Zu eng, zu klein: Vor allem neue Züge seien nicht behindertengerecht"Ich fühle mich als Störfaktor in der Bahn" - Rollstuhlfahrerin aus Bremerhaven möchte etwas verändern

Durchgänge sind zu eng, Toiletten zu klein für einen Rollstuhl. Die Bremerhavenerin Kathrin D., selbst Rollstuhlfahrerin, sagt auch, besonders neue Züge seien alles andere als behindertengerecht.
Spontane Fahrten sind nur im Nahverkehr möglich
Kathrin D. sitzt seit neun Jahren krankheitsbedingt im Rollstuhl. Sie ist teilweise mehrmals die Woche auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen, um z.B. zum Arzt zu kommen, zum Sanitätshaus, sich mit Freunden zu treffen oder zu Veranstaltungen zu fahren. „Hierzu nutze ich meist den Nahverkehr, da ich in diese Züge relativ spontan einsteigen kann, ohne mich vorher anzumelden, was beim Fernverkehr etwas komplizierter ist, da man sich bei der Mobilitätszentrale der Deutschen Bahn anmelden muss. Spätestens bis 20 Uhr des Vortags.“, erzählt die 43-Jährige.
Kritik am neuen Metronom

In neuen Metronom-Zügen ist für Kathrin D. das größte Problem, dass der Ein- und Ausstieg steiler und schwieriger geworden sei, sagt die Bremerhavenerin: „Jetzt machen auch kleine Wände die Durchfahrt zum Abteil enger“. Sie bemängelt auch das generelle Platzangebot. „Es gibt im neuen Metronom nur 2 Rollstuhlplätze, die im Normalfall nicht ausreichen. Das Problem ist einfach, dass die Betreiber/Hersteller dieser Züge gar nicht wissen, wie viel Platz in der Realität benötigt wird.“ Für die 43-Jährige eine belastende Situation: „Ich fühle mich abhängig immer zu fragen, ob mir jemand hilft. Ich fühle mich als ein Störfaktor, wenn ich mal wieder im Fluchtweg stehe.“
Zu kleine Toiletten: "Ich fühle mich diskriminiert"

In einigen Zügen gebe es eine einzige Toilette mit Rollstuhlpiktogramm auf der Tür, wie im Zug der Eisenbahnen und Verkehrsbetriebe Elbe-Weser, evb, und dem erixx, erzählt Kathrin D. „Die Toilettenkabine ist viel zu klein, man kann sich nicht drehen, geschweige denn die Tür abschließen. Es ist ein Hohn zu behaupten, das sei eine Rollstuhltoilette. Ich fühle mich diskriminiert. Denn alle anderen können während der Fahrt auf Toilette, aber ich nicht.“
Und auch das Abschließen des WCs sei z.B. bei den neuen Metronom schwierig, sagt Kathrin. „Die Tür verriegeln kann man nur mit einem manuellen Riegel an der Tür. Ich komme aufgrund meiner eingeschränkten Fingerfunktion nicht dort oben an, um den Riegel umzudrehen.“ Kathrins Fazit: „Entweder gehe ich aufs WC mit dem Risiko, dass jemand die Tür öffnet, oder ich muss jedes mal den Zugbegleiter fragen, ob und wann ich zur Toilette gehen darf! Das kann es doch nicht sein, oder?“ Bei den alten Zügen sei das besser gewesen.
Das sagt der Eigentümer der Züge
Eigentümer der Metronom- und evb-Züge ist die Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen mbH (LNVG). Zu den Schilderungen von Kathrin D. heißt es: „Wir modernisieren derzeit unsere Doppelstockzüge und die dazugehörigen Steuerwagen, dort sind die Rollstuhlplätze untergebracht. Bei der Erneuerung der Wagen sind wir an die „VERORDNUNG (EU) Nr. 1300/2014 der Kommission über die technischen Spezifikationen für die Interoperabilität bezüglich der Zugänglichkeit des Eisenbahnsystems der Union für Menschen mit Behinderungen und Menschen mit eingeschränkter Mobilität“ gebunden. Diese – und viele andere - Vorschriften müssen wir einhalten und halten wir ein, sonst dürfen unsere Züge nicht fahren.
Mehr Sicherheit, aber weniger Platz für Rollstuhlfahrer
Laut der LNVG erreichen die Züge nach und nach ein Alter von rund 15 Jahren. Bei der Modernisierung gelten dann andere Vorschriften für die Gestaltung der Rolli-Plätze als früher. „Das ist durchaus eine Verbesserung und bringt mehr Sicherheit für die Rollstuhlfahrer: Unter anderem ist für jeden Platz eine Rückprallwand, eine Steckdose und eine Sprechstelle zum Lokführer vorgeschrieben. Außerdem muss jeweils ein fester Sitzplatz für eine Begleitperson vorhanden sein, ein Klappsitz reicht nicht mehr. Der Platzbedarf je Rollstuhlplatz wird damit größer. Der Wagen wird aber nicht größer. Das lässt es leider nicht zu, weitere Plätze für Rollstuhlfahrer vorzusehen.“
Laut LNVG berücksichtige man auch Hinweise von Nutzern, die bereits aufgenommen wurden: „So werden sich nun breitere Durchgänge ergeben, die das Manövrieren erleichtern. Diese Hinweise werden wir auch bei den Modernisierungen der Wagen von „start Unterelbe“ berücksichtigen.“ start Unterelbe ist ein Verkehrsunternehmen, das für die Züge auf der Strecke zwischen Cuxhaven und Hamburg zuständig ist.
Das sagt die LNVG zur Toiletten-Situation
Zu den Toiletten bei Metronom und start erklärt die LNVG: „Die WC-Türen müssen bisher durch das Drücken dreier verschiedener Knöpfe verschlossen werden. Das ist kompliziert, hat gelegentlich nicht funktioniert und so Fahrgäste in peinliche Situationen gebracht. Der Drehknopf ist simpel zu bedienen. Für die ganz überwiegende Mehrzahl der Fahrgäste, darunter auch behinderte Menschen, sehen wir eine deutliche Verbesserung durch den Drehknopf. Wir bedauern, wenn das nicht für jeden einzelnen Fahrgast der Fall sein sollte. Der Drehknopf ist – als ursprüngliche Notöffnung – bereits in allen Türen eingebaut, es ist nicht möglich, ihn nach unten zu versetzen.
Zu den evb-Zügen gibt es gute Nachrichten für Kathrin D. „Wir werden ab Juni bei der evb die ersten Wasserstoffzüge der Welt einsetzen. Diese Züge werden nach den aktuellen Vorschriften gebaut, die WCs werden größer sein.“
Petition im niedersächsischen Landtag
Kathrin D. betont, dass es auch gute Beispiele gibt: „In den Doppelstockzügen von der DB zwischen Norddeich Mole, Hannover, Bremerhaven-Lehe, Osnabrück, das Unternehmen "start" Cuxhaven-Hamburg und der Metronom haben im Mehrzweckabteil auf beiden Seiten Klappsitze, eine elektrische Rampe und eine große Toilette. Das ist toll! So sollte es bleiben.“
Kathrin D. hat für „die Ausstattung von Nahverkehrszügen des Metronom“ eine Online-Petition im niedersächsischen Landtag gestartet, die noch bis zum 8. März läuft. (cgo)