DAS brauchen Kinder wirklich
Erziehungsexpertin: Falsches Loben verunsichert Kinder nur

Ein Lob, wenn es gelingt oder richtig gemacht wird - Tadel, wenn es nicht passt. Die allermeisten von uns sind so aufgewachsen. Viele Eltern konzentrieren sich heutzutage aber eher aufs Loben, damit so das Selbstbewusstsein des Kindes gestärkt wird - und übertreiben es damit. Aber das kann nach hinten losgehen, warnt eine Erziehungsexpertin jetzt, und sagt, worauf es beim Loben wirklich ankommt.
Kinder nicht wie Zirkusaffen dressieren
Qualität stand Quantität - das fasst in Kürze zusammen, wie Eltern laut Erziehungsexpertin und Psychologin Johanna Graf loben sollten. Denn einfach immer nur "Super!", "Toll!" und "Gut gemacht!" rufen, helfe dem Kind nicht weiter - im Gegenteil: Zu viel oberflächliches Lob kann Kinder auch verunsichern. Noch weniger funktioniere das System entweder Lob oder Tadel - es dressiere Kinder "wie Zirkusaffen" und vermittele dem Kind den Eindruck, dass die elterliche Liebe immer an Bedingungen geknüpft ist.
Übertriebenes Lob führt zu hohem Erwartungsdruck
Die Mitgründerin des „Instituts zur Stärkung der Erziehungskompetenz“ gibt in der Wochenzeitung „Die Zeit“ ein Beispiel: Bringt das Kind beispielsweise eine gute Note nach Hause und erzählt davon voller Freude, werde es oft gelobt, um es zu bestätigen. „Aber was passiert, wenn das Kind in der nächsten Arbeit eine Drei schreibt?“, sagt Graf der Zeitschrift und sagt weiter: „Übertriebenes Lob und Lob, das sich auf die Fähigkeiten der Person bezieht – du bist gut in Mathe (oder du bist es eben nicht) – führt bei den meisten Menschen nicht zu einem übersteigerten Selbstwertgefühl, sondern zu einem enormen Erwartungsdruck.“ Eine schlechtere Note werde von Kindern dann in der Folge oft als persönliches Versagen gewertet.
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Anstrengung des Kindes würdigen - indem die Freude geteilt wird
Eine ähnliche Situation: das Kind steigt zum ersten Mal die Rutsche hoch. Wenn es nach den Eltern ruft, erwartet es kein Lob – sondern einfach, dass Mama oder Papa seinen Stolz und seine Freude teilen. Wie können Eltern es also besser machen? Im Fall der Zeugnisnoten könne man sagen: „Ich freue mich mit dir, ich habe gesehen, wie viel du geübt hast“, sagt Graf der Zeitschrift.
So würdige man die Anstrengung des Kindes, und nicht seine scheinbar gegebenen Fähigkeiten und das Kind lerne, dass es an neuen Herausforderungen wachsen kann. Das fördert die Entwicklung der Selbstständigkeit. Würden Kinder pauschal für ihre Intelligenz gelobt, würden sie vermeiden, sich neuen Aufgaben zu stellen – aus Angst zu scheitern. Trotzdem gebe es Situationen, in denen klassisches Loben sinnvoll sei: Wenn etwa Dinge mit Ausdauer erlernt werden müssten – als Motivation durchzuhalten.
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Kinder brauchen Zeit, Zuwendung, Zärtlichkeit
„Lob ist wie Dünger – ein schöner Zusatz“, fasst die Psychologin zusammen. „Aber zum Gedeihen brauchen junge Pflanzen gute Erde, Sonne, Wasser. Für Eltern könnte man das übersetzen mit Zeit, Zuwendung, Zärtlichkeit.“ Oberstes Ziel von Elternschaft sei es deswegen, sein Kind bedingungslos zu lieben und das auszudrücken, ihm warmherzig zu begegnen, unabhängig davon, ob es sich wohl- oder fehlverhalte, so Graf in dem Interview. (ija)