Fußball ist (weiß Gott) nicht alles

Gänsehaut pur: EM-Spiel wird zum Christian-Eriksen-Festival

Spiel 1 nach dem Drama um Christen Eriksen. Für viele Spieler, Fans und Medien ein schwerer Gang. Für alle ein emotionaler Ritt. Doch der Fußball spielt beim EM-Vorrundenduell zwischen Dänemark und Belgien (1:2) nicht die entscheidende Rolle. An diesem Tag wird der Sport zum Statisten degradiert. Für ein emotionales Feuerwerk. Ein Statement für Menschlichkeit. Auf dem Platz, auf den Rängen. Dieser Tag gehörte einem, der nicht auf dem Platz stehen kann: Christian Eriksen. Vielleicht ein Beleg dafür, dass der Fußball mehr sein kann als Sport.

In der 10. Minute ruht das Spiel - Applaus der Fans

Transparante, lautstarke Gesänge, ein Meer an Genesungswünschen für den Mittelfeldspieler – schon vor der Partie. In und außerhalb der Kopenhagener Arena. In den Fanblöcken hingen Plakate mit Aufschriften wie „Ganz Dänemark ist mit dir, Christian“. Für Eriksen, der nur 450 Meter entfernt vom Stadion in einer Klinik an seiner Genesung arbeitet. Und dieses emotionale Beben wird ihn live erreicht haben.

Vor dem Anpfiff wurde ein metergroßes Eriksen-Trikot mit seiner Rückennummer 10 im Mittelkreis ausgebreitet – es dröhnte die Fußball-Hymne „You'll never walk alone“ durch die Arena. Dann in der zehnten Minute des Spiels – in Anlehnung an Eriksens Trikotnummer – eine besondere Aktion: Das Spiel wurde zu seinen Ehren für einen Moment unterbrochen. Applaus der Spieler sowie Standing Ovations der 25.000 Zuschauer auf den Rängen brandeten auf. Ein Tribut an den dänischen Starspieler. Ein (langer) Gänsehautmoment.

Eriksen stolz auf seine Teamkollegen

„Unsere Botschaft ist, dass Fußball nicht dasselbe ist, wenn Christian nicht auf dem Feld steht“, sagte Belgiens Coach Roberto Martinez. Dass Dänemark gegen den Favoriten trotz Halbzeitführung mit 1:2 den Kürzeren zog, spielte an diesem Abend kaum eine Rolle. „Ich kann nicht beschreiben, welchen Stolz ich für diese Mannschaft empfinde“, sagte Dänemarks Trainer Kasper Hjulmand. „Nachdem sie fast ihren besten Freund verloren hätten, sind sie heute auf den Platz gegangen und haben ein solches Spiel abgeliefert.“ Auch Eriksen war unfassbar stolz auf seine Teamkollegen. „Christian hat uns eine Nachricht in die WhatsApp-Gruppe geschrieben. Er schrieb uns, dass wir unglaublich waren“, verriet Stürmer Martin Braithwaite.

Eriksen war während des dänischen Auftaktspiels gegen Finnland (0:1) auf dem Spielfeld zusammengebrochen und wiederbelebt worden. Er liegt seit jenem Abend im Krankenhaus. Nach Angaben von Mannschaftsarzt Morten Boesen werde bei Eriksen ein Defibrillator implantiert. Dieser solle dann bei möglichen Rhythmusstörungen den Herzschlag wieder normalisieren. Ob er seinen Karriere fortsetzen kann, steht noch in den Sternen. (tme)