Polit-Thriller im Check
Dramatischer Weckruf von Ken Follett: „Never – die letzte Entscheidung“ – wenn den Mächtigen die Macht entgleitet

Es herrschen unruhige und unsichere Zeiten, Man möchte eigentlich gar nicht so genau wissen, wohin der Weg der Gesellschaft auf dieser Welt führt. Wer davon etwas Abwechslung haben will, sollte „Never – die letzte Entscheidung“, den neuesten Thriller von Ken Follett, besser nicht lesen. Wer allerdings wissen will, welch´ komplizierte Verflechtungen und Entscheidungen auf einen solchen Weg führen kann, und wer sich nicht mit einfachen, unzureichenden Antworten zufrieden gibt, sollte das Buch unbedingt lesen.
Eine Eskalation, die niemand will
Follett zeichnet den Weg einer tief miteinander verflochtenen, globalisierten Welt in die absolute Eskalation. Eine Eskalation, die keiner der Beteiligten will und der sich manche Beteiligten nicht einmal bewusst sind. Dazu serviert der Autor noch eine Portion menschliches Drama, das den handelnden Personen – egal ob Flüchtling, Geheimagent, Regierungsbeamter oder Staatschef – die Entscheidungen nicht gerade einfacher macht.
Die komplexen Verflechtungen in einer globalisierten Welt
Im Tschad sind die amerikanische Geheimagentin Tamara und ihr französischer Kollege Tab auf der Spur islamischer Terroristen, die ihre Tätigkeiten mit Drogenschmuggel finanzieren. Darüber hinaus verfolgt der Westen auf dem afrikanischen Kontinent auch politische Interessen. Stabile regionale Machtverhältnisse sollen den Terrorismus eindämmen und den politischen Einfluss stärken. So stützen die westlichen Geheimdienste das autoritäre Regime im Tschad. China hingegen versucht, durch massive Wirtschaftshilfen in ganz Afrika ebenfalls möglichst viele seiner Interessen durchzusetzen. Allerdings verfolgt der Tschad auch eigene Interessen. In einer kurzsichtigen Aktion zur Machterhaltung, bombardiert der Präsident des Tschad ein chinesisches Bauprojekt im Sudan mit einer geklauten US-Drohne. Derweil findet die CIA in einem Terrorristen-Camp Waffen und Raketenwerfer von Chinas Verbündetem Nordkorea. Die Gespräche zwischen US-Präsidentin Green und dem chinesischen Staatschef Chen verlaufen nun deutlich kühler.
Einfluss der Weltmächte stößt an seine Grenzen
Die junge Witwe Kiah, die mit ihrem zweijährigen Sohn Naji am Rande des Tschadsees wohnt, bekommt davon nicht viel mit. Sie träumt von einer besseren Zukunft in Europa und gerät bald in die Hände einer brutalen Schleusergruppe. Hier trifft sie auf Abdul, der zu ihrem Schutzengel wird, aber ganz eigene Interessen verfolgt. Die Versprechungen der Schleuser entpuppen sich als Lüge, und die beiden landen als Zwangsarbeiter in einer illegalen Goldmine, die von Terroristen betrieben wird, in der aber offensichtlich nordkoreanische Beamte das Sagen haben.
Diese und andere Machenschaften ihres Verbündeten verwirren und erzürnen die chinesische Regierung, die aber fast machtlos mit ansehen muss, wie sich Nordkorea immer weiter ihrer Kontrolle entzieht und auf einen bewaffneten Konflikt mit Südkorea zusteuert. Ebenso machtlos muss die um Deeskalation bemühte US-Präsidentin zur Kenntnis nehmen, dass die südkoreanische Präsidentin wenig auf ihren Rat und ihre Meinung gibt. Und so eskaliert die Weltlage vor sich hin, und ein Ausweg nach dem anderen wird versperrt.
Aktion, Reaktion und immer weniger Möglichkeiten
Spannend erzählt und wie immer gut recherchiert führt uns Ken Follett in die Abgründe des Konkurrenzkampfes zweier Supermächte um die wirtschaftliche und politische Vormachtstellung in unserer globalisierten Welt. Beide halten ihr jeweiliges Wertesystem für das bessere und das überlegene. Beiden Systemen ist nur eins gemein: Zu viel Kompromissbereitschaft ist ein Zeichen von Schwäche – jede Aktion erfordert eine Gegenreaktion, ein Zeichen – bis hierhin und nicht weiter. Womit beide Seiten ihren Handlungsspielraum Stück für Stück einengen und das Eskalationsrisiko stetig erhöhen.
Follett beschreibt eindringlich und anschaulich, wie durch komplexe Zusammenhänge und Abhängigkeiten ein noch so kleiner und unscheinbarer Zwischenfall eine Kettenreaktion auslösen kann, deren Ende selbst von den vermeintlich Mächtigsten der Welt nicht mehr kontrollierbar ist. Ein Weckruf, gerade im Angesicht der Welt im Herbst des Jahres 2022.
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