Heute vor 35 Jahren11 Fakten zum legendären ersten Wimbledon-Sieg von Boris Becker

Sommer 1985: Ganz Deutschland ist hingerissen von dem jungen, temperamentvollen Boris Becker. Der damals 17-Jährige spielt sich in die Herzen der Tennisfans – und schafft die Sensation: Becker siegt in Wimbledon! Im Finale bezwingt der Teenager den Amerikaner Kevin Curren in vier Sätzen mit 6:3, 6:7, 7:6 und 6:4. Ein Triumph, der auch heute, 35 Jahre später, unvergessen ist. Wir blicken mit elf spannenden Fakten auf den ersten großen Erfolg der Tennis-Legende zurück.
1. Der 7. Juli - ein historischer Tag
Deutschlands bis dahin größter Tennis-Spieler Gottfried von Cramm hätte an diesem 7. Juli im Jahre 1985 Geburtstag gefeiert, wäre 76 Jahre alt geworden. Er verstarb jedoch neun Jahre zuvor bei einem Verkehrsunfall in Ägypten. Der Tennis-Baron, wie von Cramm genannt wurde, gilt als einer der besten Tennisspieler, die nie einen Einzeltitel in Wimbledon gewonnen haben. Von 1935 bis 1937 stand er dreimal im Endspiel, er verlor alle drei. Am 7. Juli 1967 hatte als zweiter Deutscher Wilhelm Bungert das Wimbledon-Finale erreicht. Auch er verlor – gegen den Australier John Newcombe.
2. Blitzstart im Finale – und gleich Rekorde
Becker gewann den ersten Satz des legendären Finalspiels mit 6:3 und war damit der erste Deutsche, der in einem Wimbledon-Finale einen Satz gewann. Außerdem ist er der erste ungesetzte Spieler, der einen Satz in einem Wimbledon-Finale gewinnen konnte.
3. Keine 24 Stunden Pause vor dem Finale - und trotzdem ein Mega-Match
Um 18.26 Uhr an diesem Sonntag, dem 7. Juli, ging ein Siegesschrei durch ganz Deutschland. Nach drei Stunden und 18 Minuten hatte der deutsche Shooting-Star den favorisierten Weltranglisten-Fünften Kevin Curren (USA) bezwungen. 14.433 Zuschauer auf dem Centre Court feierten den Deutschen. Weil es freitags geregnet hatte, musste Becker samstags noch sein Halbfinale gegen den Schweden Anders Jarryd zu Ende spielen. Er hatte vor dem Endspiel kaum 24 Stunden Pause. Becker quälte und kämpfte sich durch das Turnier: „Ich hatte Magenschmerzen, der Rücken tat ständig weh, der linke Knöchel war geschwollen, ich habe 6 Pfund abgenommen.“ Im dritten Satz stand das Match auf der Kippe. Der Deutsche kassierte bei 1:1-Sätzen ein Break zum 3:4, er schaffte aber direkt im nächsten Spiel das Re-Break zum 4:4 und gewann den dritten Durchgang im Tie-Break. Becker schlug im Finale 21 Asse, Kevin Curren 19.
4. Konkurrent Curren hatte alle Sätze bis zum Finale gewonnen

Der 27-jährige Curren war durchs Turnier gefegt. Er hatte vor dem Finale keinen (!) Satz verloren und dabei Stefan Edberg, John McEnroe (die damalige Nummer 1 der Welt) und Vorjahres-Finalist Jimmy Connors ausgeschaltet. „Ich war zu nervös“, bekannte der gebürtige Südafrikaner hinterher, „Boris kann bald die Nr. 1 in der Welt werden.“ Noch heute sagt Kevin Curren über die Wimbledon-Niederlage: „Es war die größte Enttäuschung meiner Karriere.“
5. Der jüngste Spieler, der jemals Wimbledon gewann
Am Tag seines ersten Wimbledon-Triumphes war Boris Becker 17 Jahre und 227 Tage alt. Er löste Wilfred Baddeley als jüngsten Sieger ab, der Brite hatte 1891 als 19-Jähriger beim berühmtesten Tennis-Turnier der Welt gesiegt.
6. Siegprämie überraschte Becker
Den jungen Boris Becker trieb damals nur der sportliche Ehrgeiz an. Nach dem Triumph lachte er: „Ich bin der glücklichste Mann der Welt. Wie viel habe ich eigentlich heute gewonnen?“ Als er erfuhr, dass er einen Scheck über 530.000 D-Mark bekommt, meinte er nur: „Das ist eine ganze Menge.“
7. Mehr als 1 Milliarde TV-Zuschauer
Weltweit schauten 1 Milliarde Menschen vor den Fernsehgeräten zu. Im ZDF, das live übertrug, sahen mehr als 11 Millionen Menschen zu, die Sehbeteiligung von 31% war ähnlich „wie bei einem Europacup-Finale im Fußball“, ließ das ZDF ausrichten. Schon die Fortsetzung des Halbfinales am Samstag gegen Anders Jarryd hatten in der ARD mehr als 10 Millionen Menschen verfolgt.
8. Mama Becker und die Sorge um den Siegerball

Mutter Elvira Becker dachte direkt nach dem Finale schon an den Ehrentanz mit Damen-Siegerin Martina Navratilova. „Hoffentlich kann er noch den Walzer, das habe ich vor fünf Jahren mit ihm geübt.“ Becker hatte Glück, der Tanz war abgeschafft worden – er musste nur eine Rede halten. Musikalisch bevorzugte der junge Boris damals übrigens Songs von Eric Clapton („Behind the sun“).
9. Keine Frau an Boris' Seite im Finale
Eine Frau an Boris’ Seite gab es bei seinem Wimbledon-Sieg noch nicht. Der junge Tennisspieler interessierte sich natürlich schon für die Damenwelt. Sein Onkel Hans Becker verriet: „Hier in Leimen gibt es ein Mädchen, mit dem er ab und zu nach Heidelberg ins Kino fuhr. Doch wie weit die Freundschaft ging – wer weiß das außer den beiden schon?“ In Wimbledon riskierte Boris auch schon mal einen Blick bei der attraktiven Argentinierin Gabriela Sabatini (damals 15) – Tennis-Ass wie er. Und sagte: „Um an die ranzukommen, habe ich keine Chance. Da musst du schon McEnroe heißen.“
10. Boris erfuhr es erst nach dem Finale: Sein Opa ist tot
In der Woche vor dem bahnbrechenden Turniersieg war Boris Beckers Großvater verstorben. Familie, Manager und Trainer beschlossen, Boris den Tod zu verheimlichen. Eine Tante: „Wir haben Boris ganz bewusst nicht informiert. Er hing sehr an seinem Großvater.“ Boris selbst dazu Jahre später: „Ich hatte ein sehr enges Verhältnis zu meinen Großeltern und habe bei ihnen viel Zeit verbracht. Es wäre ein Schlag gewesen, wenn ich das während des Turniers erfahren hätte.“ Der Opa, von dem Boris seinen zweiten Vornamen Franz hat, war Pensionist der Heidelberger Straßen- und Bergbahnen, er starb im Alter von 78 Jahren.
11. Teure Interviews nach dem Sieg

Beckers Manager Ion Tiriac bat zur Kasse. Ein Jahr vor dem historischen Sieg kosteten Interviews mit dem aufstrebenden Star gar nichts. In den Monaten vor Wimbledon nahm der geschäftstüchtige Rumäne schon 10.000 Mark. Kurz nach dem Wimbledon-Sieg hob Tiriac die Preise an: Für ein Zwei-Stunden-Interview mit Boris Becker forderte er 150.000 DM.


