Abou-Chakers Anwalt: "Kein faires Verfahren"
Gefährdet die Razzia bei Arafat Abou-Chaker den gesamten Prozess gegen den Clan-Chef?

Es könnte das vorzeitige Ende für den Prozess gegen Arafat Abou-Chaker sein. Denn bei der Razzia vergangene Woche soll das LKA laut dem Anwalt des Abou-Chaker-Oberhauptes handschriftliche Dokumente fotografiert haben, die unter anderem auch die Strategie vor Gericht zeigen. Zudem arbeite Bushido mit der Presse und dem LKA zusammen, um Arafat in einem ganz bestimmten Bild darzustellen. Arafats Verteidigung weist darauf hin, dass sei kein „Fair Trail“, also kein faires Verfahren. Sie beantragt deshalb am neunten Prozesstag in Berlin die Aussetzung oder sogar Einstellung des Prozesses. Noch gibt es keine finale Entscheidung.
Rechtsanwalt: Razzia sei eine Inszenierung
Die Stimmung vor Gericht ist gereizt. Eigentlich sollte auch dieses Mal wieder die Aussage von Bushido fortgesetzt werden, doch alles dreht sich nur um eins: die Razzia bei Arafat Abou-Chaker am vergangenen Dienstag. Die Polizei und die Steuerfahndung untersuchten dabei 18 Objekte des Clan-Chefs wegen Verdacht auf Steuerhinterziehung und Geldwäsche. Im Gerichtssaal heute bezeichnet der Rechtsanwalt des Clan-Chefs, Hansgeorg Birkhoff, die Razzia als Inszenierung. Man habe den Clan-Chef in einem ganz bestimmten Bild darstellen wollen, sagt Birkhoff beim Prozess. Weiter fragt er: „Was spielt sich im Hintergrund dieses Verfahrens ab?“ Das ganze Drumherum würde kein faires Verfahren ermöglichen. Ein „Fair Trail“ gehört laut Definition zu den wesentlichen Grundsätzen eines rechtsstaatlichen Verfahrens und wird als allgemeines Prozessgrundrecht qualifiziert. Genau dies können Arafat Abou-Chaker durch die Razzia nicht mehr garantiert werden.

Für Abou-Chaker-Familie ist die Situation nicht mehr reparabel
Bei der Razzia beschlagnahmten die Beamten auch aktuelle Verfahrensunterlagen. Dabei wurden sowohl ein Ordner mit Papieren gegen den Willen von Abou-Chaker mitgenommen, als auch geheime handschriftliche Prozess-Notizen fotografiert. Die Verteidigung fürchtet nun, dass die Ermittler Bushido die beschlagnahmten Dokumente zukommen lassen hat. Die Situation ist laut Rechtsanwalt Birkhoff deswegen „nicht mehr reparabel“. Dazu kommt, dass die Verteidigung Bushido eine Zusammenarbeit mit der Presse und dem LKA vorwirft. Bei der Razzia seien Journalisten der BILD-Zeitung bereits vor der Polizei vor Ort gewesen. Die Anwälte der Verteidigung wollen die bei der Razzia anwesenden Journalisten deswegen vorladen lassen. Es geht vor allem um die Frage: Wie fand der Verrat der bevorstehenden Durchsuchungen an die Presse und den Nebenkläger statt? Laut Verteidigung habe hier eine gemeinsame Absprache zwischen Bushido, seinen Anwälten, der Presse und dem LKA stattgefunden und verhindere einen seriösen Prozess.
Richter hat am heutigen Prozesstag Bauchschmerzen
Bis zur Mittagspause um kurz vor 12 Uhr gibt es noch keine klare Entscheidung, wie es nun weitergeht. „Ich habe Bauchschmerzen“, sagt der Richter zum heutigen Ablauf. Doch auch nach der Pause gibt es keine finale Entscheidung, ob der Prozess ausgesetzt oder sogar eingestellt wird. Erst einmal werden weitere Fakten rund um die Razzia gesammelt und Bushido muss seine Aussage machen. Die Verteidigung wirft ihm vor von der Razzia gewusst zu haben. Denn bereits zwölf Tage vor der Durchsuchung wird er von der Steuerfahndung kontaktiert und über die Überprüfung des Grundstücks in Kleinmachnow, das er sich mit Arafat Abou-Chaker teilt, informiert. Bereitwillig gibt er die Schlüssel und den Sicherheitstoken für das Tor ab. Über einen konkreten Termin für die Razzia will er nichts gewusst haben.
Abou-Chaker Brüder wirken geladen

Die Abou-Chaker-Brüder verfolgen heute alle sehr aufmerksam Bushidos Aussage. Auf RTL-Reporterin Samina Faizi wirken sie sehr geladen. Ihr Nervenkostüm scheint heute dünner zu sein als an den anderen Tagen. Auch auf Faizi und andere Medienvertreter scheinen sie heute schlechter zu sprechen zu sein als zuvor.
Der Prozess endet mit der Befragung Bushidos zu seinem Kontakt zur Presse. Es geht vor allem darum, ob er die anwesenden Journalisten über die Razzia informiert habe. „Können Sie es ausschließen?“, fragt die Verteidigung. „Ja, kann ich“, entgegnet Bushido. Kurz darauf ist Schluss für heute. Ob der Prozess gegen die Abou-Chaker wegen Beleidigung, Erpressung und Gewalt ausgesetzt oder sogar eingestellt wird, muss beim nächsten Termin am 05. Oktober geklärt werden.