Ein Kommentar

Zu Heino sage ich ganz klar: Nein(o)!

Heino: «Was ich hören will, höre ich. Was nicht, höre ich dann auch nicht.» (Archivbild)
Zu Heino sagt unsere Autorin ganz klar: Nein(o)!
Robert Michael/dpa

Dass sowas noch ausgestrahlt wird, ist eine Frechheit!
Sänger Heino sorgte am Mittwoch (20. September) mit einem TV-Auftritt für Entsetzen bei seinen Fans – und bei mir. Eigentlich habe ich keine Lust, diesem Mann eine Plattform zu bieten. Gleichzeitig kann ich aber auch nicht schweigen. Meine Hoffnung: Dass die Heinos dieser Welt diesen Text lesen und – zumindest ein bisschen – darüber nachdenken. Man(n) lernt ja schließlich nie aus.

Na schau, Heino und ich haben doch was gemeinsam

Im Gespräch mit Sat.1-Frühstücksfernsehen-Moderator Matthias Killing (44) wird Heino gefragt, wie er zum Thema Gendern steht. Und der Musiker hat eine klare Meinung, mit der er nicht hinterm Berg hält. „Denen haben sie ins Gehirn geschissen, so wie wir im Rheinland sagen. Ich steh’ da überhaupt gar nicht zu“, bricht es aus ihm heraus. Doch damit nicht genug: „Ich werd’ weiter von der schwarzen Haselnuss singen, ich werd’ weiter ,Lustig ist das Zigeunerleben‘ singen“, erklärt er im TV. Für diese diskriminierende Sprache hagelte es einen Shitstorm bei Instagram. Das konnte der 84-Jährige so gar nicht verstehen. Wäre ja auch zu viel verlangt.

Lese-Tipp: Heino spaltet mit Gender-Äußerungen das Netz: „Denen haben sie ins Gehirn gesch...“

Um ganz ehrlich zu sein, weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll. Heino zu erklären, was Rassismus bedeutet und wie schwer es teilweise ist, eine Frau zu sein, wäre wahrscheinlich Quatsch. Deswegen versuche ich es mit Emotionen. Schließlich ist der Herr doch Musiker, Künstler. Mit seiner Stimme und seinen Texten soll er Menschen doch berühren, sie glücklich und nachdenklich stimmen. Manchmal sollen seine Texte aber bestimmt auch helfen.

Na, zumindest diese eine Sache haben wir gemeinsam – ganz sicher aber auch die Einzige.

Für die Frau ist kein Platz in der Gesellschaft - nicht mal in der Sprache

Dass man nicht gendern möchte, ist die eine Sache. Dass man sich ins Fernsehen setzt und ganz klar das Z-Wort in den Mund nimmt, ohne es zu hinterfragen, ja es sogar abtut und garantiert, es wieder zu tun, ist die andere.

Warum ich das so schlimm finde? Beginnen wir mit dem Gendern. Viele Feinde der Sternchen und Binnen-Is sehen die freien Sprache in Gefahr – wie Heino wohl auch. Sie wittern eine Art Männer-gegen-Frauen-Kampf, verhärtete Fronten und Unversöhnlichkeit. Ja, Sprache kann vieles. Auch Assoziationen hervorrufen. Bei männlichen Formen wie „Polizist“, „Chirurg“, „Lehrer“ und auch „Sänger“ assoziieren wir in der Regel – wenig erstaunlich – Männer. Und das ist sogar erwiesen: Es gibt diverse psycholinguistische Studien (eine zum Beispiel der Universitäten Kassel und Würzburg), die beweisen, dass die Abwesenheit des weiblichen Geschlechts in der Sprache unser Denken beeinflusst.

Heißt: Uns wird dadurch weis gemacht, ohne dass wir es selbst hinterfragen und bewusst wahrnehmen, dass für die Frau kein Platz in der Gesellschaft ist. Nicht mal in der Sprache. Kein Mensch behauptet, dass Gleichberechtigung mit ein paar Sternchen und Binnen-Is erreicht ist – aber es könnte ein Anfang sein. Und genau deswegen sollten wir auch Gendern.

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Heino, das Z-Wort steht für Leid, Gewalt und Ausgrenzung

Ähnlich ist es beim Z-Wort. Es aus unserem Wortschatz zu entfernen, wird nicht dafür sorgen, dass Rassismus von heute auf morgen verschwindet. Aber es ist ebenfalls ein Baustein. Ein Anfang. Denn: Hinter dem Wort steckt nicht einfach eine Beschreibung für ein leckere Sauce – und ganz sicher war deren Leben auch nicht „lustig“, wie Heino gerne weiter singen möchte. Dieses Wort wurde jahrhundertelang systematisch verwendet, um eine bestimmte Gruppierung zu erniedrigen.

Das umstrittene Wort steht für Leid, Gewalt und Ausgrenzung. Es ist eine Erinnerung an den Porajmos (den Genozid an den europäischen Roma in der Zeit des Nationalsozialismus). Wussten Sie, dass der Buchstabe „Z“ den Sinti und Roma in den Konzentrationslagern der Nazis auf die Haut tätowiert wurde? Was für ein Schmerz das für die Opfer und Betroffenen sein musste, kann ich nur erahnen. Fest steht: Ob das Wort gebraucht werden darf, sollten nicht diejenigen entscheiden, die es verwenden, sondern diejenigen, die es betrifft. Und das hat am Ende des Tages auch nichts damit zu tun, ob man in der Politik oder in der Musikindustrie tätig ist, lieber Heino. Denn: Roma haben sich selbst nie so bezeichnet. Das Wort wurde von anderen kreiert - um Sinti und Roma zu degradieren. Und jetzt soll sich der Sänger bitte nochmal hinstellen und behaupten, dass er sich niemals rassistisch geäußert hat. Oh doch, das hat er!

Im Rheinland sagen wir: Vielleicht hat man ihm ja „ins Gehirn gesch…..?“

Am Ende will Heino nur eins: dass man über ihn spricht. Er will sein neues Album promoten, in den Medien sein und das ganz offensichtlich ohne Rücksicht auf Verluste. Aber wäre es nicht schöner, nur mit der Musik in den Medien zu sein? Dass die Menschen über etwas Positives sprechen?

Kommt seine Musik etwa nicht mehr so gut an? Wenn man solche Geschütze auffahren muss? Ob ich Heino damit verletze? Ist mir egal. Dann weiß er vielleicht, wie sich das anfühlt. Denn als Frau nicht gesehen zu werden, sich immer im Schatten der Männer aufhalten zu müssen, bloß nicht zu viel zu sein, nachts auf der Straße Angst zu haben – das sind alles Dinge, die der alte weiße Mann niemals verstehen wird.

Genauso wenig versteht er, warum er das Z-Wort nicht mehr in den Mund nehmen sollte. Für ihn ist es vielleicht nur ein Wort, für viele andere Menschen ist es eine Beleidigung. Es ist mit viel Schmerz und Leid verbunden. Es tut weh. Ja, Heino hat sich auf eine butterweiche Couch gesetzt und sich für Demokratie und Meinungsfreiheit ausgesprochen. Doch was er nicht versteht ist, dass Meinungsfreiheit da aufhört, wo sie Minderheiten verletzt. Also habe ich nur noch eine Vermutung: Vielleicht hat man ihm ja „ins Gehirn gesch...?“ So sagen wir das doch „hier im Rheinland“, alles halb so wild.