Kommenter einer Mutter

Eltern, legt die Handys aus der Hand!

Aushang an Kita
Dieser Aushang in einer texanischen Kita spaltet die Gemüter. Credit: Facebook/Bobbie Jo Shirk
Facebook/Bobbie Jo Shirk

Für die Eltern vielleicht nur ein Programmpunkt – für die Kinder der Moment des Tages

von Valentina Otte

Eine Kita in Texas fordert die Eltern mit einem Zettel samt eindeutiger Botschaft auf: „Steckt euer Handy beim Abholen weg!“ Und wirft die provokante Frage auf: Freut ihr euch, euer Kind zu sehen? Die betroffenen Eltern reagieren gespalten. Auf dem Zettel wird außerdem von der Situation berichtet, dass Kinder ihre Eltern mehrfach ansprechen, ohne eine Reaktion zu bekommen. Während die einen den Hinweis nachvollziehen können, finden die anderen die Ansage den Eltern gegenüber respektlos. Aber warum fühlt man sich als Eltern von so einer Botschaft getroffen?

Zwischen Job und Kinderbetreuung

Pünktlich um 14 Uhr beginnt an den meisten Tagen unter der Woche mein Wettlauf gegen die Zeit. Denn pünktlich ab 14:30 Uhr wartet meine Tochter in der Kita auf mich. Der Snack ist rum, der erste Schwung Kinder wird abgeholt. Und spätestens wenn ihre Kita-Freundin nach Hause geht, ist auch bei ihr die Sehnsucht plötzlich riesig. Für mich bedeutet das: Um 14 Uhr den Stift fallen lassen, oft noch mit einer Konferenz übers Headset im Ohr den Kinderwagen schnappen und los. Nicht selten stehe ich vor der Kita-Tür, wenn noch die eine E-Mail oder der eine Anruf kommt, den ich eigentlich beantworten möchte, doch für mich ist klar: Das Handy muss jetzt erstmal in der Tasche bleiben.

Das Abholen als Schlüsselmoment für den restlichen Tag

Wegen Corona wurden die Kinder in unserer Kita monatelang bereits umgezogen in Jacken und Schuhen von den Erziehern an die Eltern übergeben. Ein Einblick in das, was das Kind eigentlich gerade gemacht hat und aus welcher Situation man es gerade rausgeholt hat, war für uns als Eltern kaum möglich. Seit Anfang Juni dürfen wir beim Abholen ins Gebäude und es ist jeden Tag aufs Neue schön zu sehen, was die Kleinen gerade machen. Manchmal sind die Kinder im Hof und kümmern sich dort ums Hochbeet. An anderen Tagen sitzen sie gemütlich im Lesekreis oder toben im Bewegungsraum. Und es gibt für mich fast keinen schöneren Moment am Tag, als das „Mama!“ meiner Tochter zu hören, wenn sie mich in der Tür entdeckt. Und ich behaupte, das ist bei ihr ähnlich.

Auch wenn sie einen schönen Tag in der Kita hatte – danach braucht sie ganz viel Mama- oder Papanähe und keine Eltern, die nach 5, 6, 7 oder 8 Stunden Betreuung, nicht mal wenige Sekunden ungeteilte Aufmerksamkeit für ihr Kind haben. Meist lässt sich auch schon während der ersten Augenblicke erkennen, wie der Tag war und wie man den restlichen für alle harmonisch gestalten könnte. Ist sie voller Energie? Prima, dann steht einem Spielplatz-Besuch nichts im Weg. Ist sie müde und besonders anhänglich? Dann gibt’s, wenn möglich, einen ruhigen Nachmittag.

Ein weiteres Argument gegen die Handynutzung bei der Abholung liefert die Wissenschaft: Schon 2017 hat die BLIKK-Medienstudie davor gewarnt, dass es bei Säuglingen zu Fütter- und Einschlafstörungen kommen kann, wenn Eltern digitale Medien während der Versorgung nutzen. Kinder können demnach nicht verstehen, wenn die Eltern physisch anwesend sind, psychisch aber nicht. Und nicht nur im Säuglingsalter, auch für ältere Kinder ist der Blickkontakt eine Rückversicherung und wichtig für die Eltern-Kind-Bindung. Und deshalb habe ich für mich beschlossen: Nicht nur in der Abholsituation, auch den restlichen Nachmittag bleibt das Handy so oft es geht in der Tasche! Auch wenn’s oft schwer fällt.