Bis 9. August keine Streiks bei der Bahn
Gewerkschafts-Boss Weselsky stellt Weichen im Tarifkonflikt

Erst waren es Drohungen, jetzt macht die Lokführer-Gewerkschaft GDL ernst und kündigt im Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn erste Arbeitskampfmaßnahmen an. GDL-Chef Claus Weselsky will jetzt seine Mitglieder zu einer Urabstimmung aufrufen, die für den 9. August 2021 ausgezählt werden soll. Die GDL erwartet bis dahin ein neues Angebot der Deutschen Bahn, Warnstreiks soll es es nicht geben. Nach der Auszählung könnte es aber zu langen Streiks kommen. Kaum kommt das Land in Bewegung, droht wieder Stillstand.
Angebot der Deutschen Bahn und GDL-Forderung unterscheiden sich wenig
Tatsache ist: Die Deutsche Bahn hat durch Corona Milliarden-Schulden gemacht. Wegen der stark gesunkenen Fahrgastzahlenbetrug der Verlust rund 5,7 Milliarden Euro für das Jahr 2020. Im Jahr zuvor hatte es noch einen Gewinn von immerhin 680 Millionen Euro gegeben. Mit der größeren Eisenbahn und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hat sich die Deutsche Bahn bereits auf moderate Gehaltserhöhungen geeinigt. Laut Deutscher Bahn wurde eine Tariferhöhung von 1,5 Prozent für eine Laufzeit ab Anfang 2022 bis Ende Februar 2023 vereinbart. In diesem Jahr soll es kein Lohnplus geben. Einen vergleichbaren Abschluss strebt die Bahn mit der GDL an.
Und die GDL? Sie fordert angelehnt an den Tarifabschluss des öffentlichen Dienstes eine Einkommenserhöhung von 1,4 Prozent plus eine Corona-Prämie in Höhe von 600 Euro in diesem Jahr sowie weitere 1,8 Prozent im nächsten Jahr. Die Beschäftigten hätten mehr verdient als einen Ausgleich der Preissteigerung, argumentiert GDL-Chef Weselsky.

Dabei liegt das konkrete Angebot der Deutsche Bahn gar nicht so weit entfernt: Angelehnt an den "Notlagentarifvertrag" der ebenfalls stark verschuldeten Flughäfen bot sie eine Einkommenserhöhung von 1,4 Prozent an, allerdings erst ab Oktober 2022, die weiteren 1,8 Prozent sollen dann erst im April 2023 folgen. „Es würde kein Mensch verstehen, wenn die GDL jetzt einen Tarifkonflikt anzetteln würde, der wirklich unnötig ist", kritisierte Bahn-Personalvorstand Martin Seiler.
GDL-Chef Weselsky hat jedenfalls die Verhandlungen abgebrochen und verlangt ein Angebot, dass es „verdient, verhandelt zu werden“. Er sieht die Eisenbahner als „systemrelevant“ und verlangt eine Gleichstellung mit dem öffentlichen Dienst. „Es ist eine lange Zeit zum Nachdenken für die Teppichetage im Bahntower und auch für den Eigentümer“, sagte Weselsky am Donnerstag bei der Ankündigung der Urabstimmung.
Fragt sich angesichts der ganzen Zahlen, ob sich ausgerechnet während der Corona-Pandemie ein Streik rechnet. Eine Einigung wäre auch für das ganze Land jedenfalls ein gutes Zeichen. (aze)