Größter Leverkusen-Triumph von 1988 soll sich wiederholen

Mit Baustellen-Mentalität ins Rückspiel: Bayer träumt von zweitem Wunder

Nach dem 1:1 im Viertelfinal-Hinspiel hat Bayer Leverkusen im Rückspiel bei Union Saint-Gilloise (ab 20.15 Uhr, LIVE bei RTL und auf RTL+) noch alle Chancen aufs Halbfinale. Eine prächtige Ausgangslage verglichen mit jener vom UEFA-Cup-Endspiel 1988. Damals ging die „Werkself“ mit einer 0:3-Hypothek ins Rückspiel um den Silberpott. Was folgte war ein legendärer Europapokal-Abend, der die Elf von Xabi Alonso inspirieren sollte. Die unvergesslichen Jubelbilder – im Video.

Espanyol Barcelona erlebt sein blaues Wunder

18. Mai 1988: Ein Tag, der in der Vereinsgeschichte von Bayer Leverkusen wohl auf ewig mit dem Vermerk „größter Triumph“ gekennzeichnet ist. Es ist der Tag, an dem die „Werkself“ ein Fußball-Wunder vollbringt und den UEFA Cup gewinnt.

Der 18. Mai lebt im Leverkusen des Jahres 1988 von der ersten Stunde vom Prinzip Hoffnung. Was bleibt Bayer auch anderes übrig? 0:3 hat die Mannschaft von Erich Ribbeck das Final-Hinspiel bei Espanyol Barcelona in den Sand gesetzt. Die Katalanen sind mit der Siegesgewissheit einer spanischen Armada an den Rhein gereist. Der Titel – Formsache für das Team um Kapitän Pichi Alonso. Sie erleben ihr blaues Wunder!

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Leverkusens Auftritt in Saint-Gilloise läuft im Free-TV bei RTL und im Stream auf RTL+. Außerdem gibt's bei uns die Matchday-Show und eine Konferenz.
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Baustelle wird zum Tollhaus

Das Ulrich-Haberland-Stadion (die heutige BayArena) ist im Mai 1988 eine Baustelle. Auch das bessert die Voraussetzungen für die Ribbeck-Elf nicht gerade. Die Baustelle aber verwandelt sich an diesem Abend in ein Tollhaus.

Dabei spricht erst einmal gar nix für ein Wunder. Zur Pause steht es 0:0, da hat Ribbeck die erste von zwei guten Ideen. „Sir Erich“ bringt Herbert Waas für Stürmer Christian Schreier – und das Bayer-Spiel nimmt Fahrt auf. „Mein Gott, kann dieser Herbert Waas Fußball spielen, solch eine Stürmerleistung habe ich in dieser Saison noch nicht gesehen“, sagt Trainer-Ikone Udo Lattek auf der Tribüne. In Minute 57 wirbelt Waas durch die Espanyol-Abwehr, passt nach innen zum Brasilianer Tita – endlich das 1:0.

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Dann macht es "Bum" und Leverkusen explodiert

Es folgt Ribbecks zweite gute Idee – die aber kaum einer versteht. Der Coach holt Tita vom Rasen, bringt mit Klaus Täuber Schnauzbart-Powerund Roberto-Carlos-artige Oberschenkel. Ribbeck will vermeiden, dass der Gelb verwarnte Tita – von den Barcelona-Spielern ständig provoziert – die Nerven verliert.

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Der Kniff zahlt sich aus. Täubers erste Aktion passt wie angegossen. Er flankt auf Falko Götz, dessen Flugkopfball knapp über Höhe der Grasnarbe zum 2:0 ins Netz rauscht. Auf der Baustelle geht’s jetzt rund, Leverkusen spielt sich in einen Rausch. Südkoreas Bundesliga-Legende Bum Kun-Cha lässt das Städtchen am Rhein mit seinem 3:0 neun Minuten vor Abpfiff endgültig explodieren. Verlängerung! Dass in der keine Tore fallen, ist an einem Abend wie diesem folgerichtig. Das ultimative Drama Elfmeterschießen muss her.

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Zappel-Vollborn rudert Bayer zum Titel

Und auch der Showdown vom Punkt geht für Leverkusen denkbar schlecht los. Ralf Falkenmayer scheitert an Kameruns Nationaltorwart Thomas N’Kono. Espanyol dagegen versenkt die ersten zwei Elfer. Doch Leverkusen hat ja noch Torhüter Rüdiger Vollborn. Der mutiert auf der Linie zum Zappelphilipp – Santiago Urquiaga lässt sich irritieren, knallt das Ding an die Latte. Vollborn zappelt weiter, bei Manuel Zúñigas Schuss bleibt er einfach stehen und wehrt ab.

Leverkusen geht in Führung, das Wunder nimmt Konturen an, plötzlich sind die Spanier unter Druck. Sebastián Losada muss treffen. Vollborn zappelt, Vollborn rudert und Losada – haut die Murmel in den Nachthimmel. Bayer hat den Pott, das Ulrich-Haberland-Stadion implodiert und explodiert im Wechsel.

Seoane traut Leverkusen alles zu

Genug Inspiration eigentlich für die Mannen von Xavi Alonso, um das 1:1 im Hinspiel gegen Saint-Gilloise im Rückspiel bei den Belgiern in einen Sieg zu wandeln. Gerardo Seoane, in der Bundesliga-Hinrunde entlassen, traut seiner Ex-Truppe in der Europa League alles zu. Er glaube „an ein Weiterkommen von Bayer 04. Es wird nicht einfach, aber die hohe Qualität der Leverkusener in der Offensive wird den Unterschied machen“, sagte der Schweizer bei Sport1.

Im Falle eines Halbfinal-Einzugs sei das Teilnehmerfeld sehr ausgeglichen. Sowohl Feyenoord als auch AS Rom gelten als starke Gegner, „aber trotzdem darf man den Anspruch haben, sie zu bezwingen. Bei einer Finalteilnahme ist immer alles möglich.“

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Robert Andrich: "Es wird mal wieder Zeit"

Seoane hatte Bayer im Vorjahr als Dritter in die Champions League geführt. Dort startete er mit einem Sieg und zwei Niederlagen. Nach dem 0:2 beim FC Porto am 4. Oktober wurde er beurlaubt. Unter Nachfolger Alonso wurde Bayer nach zwei Unentschieden und einer Niederlage Dritter in der Vorrunden-Gruppe, verpasste somit die K.o.-Phase, durfte aber in der Europa League weitermachen.

Die sei nicht dasselbe wie die Königsklasse, gestand Mittelfeldspieler Robert Andrich vor dem Spiel in Brüssel, aber dennoch ein interessanter Wettbewerb. „Es ist keine Champions League, aber es kann schon was Besonderes sein“, sagte er: „Ein Halbfinal-Einzug wäre sowieso immer etwas Besonderes. Und in der Europa League wäre das schon eine Riesensache. Für mich persönlich, als auch für den Verein. Das letzte Mal war 2002. Es wird mal wieder Zeit.“ Nach dem bis heute letzten Halbfinal-Einzug in einem Europacup erreichte Bayer auch das Endspiel in der Champions League, verlor aber 1:2 gegen Real Madrid.

1988 wird in Leverkusen immer einzigartig bleiben. Dennoch: Ein Hauch Ulrich Haberland, ein Hauch Baustellen-Mentalität würde Bayer Leverkusen heute Abend in Saint-Gilloise sicher helfen. (mar/dpa)