Übertragung durch heimische Mücken
Immer mehr Ansteckungen mit West-Nil-Virus in Deutschland: Experten rechnen mit hunderten Fällen

Das West-Nil-Virus ist in Deutschland weiter auf dem Vormarsch. Innerhalb von nur wenigen Wochen wurden mehrere Krankheitsfälle bekannt. Experten rechnen mit einer hohen Dunkelziffer und Hunderten Infektionen. Eine gute Nachricht gibt es aber auch: In den meisten Fällen verläuft die Krankheit beim Menschen völlig harmlos.
Mehrere Infektionsfälle mit West-Nil-Virus in Ostdeutschland

Nach einem ersten Fall vor einigen Wochen aus der Region Leipzig ist bei zwei weiteren Patienten in Deutschland eine West-Nil-Virus-Infektion nachgewiesen worden. Betroffen seien zwei im Spätsommer erkrankte Frauen in Berlin und Wittenberg (Sachsen-Anhalt), teilte das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) mit.
Ende September hatten das BNITM und weitere Institute bekanntgegeben, dass erstmals eine durch Mücken in Deutschland übertragene West-Nil-Virus-Infektion beim Menschen nachgewiesen wurde. Mitte August war ein 70-Jähriger aus dem Leipziger Umland an einer Gehirnentzündung erkrankt. Der Mann ist inzwischen wieder genesen. Allerdings gebe es in seinem Umkreis weitere Verdachtsfälle, so das BNITM. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Dresden handelt es sich um zwei unter 35 Jahre alte Patienten aus der Stadt und dem Landkreis Leipzig.
Zuvor war der Erreger nur in seltenen Fällen bei Reiserückkehrern nachgewiesen worden. Der erste in Deutschland diagnostizierte menschliche Fall ohne Reisebezug betraf 2018 einen Tierarzt, der sich vermutlich bei der Untersuchung eines an West-Nil-Virus verstorbenen Vogels infiziert hatte.
Nur 20 Prozent der Infizierten entwickeln überhaupt Krankheitssymptome
Das Robert Koch-Institut (RKI) rechnet damit, dass sich das Virus in Deutschland weiter etabliere und es in den kommenden Jahren vor allem in überdurchschnittlich warmen und längeren Sommern zu weiteren Erkrankungsfällen bei Menschen kommen werde.
In etwa 80 Prozent der Fälle verläuft eine West-Nil-Virus-Infektion allerdings ohne Symptome und wird daher nicht erkannt. Bei knapp 20 Prozent gibt es dem RKI zufolge milde, unspezifische Symptome wie Fieber oder Hautausschlag.
Die Infizierten entwickeln eine fieberhafte, grippeähnliche Erkrankung, die etwa drei bis sechs Tage andauert. Die Inkubationszeit beträgt zwei bis 14 Tage. Die Krankheit beginnt abrupt mit Fieber, Schüttelfrost, Kopf- und Rückenschmerzen, Abgeschlagenheit und Lymphknotenschwellungen. Auch diese bleiben häufig unbeachtet.
Laut dem RKI erkrankt jede 150. infizierte Person schwer, meist sind davon ältere Menschen mit Vorerkrankungen betroffen. Aus der Infektion kann sich in seltenen Fällen eine Gehirnentzündung entwickeln.
Impfung gegen West-Nil-Virus nicht möglich
Der Erreger kommt ursprünglich aus Afrika und hat durch Zugvögel bereits Südeuropa erreicht. In Deutschland kann es durch Stechmücken der Gattung „Culex“ übertragen werden. Gegenüber RTL teilte das BNITM mit, dass derzeit keine Impfung gegen das Virus möglich sei. Die Experten empfehlen, soweit es geht, Mücken fernzuhalten. Der Klimawandel spielt laut den Tropen-Experten ebenfalls eine Rolle, da sich die Mücken durch die dauerhaft höheren Temperaturen im Sommer auch bei uns immer wohler fühlen und sich stark ausbreiten.
Erste Nachweise des West-Nil-Virus in Europa gab es schon vor Jahrzehnten, größere Erkrankungswellen werden erst seit einigen Jahren registriert. 2018 erfasste die europäische Gesundheitsbehörde ECDC vor allem in Ländern wie Italien, Griechenland, Rumänien, Ungarn und Kroatien rund 2.000 Infektionen, rund 180 Menschen starben.
In mehreren deutschen Regionen wurde der ursprünglich aus Afrika stammende Erreger seit 2018 bei zahlreichen Vögeln und Pferden nachgewiesen. In nördlichere Gefilde gelangte er durch Zugvögel und Stechmücken.
Quelle: DPA/RTL.de