Kommentar zur bizarren Red-Bull-EntscheidungVerstappen boykottiert TV-Sender: Was für ein albernes Kasperle-Theater!

Max Verstappen gelingt beim Grand Prix von Mexiko-Stadt Historisches. Der Niederländer bricht mit seinem 14. Sieg in einer Formel-1-Saison den Rekord von Michael Schumacher und Sebastian Vettel. In Deutschland, Italien und Großbritannien bekommen die Zuschauer von Verstappen dazu allerdings nix zu hören. Der Grund: Red Bull boykottiert einen unliebsamen TV-Sender – was für ein albernes Kasperle-Theater!
Red-Bull-Teamchef Christian Horner ordnete Boykott an
Wer Max Verstappen nach dessen Rekordsieg in der dünnen Luft von Mexiko-Stadt hören wollte, lauschte in die Röhre – jedenfalls als Sky-Kunde. Weder am Mikrofon von „Sky UK“ noch bei „Sky Italia“ noch bei den Kollegen von „Sky Deutschland“ atmete der Formel-1-König aus. Eine Anordnung von ganz oben, Red-Bull-Teamchef Christian Horner hatte seinen „Bullen“ in Mexiko verboten, mit dem in Ungnade gefallenen Senderverbund zu sprechen, wie der Brite in einer Medienrunde mit der schreibenden Zunft kundtat.
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"Es hatte nichts mit diesem Wochenende zu tun. Aber es war das ganze Jahr über konstant. Sie waren fast täglich respektlos, vor allem eine spezielle Person. Und es ist genug, das akzeptiere ich nicht“, moserte Verstappen auf der Pressekonferenz nach dem GP: "Ich toleriere es nicht mehr und deshalb antworte ich ihnen nicht mehr."
Die „spezielle Person“, die Verstappen und Red Bull zum Brausen bringt, ist kein Mister X, sondern Ted Kravitz. Der Sky-Boxengassenreporter zieht schon lange den Unmut des Weltmeister-Rennstalls auf sich. Beim US-GP in Austin sprach der Brite mit Blick auf Verstappens umstrittenen WM-Triumph aus dem Vorjahr von einem „gestohlenen Titel“, Landsmann Lewis Hamilton bezeichnet er gerne als „achtmaligen Weltmeister“.
Und dann, dann musste Horner auf der Freitags-PK in Mexiko ja auch noch kritische (Donnerwetter!) Fragen zu Red Bulls Budgetregelbruch beantworten. Hier witterte der Brause-Rennstall offenbar eine Verschwörung: die bösen Sky-Reporter als Mercedes-Sprachrohre.
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Beleidigte Leberwürste statt Profis
Natürlich haben Verstappen und Red Bull das Recht, zu reden, mit wem sie wollen. Sie sind auch nicht die ersten, die Interviews mit bestimmten Leuten verweigern. Günther Steiner etwa spricht seit einem Interview von Sky-Moderator Peter Hadernacke zum Thema Mick Schumacher, das dem Südtiroler so gar nicht gefiel, nicht mehr mit den Kollegen aus Unterföhring. Mattia Binotto mochte die Interviewführung von Sky Italia in Zandvoort nicht, weswegen er seine Landsleute geflissentlich ignorierte.
Kann man machen. Es entsteht dadurch allerdings der Eindruck, als seien hier allzu sensible Dünnhäuter am Werk und keine Profis, die ihr (mediales) Geschäft im Griff haben. Statt rhetorisch clever zu agieren, statt journalistische Fragen zu hinterfragen oder für die Ohren des Zuschauers zu zerlegen, verhalten sich die Boykottierenden wie „beleidigte Leberwürste“ (Liebe Grüße nach Kiew, Herr Melnyk).
In einer Zeit, in der freie Meinungsäußerung, in der freier, öffentlicher Streit so wertvoll ist, wirkt der von Horner diktierte „Boykott“ wie ein albernes Kasperle-Theater. Es geht hier, bei allem Respekt, nur um die Formel 1, Kategorie panem et circenses, „Brot und Zirkusspiele“. Und diesen Zirkus, das sollten die Herren Horner und Verstappen nicht vergessen, bezahlen ganz wesentlich die TV-Sender über ihre Zuschauer. Letztere sind es, die ein wahrhaft nicht gerade billiges Abo gekauft haben, um die Fahrer fahren und nach dem Fahren übers Fahren sprechen zu sehen.
In Brasilien RTL wieder am Start
In Mexiko missachteten Verstappen und Red Bull ihre Zuschauer, ihre Fans, in drei Ländern kollektiv. Weil ihnen ein Reporter nicht passt. Weil ihnen die Berichterstattung eines der drei Sky-Sender nicht passt. Völlig daneben!
Die gute Nachricht: Beim nächsten Grand Prix in Brasilien wird sich Max Verstappen äußern. RTL überträgt dann im Rahmen eines großen Formel-1-Abends das letzte von vier Free-TV-Rennen. Die Chemie zwischen Verstappen und „Mr. Boxengasse“ Kai Ebel stimmt. Der journalistischen Fairness halber kann man aber nur hoffen, dass der Weltmeister auch am Sky-Mikrofon wieder spricht.




