Jedes zweite Gespräch mit Senioren weist schwere Beanstandungen auf
Finanzaufsicht Bafin macht Beratungs-Check bei Banken und Sparkassen
Bafin schaut Kreditinstituten auf die Finger
Nehmen Banken den Verbraucherschutz bei der Beratung von Kunden ernst genug? Um das herauszufinden, haben Testkäufer im Auftrag der Bafin den Kreditinstituten auf die Finger geschaut. Die Ergebnisse einer ersten Stichprobe bezeichnet die Bankenaufsicht als „ernüchternd“. Vor allem bei Beratungsgesprächen mit Senioren in der Altersgruppe ab 60 Jahren gab es schwere Beanstandungen.
„Mystery Shopping“ bei Banken und Sparkassen
Die Finanzaufsicht Bafin hat bei einer ersten Stichprobe von Testkäufen Mängel bei der Beratung von Bankkunden festgestellt. „Die Fehlerquote war auf den ersten Blick auffällig: In 12 von 36 Beratungsgesprächen – also in jedem dritten – wurden wichtige Informationsdokumente nicht übergeben“, fasst der Leiter der Abteilung Verbraucherschutz der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), Christian Bock, den Test zusammen.
Bei diesem sogenannten Mystery Shopping seien weitere Defizite zutage getreten: So seien Kundenangaben nicht immer zutreffend aufgenommen worden. Möglicherweise, um eine bestimmte Empfehlung aussprechen zu können, die zu den tatsächlichen Angaben nicht gepasst hätten, schreibt die Bafin. Ebenfalls auffällig: Der Großteil der schwerwiegenden Beanstandungen bezog sich auf Gespräche in der Altersgruppe der Senioren (ab Jahren). Jedes zweite Beratungsgespräch verlief nicht zufriedenstellend. „In den höheren Altersgruppen kommen verschiedene Einzelrisiken zusammen, das macht Ältere zu einer besonders verwundbaren Kundengruppe. Eine Häufung von Auffälligkeiten war also zu befürchten – und die Daten bestätigen das“, erklärt Bock.
Beim „Mystery Shopping“ treten geschulte Testkäuferinnen und Testkäufer als Verbraucher auf, um sich beraten zu lassen oder Produkte zu Testzwecken zu erwerben. So will die Aufsicht einen Eindruck davon bekommen, wie Unternehmen mit ihren Kundinnen und Kunden umgehen. Für den ersten Anlauf prüften von der Aufsicht beauftragte Agenturen je vier Sparkassen, Genossenschaftsbanken und Privatbanken.
Bafin lässt ab 2022 regelmäßige Testkäufe durchführen
Die Stichprobe sei zwar nicht repräsentativ, dennoch nehme die Bafin die Ergebnisse sehr ernst. „Die Daten erlauben zwar keine Rückschlüsse auf den Gesamtmarkt, sind für mich aber ein klares Zeichen dafür, dass wir künftig bei der Anlageberatung noch genauer hinsehen müssen“, fasste Bock zusammen. Von 2022 an will die Bafin Anbietern mit Testkäufen in größerem Stil auf den Zahn fühlen. Die im Pilotprojekt auffällig gewordenen Institute hat die BaFin direkt angeprochen und sie mit den Feststellungen konfrontiert.
Deutschlands oberster Verbraucherschützer Klaus Müller begrüßte die Bestrebungen: „Dass Banken und Sparkassen schon bei einfachen Verbraucherinformationen gegen gesetzliche Regelungen verstoßen, ist ein Weckruf“, kommentierte der Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) am Freitag den Testlauf.
Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) schrieb in einer Stellungnahme, die Schlussfolgerungen der Bafin seien aufgrund der geringen Anzahl an Testkäufen in dem Pilot-Verfahren nicht repräsentativ. „Die Einschätzung der Bafin überrascht uns, wir nehmen sie aber ernst“, teilte der Dachverband der fünf großen Bankenverbände mit. „Aufgrund der wenig konkreten Kritik und der fehlenden Transparenz des jeweiligen Ablaufs der Gespräche fehlt es den Verbänden aktuell jedoch noch an einer belastbaren Grundlage für eine Bewertung beziehungsweise eine unmittelbare Reaktion.“ (dpa/aze)