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Starkes Immunsystem im Alter: So viel Sport pro Woche reicht aus

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Wer etwa Einkäufe mit dem Fahrrad erledigt, hat schon viel an Bewegung gewonnen.
Miodrag Gajic, iStockphoto

Bewegung und Immunsystem: Diese zwei Dinge haben mehr miteinander zu tun, als viele sich vorstellen können. Vor allem, wenn wir älter werden und sowohl Fitness als auch Abwehrkräfte zunehmend abbauen, sollten wir uns darüber bewusst sein. Das Gute: Es braucht weder viel Zeit noch viel Anstrengung, um (wieder) in die Gänge zu kommen und das Immunsystem auf Dauer zu stärken. Worauf es wirklich ankommt, erklärt Sportwissenschaftler Dr. Dr. Michael Despeghel im Interview mit „spot on news“.

Immunsystem altert - genau wie die Organe

Sie haben am Institut für Sportwissenschaften der Justus-Liebig-Universität Gießen eine Untersuchung zum Thema Immunsystem bei älteren Menschen durchgeführt. Wie groß ist das Problem in der Bevölkerung?

Michael Despeghel: „Dadurch, dass das Immunsystem im Alter schwächer wird, nehmen die vier apokalyptischen Reiter, die wir außerhalb der Pandemie in der Medizin kennen – Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck und vor allem aber auch Tumor-Erkrankungen – immer mehr zu. Die Rate bei Krebs-Neuerkrankungen ist exorbitant hoch, etwa 450.000 jedes Jahr in Deutschland sind hier zu beklagen, 18 Millionen weltweit. Und das liegt daran, dass das Immunsystem als Wächter nicht mehr so gut funktioniert, weil es genauso altert wie die Organe.“

In Ihrer Studie haben Sie nachgewiesen, dass ältere Menschen, die auch zur Corona-Risikogruppe gehören, durch ein bestimmtes Sportprogramm ihre Abwehrkräfte stärken konnten. Wie sieht dieses Programm aus?

Despeghel: „Es ist ein Minimalprogramm, das vorsieht, zweimal in der Woche 20 Minuten ein Ausdauertraining durchzuführen und zweimal pro Woche 20 Minuten ein Krafttraining, das große Muskelgruppen beansprucht. Das ist also ein überschaubarer Zeiteinsatz von jeweils 40 Minuten in der Woche.“

Und das ist zu Hause für jeden machbar?

Despeghel: Ja, ist es. Man könnte zum Beispiel mit schnellen Spaziergängen starten, auch langsames Laufen, Walken, Schwimmen oder Fahrradfahren sind geeignet. Die Trainingsherzfrequenz für die Ausdauer sollte bei 190 minus Lebensalter liegen. Beim Spaziergang sollte man also schon leicht ins Schwitzen kommen. Die Kraftübungen sollten die großen Muskelgruppen beanspruchen.

Immun-Alterung kann fast gestoppt werden

Was für positive Effekte gab es bei den Teilnehmern der Studie?

Despeghel: Man kann sagen, dass die Immun-Alterung eigentlich fast schon gestoppt werden konnte in diesem Bereich. Und das in einer sehr kurzen Zeit von sechs Wochen, damit hätten wir nicht gerechnet. Jüngere Menschen, die mit solchen Maßnahmen beginnen, könnten noch mehr profitieren. Darüber hinaus gab es bei den Studienteilnehmern noch einen gut messbaren anti-entzündlichen Effekt. Insgesamt gesehen waren die Abwehrkräfte in höchster Alarmbereitschaft und dadurch in der Lage, gegen Angreifer jeglicher Art besser anzukommen.

Müsste das Programm dauerhaft durchgeführt werden?

Despeghel: Das wäre am besten. Man könnte aber auch zwei, dreimal mal im Jahr Impulse setzen, wenn jemand gar keine Affinität zu Bewegung hat. Im Herbst, wenn es auf den Winter zugeht, könnte man sechs Wochen lang sein Immunsystem trainieren.

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Ewig nicht bewegt? Das können Sie tun!

Welche langfristigen Folgen entstehen, wenn sich Menschen weniger bis gar nicht bewegen?

Despeghel: Aktuellen Studien zufolge leiden viele Menschen unter Gewichtszunahme. Das ist nicht nur ein kosmetisches Problem. Eine Gewichtszunahme von fünf Kilo steigert das Risiko für Typ-2-Diabetes; die Stoffwechselleistung, vor allem der Leber, ist eingeschränkt und auch das Immunsystem leidet bei Bewegungsmangel. Ganz zu schweigen von der Gefahr durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Was empfehlen Sie Leuten, die sich in den vergangenen Monaten kaum oder gar nicht bewegt haben?

Despeghel: Man könnte damit beginnen, die Alltagsaktivitäten mit dem Fahrrad zu erledigen, im Radius von fünf bis zehn Kilometern kann man so Einkäufe erledigen oder Bekannte treffen. Mit der Zeit kann man das Tempo beim Fahrradfahren erhöhen. Der Vorteil ist, dass das Körpergewicht getragen wird und damit das Skelettsystem entlastet ist. Eine andere Möglichkeit wäre, in der Mittagszeit, wenn das Licht am besten ist - was für das Immunsystem auch gut ist - Spaziergänge einzuplanen. 10.000 Schritte wären wünschenswert. Wenn die Menschen es schaffen würden, das wieder in den Alltag einzubauen, kann man auch die Pfunde, die entstanden sind, wieder abbauen. (rka/spot on news)