanzen konsumiert.
Die Folge: Er wurde zu zwölf Monaten auf Bewährung und einer Geldstrafe über 1000 Dollar verurteilt. Er muss zudem Fahrsicherheitstraining absolvieren und gemeinnützige Arbeit ableisten.
Enttäuschender Pro Day

Die juristischen Probleme sind also vorerst ad acta gelegt. Es bleiben aber weiter Zweifel bei den NFL-Scouts haften. Schließlich färben Probleme mit dem Gesetz mitunter auch auf den Charakter ab. Genau hier schauen die Teams sehr genau hin. Hinzu kommt: Den Draft Combine sagte Carter wie erwähnt ab, nur beim Pro Day seines Colleges nahm er teil. Dort aber enttäuschte er. Mit einigen Kilos (142 kg) zu viel auf den Rippen, die Rede ist von fünf, schleifte er sich durch die Positionsübungen. Diese brach er allerdings mit Atemproblemen und Krämpfen vorzeitig ab. Die Fragezeichen wurden eher größer als kleiner.
Dabei galt der 1,90 Meter große Athlet lange Zeit als möglicher Nummer-1-Pick. Der Back-to-Back Uni-Champ war ein sicherer Top-5-Kandidat beim Draft Ende April.
Wie weit geht es für Jalen Carter runter?
Carter spielt auf der Position des Defensive Tackle, als wichtiger Anker für die Defensive. Er gilt als bester Spieler der besten College-Defense. Zwischendurch schien es so, als sei nicht einmal mehr sicher, ob er in der Top 10 landen würde. In den meisten Mock Drafts ist er einige Positionen nach unten gerutscht, in manchen sogar bis auf 10 und noch tiefer. Medienberichten zufolge sollen ihn einige Clubs wegen des Auto-Vorfalls von ihrer Draft-Liste gestrichen haben. Dennoch traf sich Carter mit keinem Team außerhalb der Top 10 – das soll wohl Selbstbewusstsein demonstrieren.
Immerhin die Las Vegas Raiders (Pos. 7) und die Detroit Lions (Pos. 6) sollen mit noch mit Carter liebäugeln. Auch die Seattle Seahawks, die den fünften Pick haben und ihre Defensive verstärken wollen, könnten zuschlagen.
Dass die vergangenen Wochen Einfluss auf die Entscheidungen im Draft haben werden, glaubt selbst Carter. „Ja, ich habe das Gefühl, dass es eine kleine Rolle spielen wird. Wissen Sie, NFL-Teams blicken tief in Ihr Leben“, sagte Carter bei HBO Real Sports. „Aber es hätte etwas sein können, was ich in der Grundschule gemacht habe. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie es wissen würden.“
Der Vorfall sei auch Thema in dem ein oder anderen Gespräch gewesen. „Ein paar Teams haben mich danach gefragt“, so Carter. „Aber sie haben den Unfall wirklich nicht allzu tiefgehend behandelt. Sie wollten nur meine Seite hören und das war es."
Einer erfolgreichen NFL-Karriere muss ein Abrutschen nicht zwangsläufig im Weg stehen. Das zeigen Beispiele wie Laremy Tunsil, der wegen eines Videos, das ihn Bong rauchend zeigte, im Draft einige Positionen tiefer (auf Position 13) rutschte. Inzwischen ist der Offensive Tackle der Miami Dolphins dreimaliger ProBowler. Nur der Start war deutlich holpriger als geplant – ein Mutmacher für Carter. (msc)